Berichterstattung über Notre-Dame: Blamage für ARD und ZDF

16.4.2019, 12:54 Uhr
Berichterstattung über Notre-Dame: Blamage für ARD und ZDF

© Christian Böhmer

Nicht nur der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet wird sich am Montagabend die Augen gerieben haben. Als auf allen Smarthphones und allen sozialen Kanälen die Eilmeldungen von dem verheerenden Feuer in der Pariser Kathedrale Notre-Dame aufploppten, werden sicher viele ihre Fernseher angemacht haben, um sich die dramatischen Bilder anzusehen und sich auf den Stand der Dinge zu bringen. Doch bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten war dazu: Fehlanzeige. Kein "ARD-Brennpunkt", kein "ZDF spezial", nichts. Selbst beim Nachrichtensender Tagesschau24 lief das Programm weiter, als wäre nichts gewesen. Das ist dann doch erklärungsbedürftig.

Es ist noch nicht lange her, im Januar, als binnen fünf Tagen nicht weniger als drei ARD-Brennpunkte zum Winterchaos ausgestrahlt wurden. Die Schneekrise war gewiss groß, die Bilder waren eindrucksvoll, aber sie wiederholten sich. Und arg viel Neuigkeiten waren spätestens beim dritten Mal nicht zu erfahren. Und das Feuer von Paris war weniger wichtig als eine Tiersendung über Tiger? Und auf dem anderen Kanal konnte ein Fernsehfilm nicht um eine Viertelstunde verschoben werden?

Gewiss, die regulären Nachrichtensendungen haben die Feuerkatastrophe ordentlich aufgearbeitet. Doch warum CNN, Al Jazeera und RT früh über Paris berichten, im Internet schon über islamistische Brandstifter spekuliert wurde, die öffentlich-rechtlichen deutschen Sender aber stumm blieben, ist schlicht eine Fehlleistung.

Natürlich, auch dort, wo die dramatischen Bilder zu sehen waren, war der Informationsgehalt rasch erschöpft. Allzu viel Details wusste anfangs niemand. Ziemlich rasch wiederholten sich die Aufnahmen des abbrechenden Holzturms und der lodernden Flammen im Mittelschiff. Gleichwohl, die Stille im Äther war eine Blamage – und eine höchst überflüssige Vorlage für alle, die sowieso fordern, dass den Öffentlich-Rechtlichen die Gebühren gestrichen werden sollten. Das wäre eine unsinnige und sogar schädliche Überreaktion.

Denn wie wichtig diese Sender immer noch sind und wie hoch die Qualität an vielen Stellen ist, sieht man am besten dann, wenn man in Länder reist, in denen die Fernsehlandschaft längst völlig oder weitgehend privatisiert ist. Wer sich dann ansieht, wie in diesen Ländern die politische Landschaft aussieht, sollte noch einmal nachdenken, ob die Öffentlich-Rechtlichen verzichtbar sind.

Verwandte Themen


28 Kommentare