"Krude Demonstrationen" auch Thema bei "Anne Will"

11.5.2020, 06:39 Uhr
Viel Übereinstimmung über den Umgang mit der Coronakrise herrschte in der Gesprächsrunde von Anne Will am Sonntagabend.

© Wolfgang Borrs, obs Viel Übereinstimmung über den Umgang mit der Coronakrise herrschte in der Gesprächsrunde von Anne Will am Sonntagabend.

"Diese Woche hat man sich schon verwundert die Augen gerieben", so Anne Will zu Beginn ihrer Talksendung. Tatsächlich kamen die Lockerungen in der Coronakrise - zumal noch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt - nach den Wochen der Warnungen und Restriktionen, durchaus überraschend.

War es richtig, war es falsch? Darauf wollte die Sendung eine Antwort geben, doch wie inzwischen schon fast in jeder Talkrunde üblich, kommt es auf die jeweilige Sichtweise und Ausrichtung der Gesprächspartner an. Für die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer haben die Bundesländer "mit Umsicht" gehandelt, für Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation hätte noch "eine Zeit lang gewartet" werden müssen und der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki glaubt sowieso, man wäre "über den Berg".

Deshalb drehte sich die weitere Diskussion sehr viel um Näheverhältnisse, Testzyklen, Infiziertenzahl und Kontaktnachverfolgung. Unbestritten blieb die Feststellung von Viola Priesemann, dass der Virus so schnell nicht verschwinden werde. "Er bleibt Monate, wahrscheinlich sogar Jahre", so die Wissenschaftlerin. Für Malu Dreyer ist ebenfalls klar, dass die Bevölkerung weiterhin "Vorsicht walten" lassen muss. Gleichzeitig gab sie zu, dass die Politik auf die "wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen schaut". Ihre Einschätzung: "Wir haben eine gute Balance gefunden."

Professor Peter Dabrock war da keineswegs so optimistisch. Der Inhaber des Lehrstuhls für Systematische Theologie (Ethik) an der FAU Erlangen-Nürnberg, empfindet einerseits die steigende Zahl der Reproduktionszahlen als "unangenehm" und andererseits erfüllt es ihn mit Sorge, "was an kruden Demonstrationen in Deutschland stattfinden." Nach seiner Meinung ist hier eine "gebildete Eigenverantwortung" nötig. Für Dabrock geht es dabei weniger darum, "die Attilas, Kens und Xaviers" zu überzeugen. Das werde wohl nicht gelingen. Er denkt vielmehr an jene Menschen, "die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, aber sagen, da spricht mir jemand aus der Seele". Hier gelte es, "offensiv reinzugehen", um jene Menschen wieder zurückzuholen.

Die Wiederaufnahme der Bundesliga-Saison gab bei Anne Will nochmals Anlass zu kontroversen Sichtweisen. Für Wolfgang Kubicki ein wichtiger Schritt, weil Fußball "zur Nervenberuhigung beiträgt". Peter Dabrock nennt diese Entscheidung weiterhin "gesellschaftlich verheerend". Für Dabrock ist es eben nicht nur eine symbolische Frage, ob die Spiele stattfinden oder nicht, sondern für ihn kommt "eine Vorzugsbehandlung zum Tragen, die die Gefahr mit sich bringt, dass die soziale Solidarität wackelt." Er fordert, die Tests doch lieber dort durchzuführen, wo "es schwerste Grundrechtseinschränkungen gibt, wie in Altersheimen."

Die Häufigkeit und die Zahl von Tests sind für Viola Priesemann ein wesentlicher Faktor, damit am Ende eine "langfristig sichere Strategie" gegen die Verbreitung des Virus herauskommt. Damit könnte ein "Waldbrand" schnell erkannt und bekämpft werden. Der zweite wichtige Ansatzpunkt ist für Priesemann die Anzahl der Neuinfektionen so weit nach unten zu bringen, dass eine Kontaktverfolgung sichergestellt werden kann.

Kontaktnachverfolgung via einer App sowie flächendeckende, regelmäßige Tests, die von den Krankenkassen bezahlt werden. So sah am Ende die gemeinsame Linie aus, auf die sich Politik und Wissenschaft einigen konnten. Nur so könnte dauerhaft sichergestellt werden, dass ein erneutes Aufflackern der Zahl der Viruserkrankungen, sehr schnell wieder in den Griff zu bekommen ist.

Verwandte Themen


1 Kommentar