Corona-Debatte in Politik und Wissenschaft: Die Worte genau wählen

9.10.2020, 14:45 Uhr

Es komme auf die Disziplin eines jeden Einzelnen an, um die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen, hat Kanzlerin Merkel kürzlich in der Generaldebatte im Bundestag an die Bevölkerung appelliert; Bayerns Ministerpräsident Söder sekundiert, die Kanzlerin habe völlig recht mit ihrer Einschätzung; SPD-Gesundheitspolitiker Lauterbach prophezeit, dass ganz Deutschland bald zum Corona-Risikogebiet erklärt werden müsse, weil die Infektionszahlen - siehe Berlin - steigen.

Es fehlt nicht an dramatischen Worten, mit denen die Politik die Menschen aufruft, diszipliniert die Regeln einzuhalten, die sie vorgibt. Politiker und Wissenschaftler, jedenfalls diejenigen, die ihr Metier seriös betreiben, müssen aber genau überlegen, welche Worte sie in der jeweiligen Situation gebrauchen. Denn erwartungsgemäß spricht gerade die AfD schon von Panik- oder Angstmache, die die Regierung betreibe.

Die meisten Menschen haben es kapiert

An Problembeschreibungen fehlt es nicht, seit das Virus pandemische, die ganze Welt betreffende Ausmaße angenommen hat. Es fehlt vielmehr daran, die gesamte Debatte eher perspektiv- denn problembezogen zu führen. Die meisten Menschen in Deutschland haben mittlerweile kapiert, dass es sich bei Corona nicht um eine normale Grippewelle handelt, dass die Tatsache, dass hierzulande relative wenige Menschen an und wegen der Pandemie gestorben sind, gerade mit den Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu tun hat, obwohl viele Regelungen im Detail unlogisch, schwer erklärbar war und nahezu unzumutbar waren – denken wir etwa an die vereinsamten alten Menschen in den Pflegeheimen, die nicht mehr besucht werden durften.

Was Perspektive gibt

Die allermeisten Menschen hängen keinen abstrusen Theorien das Virus betreffend an. Um aber die Disziplinbereitschaft der Vernünftigen nicht zu gefährden, müssen Politik und Wissenschaft klar aufzeigen, dass ihr Fokus darauf liegt, die Wirtschaft wieder ins Laufen zu bringen und das öffentliche Leben nur situationsbedingt und an das örtliche Geschehen angepasst einzuschränken. SPD-Mann Lauterbach belässt es hingegen beim Problematisieren und vergisst zu erwähnen, dass die Corona-Infektionszahlen zwar steigen, dies aber sehr unterschiedlich.

Dort, wo örtliche Infektionsketten auftreten und rasch unterbunden werden, sinken die Inzidenzzahlen auch rasch wieder. Das gibt Perspektive. Diese zu geben, darauf sollten sich die Ministerpräsidenten der Länder konzentrieren.

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