Grüne Kanzlerkandidatin

Aus für Billigflüge? Baerbock gefährdet ihren eigenen Höhenflug

16.5.2021, 19:10 Uhr
Deutschlands nächste Kanzlerin? Annalena Baerbock trat bislang sehr professionell und pragmatisch auf, doch die ungeschickt terminierte Kritik an Flugreisen erinnert an den Hang der Grünen, sich selbst das Leben schwer zu machen. 

© Patrick Pleul, dpa Deutschlands nächste Kanzlerin? Annalena Baerbock trat bislang sehr professionell und pragmatisch auf, doch die ungeschickt terminierte Kritik an Flugreisen erinnert an den Hang der Grünen, sich selbst das Leben schwer zu machen. 

Deutschland erwacht aus dem pandemischen Winterschlaf und reibt sich erstaunt die Augen: All die anderen Probleme sind nicht über Nacht verschwunden, sie ließen sich nur leichter verdrängen. Die Konfrontation mit der Realität gefährdet auch die Kanzlerinnenträume der Umfragenkönigin Annalena Baerbock. Obwohl es ein grünes Kernthema ist, dessen brennende Aktualität uns gerade wieder bewusst wird: die Klimakrise.

Noch führt der Klimawandel kaum zu Einschränkungen im Alltag, doch er wird uns länger in Atem halten als die gefühlt endlose Coronakrise. Bedroht ist insbesondere die Freiheit der jungen und künftigen Generationen, urteilte das Bundesverfassungsgericht. Mit diesem Weckruf hat es die Groko aufgeschreckt und zu hektischen Nachbesserungen beim Klimaschutzgesetz angespornt: Schnell die offene Flanke schließen, bevor noch mehr Wähler zu den Grünen abwandern. Die hatten das Thema immer auf der Agenda, was ihnen viele danken. Zumindest in Umfragen, bei denen man unverbindlich vom Sofa aus ankreuzen kann, was gut klingt.

Die alte Sucht nach unpopulären Forderungen

Doch jetzt wetteifern alle Parteien darum, wer grüne Ideen nicht nur wirksam, sondern auch wirtschaftspolitisch sinnvoll umsetzen kann. Wenn nun konkrete und somit oft auch unbequeme Maßnahmen in der öffentlichen Debatte auftauchen, könnten die Grünen so manchen Kurzzeitsympathisanten wieder verschrecken. Denn die Partei hat nicht nur Mut zu unpopulären Forderungen, sie ist geradezu süchtig danach. Kaum kommen in der pandemiegeplagten Bevölkerung erste Urlaubsträume auf, da kritisiert Baerbock Mallorca-Flüge. Zwar geht es ihr dabei um Flugreisen zu Dumpingpreisen, doch bleibt der Eindruck hängen: Die Grünen sind eine Verbotspartei, die dem Bürger keine Freude gönnt. Tatsächlich sind sie vor allem eine Partei, die sich bei allem Pazifismus immer wieder selbst ins Knie schießt.

Erstaunlich lange erweckte die neue Grünenspitze den Eindruck, dass die Zeit der Kommunikations-Katastrophen überwunden ist. Doch auch Baerbock beherrscht die Kunst des schlechten Timings. Es gibt wohl keinen unpassenderen Zeitpunkt als das nahende Ende eines Lockdowns für Gedankenspiele zu neuen Einschränkungen der Reisefreiheit. Auch sachlich drängt das Thema Fliegen nicht nach vorne. Weil gerade wenig geflogen wird. Weil Dumpingpreise die Ausnahme sind und auch die meisten Kurzstreckenflüge mehr kosten als ein Bahnticket. Und weil es beim Klimaschutz wichtigere Baustellen gibt. Zum Beispiel den Umbau der Energieversorgung einer ganzen Volkswirtschaft im laufenden Betrieb.

Es sind turbulente Zeiten, bis zum Herbst kann noch viel passieren. Sogar die Wahl einer grünen Kanzlerin. Möglich ist aber auch, dass Baerbocks Höhenflug so jäh endet wie einst der Schulz-Zug.

Verwandte Themen


Keine Kommentare