Abspaltung Schottlands wäre Offenbarungseid für May

28.3.2017, 12:12 Uhr
London müsste einem Unabhängigkeitsreferendum in Schottland zustimmen. Premierministerin Theresa May ist daher in engem Kontakt mit Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon.

© dpa London müsste einem Unabhängigkeitsreferendum in Schottland zustimmen. Premierministerin Theresa May ist daher in engem Kontakt mit Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon.

Ob England befreit von den europäischen Bindungen tatsächlich stärker wäre, ist noch sehr ungewiss. Sollte die britische Insel aber in Teile zerfallen, wäre dies in jedem Fall eine Schwächung – politisch, wirtschaftlich, aber auch emotional.

Noch freilich ist es nicht so weit. Es ist noch nicht einmal klar, ob das schottische Unabhängigkeitsreferendum überhaupt stattfinden kann. Denn ohne die Zustimmung aus London geht das nicht, und die britische Premierministerin Theresa May könnte sehr wohl versuchen, das zumindest weit nach hinten hinauszuzögern. Allerdings bedeutete auch dies ein hohes politische Risiko. Hauptargument für den Brexit war, dass die Briten endlich wieder selbst über ihre Geschicke würden entscheiden können. Sollte das für die Schotten nicht gelten, die mit klarer Mehrheit für den Verbleib in der EU gestimmt haben? Es wäre ein politischer Offenbarungseid. Bei einem Auseinanderbrechen des "United Kingdom" aber wäre klar, auf wen die Finger zeigen würden: auf Theresa May, die ohne Not auf einen "harten Brexit" drängt.

Mays Dilemma ist: Die Kosten für den Brexit werden vermutlich viel eher fällig als mögliche Vorteile. Der Finanzmarkt London könnte urplötzlich vom Kontinent abgeschnitten sein. Firmen mit Sitz in England müssten ihre Zentrale in europäische Staaten verlegen, wenn sie ihre Märkte nicht verlieren wollen. Investitionen könnten einbrechen. Und die Engländer könnten plötzlich feststellen müssen, dass sie ohne ausländische Fachkräfte viele ihrer Stellen nicht adäquat besetzen können.

Ob May Regierung unter solchen Prämissen die nächste Wahl übersteht, ist zumindest fraglich. Die Premierministerin könnte als diejenige in die Geschichtsbücher eingehen, unter deren Ägide die einstige Weltmacht auf Provinzniveau schrumpfte.

 

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