Ceta: Die EU-Kommission hat nichts gelernt

21.9.2017, 12:18 Uhr
Die EU-Kommission gibt sich alle Mühe, das Inkrafttreten des Freihandelsabkommen Ceta zwischen der Europäischen Union und Kanada als großen Segen für die Wirtschaft zu preisen.

© Jens Büttner (dpa) Die EU-Kommission gibt sich alle Mühe, das Inkrafttreten des Freihandelsabkommen Ceta zwischen der Europäischen Union und Kanada als großen Segen für die Wirtschaft zu preisen.

Vermutlich soll das Eindruck machen. 590 Millionen Euro sollen europäische Unternehmen allein dadurch sparen, dass künftig die Zölle auf 98 Prozent aller Produktgruppen wegfallen, die zwischen der EU und Kanada gehandelt werden. Und diese Einsparung soll es jedes Jahr geben. Doch die Summe, die auf den ersten Blick zwar nicht riesig wirkt, aber doch beachtlich, ist in Wahrheit geradezu mickrig.

Das Handelsvolumen zwischen der Europäischen Union und Kanada betrug im Jahr 2016 rund 63 Milliarden Euro. Die von der EU-Kommission versprochene Einsparung macht da gerade mal 0,9 Prozent aus. Das ist eine Größenordnung, die nicht mehr ganz so eindrucksvoll ist. Mit einem solchen Argument den europäischen Bürgern das Ceta-Abkommen schmackhaft zu machen, ist hochgradig unseriös.

Alle Kritiker, die von Anfang an gegen dieses und all die anderen Freihandelsabkommen waren, werden in ihrer Ablehnung nur noch bestärkt. Von den Wachstumsversprechen, mit denen die Brüsseler Führung vor allem bei den TTIP-Verhandlungen mit den USA geworben hatte (und die sich alle als unseriös erwiesen), ist nun kaum mehr die Rede.

Genveränderte Lachse im Angebot?

Obwohl Ceta noch gar nicht ratifiziert ist, treten große Teile des Abkommens dennoch schon in Kraft. Die Gegner des Abkommens weisen jetzt erneut darauf hin, dass Kanada nun zum Beispiel genveränderte Lachse ohne spezielle Kennzeichnung auch in Deutschland verkaufen darf. Auch warnen sie, dass der Kostendruck auf europäische Bauern steigen könnte, weil Kanada weniger strenge Vorschriften für den Einsatz von Pestiziden hat.

Gleichwohl, von all den Freihandelsabkommen, die die EU-Kommission verhandelt hat, ist Ceta noch das beste – viel besser jedenfalls als TTIP. Dort sind die Amerikaner bis heute nicht von ihrer Position abgewichen, dass private Schiedsgerichte internationale Streitigkeiten regeln sollen. Bei Ceta haben die Europäer immerhin einen fest installierten Schiedsgerichtshof durchgesetzt. Das ist ein wichtiger Unterschied. Und die Erwartung war, dass die Europäer auch in den übrigen Verhandlungen nicht mehr hinter diesen Standard zurückfallen würden.

Das war, wie sich herausstellt, allerdings wohl eine voreilige Hoffnung. Insgesamt verhandelt die EU-Kommission mit 20 weiteren Staaten über Freihandelsabkommen oder hat sie zum Teil schon abgeschlossen. Mit Japan, Australien, Neuseeland, Vietnam, Singapur, und vielen anderen wird verhandelt. Und siehe da, auch da stehen wieder die privaten Schiedsgerichte in den Papieren. Es sieht ganz so aus, als wollten die Brüsseler Verhandler den Zorn der Kritiker erneut anfachen.

Das könnte sich rächen. Noch ist nicht einmal Ceta ratifiziert. Insgesamt müssen 38 nationale und regionale Parlamente zustimmen. Bisher haben nur fünf Länder zugestimmt. Wenn auch nur einer der (noch) 28 Mitgliedsstaaten aus der Reihe tanzt, ist Ceta gescheitert. Die EU-Kommission spielt ein riskantes Spiel. Sie hat die Botschaft ihrer Bürger offensichtlich noch immer nicht verstanden.

 

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