Unvergessliche Titanic: Luxus, Leichtsinn und Legenden

15.4.2012, 09:28 Uhr
Ihr tragischer Untergang ist unvergessen - doch warum ausgerechnet ihrer und nicht etwa der der "Dona Paz"?

© Archiv Ihr tragischer Untergang ist unvergessen - doch warum ausgerechnet ihrer und nicht etwa der der "Dona Paz"?

Erinnern Sie sich noch an den Untergang der „Dona Paz“? Über 4300 Menschen starben, als die philippinische Fähre 1987 mit einem Öltanker kollidierte und im Pazifik versank. Es ist das schwerste Schiffsunglück, das sich in Friedenszeiten je ereignete. Doch bei vielen geriet es in Vergessenheit – ebenso wie die „Wilhelm Gustloff“. Bis zu 10.000 Menschen verloren ihr Leben, als ein sowjetisches U-Boot das unter national-sozialistischer Flagge fahrende Passagierschiff 1945 vor Pommern versenkte.

Im kollektiven Gedächtnis geblieben ist hingegen der Untergang der „RMS Titanic“. Der britische Luxusliner kollidierte vor 100 Jahren in der Nacht zum 15. April vor Neufundland mit einem Eisberg und sank – es war die Jungfernfahrt, auf der 1500 Menschen starben. Das Ende der Titanic gilt als Mahnmal menschlichen Größenwahns oder gar als Sieg der Natur über den technischen Fortschritt. Doch warum eigentlich?

Zunächst einmal ist da der klangvolle Name des Schiffes. Titanen sind ein mächtiges Göttergeschlecht der griechischen Mythologie. Offenbar verspürte die Reederei White Star Line einen Hang zu göttlichen Namen, die die Größe ihrer Königsklasse unterstreichen sollten. Zum anderen war die Titanic nicht irgendein Schiff. Sie war das größte Schiff, mit der die Menschheit den Weltmeeren bis dahin trotzen wollte: fast 270 Meter lang, 28 Meter breit und 53 Meter hoch – mit Platz für 2400 Passagiere und eine 900-köpfige Besatzung.

Genervter Funker schlägt Eisberg-Warnung aus

Vor der tragischen Jungfernfahrt hatte die Fachzeitschrift „The Shipbuilder“ die Titanic für unsinkbar erklärt. Den Autoren zufolge konnte das Schiff wegen der modernen Ausstattung mit vollautomatischen Wasserschutztüren zwischen den abschottbaren Abteilungen gar nicht untergehen. Das scheint bei der Besatzung, so vermitteln die von Historikern rekonstruierten Ereignisse, eine fahrlässige Überheblichkeit ausgelöst zu haben. Denn der erfahrene Kapitän Edward John Smith wusste, dass auf der Fahrt vom britischen Southhampton nach New York Eisberggebiet passiert wurde.

Trotzdem fuhr das Schiff vor Neufundland ungewöhnlich schnell. Das britische Handelsschiff „Californian“ versuchte die Titanic sogar noch kurz vor 23 Uhr per Funk vor vorausliegenden Eisbergen zu warnen. Aber der Funker bekam von seinem Kollegen auf der Titanic nur eine schroffe Antwort: „Verzieh dich! Halt's Maul! Du störst mein Signal!“ Der war nämlich gerade mit dem Übermitteln privater Telegramme der Passagiere beschäftigt. Keine Stunde später rammte sich ein 300.000 Tonnen schwerer Eisberg in den Bug der Titanic, die da immer noch mit voller Reisegeschwindigkeit unterwegs war.

Klassengesellschaft auf dem Schiff

Überheblichkeit verband sich mit Luxus. Von einer Glaskuppel gekrönt und mit Eichenholz getäfelt erhob sich das große Treppenhaus über sechs Decks. Die Kabinen der ersten Klasse übertrafen in der Ausstattung alles bisher Dagewesene. Sogar ein französisches Café war mit dem „Parisien“ an Bord. An der Jungfernfahrt nahmen einige der reichsten Männer der Welt wie die amerikanischen Geschäftsleute John Jacob Astor IV, Isidor Straus oder Benjamin Guggenheim teil. Viele Prominente starben damals in den eisigen Gewässern des Atlantiks, was die Presse in aller Welt in Aufregung versetzte.

Versunkener Luxus und Prominenz lieferten den Stoff für zahlreiche Romane und Filme, die ihren Teil zum Mythos Titanic beitrugen und das Publikum über Generationen faszinierte. James Camerons Verfilmung aus dem Jahr 1997 ist gemessen am Einspielergebnis (1,8 Milliarden Dollar) nach „Avatar“ bisher der erfolgreichste Film überhaupt. Pünktlich zum Jahrestag der Katastrophe gibt es nun eine 3D-Version. Das Drama mit den Hauptdarstellern Kate Winslet und Leonardo DiCaprio mischt Fiktion und historische Details und zeigt das Leben von Unter- und Oberschicht, das sich in den drei Klassen des Schiffs widerspiegelte.

Menschlicher Leichtsinn, Luxus und zahlreiche Legenden: Die Titanic wird uns auch weiterhin faszinieren. Dass es noch heute, nach 100 Jahren technischen Fortschritts, unklug wäre, ein Schiff für unsinkbar zu erklären, zeigt die Havarie der „Costa Concordia“ vor wenigen Monaten. Rund 30 Menschen starben, als das Kreuzfahrtschiff nach einem leichtsinnigen Manöver vor der Küste der Toskana gegen einen Felsen fuhr und seitdem dort im Mittelmeer liegt.

0 Kommentare