Corona-Demonstrationen: Lasst sie demonstrieren!

3.8.2020, 16:51 Uhr

Wir haben vermutlich alle Fernsehaufnahmen und Fotos von der Corona-Demo am Wochenende in Berlin gesehen. Dabei war zu erkennen, dass sehr oft Abstände nicht eingehalten wurden, ja sogar immer wieder mit sichtlicher Wonne gegen diverse Vorschriften verstoßen wurde. Das geht nicht und muss in Zukunft unterbunden werden.

Man kann Corona für eine Lüge halten, man kann das laut sagen, auf allen Plätzen des Landes. Man kann künftig Parteien nicht mehr wählen, die all die Pandemie-Regeln unterstützt haben (dann bleibt allerdings nicht mehr viel übrig). Aber eines kann man nicht, zumindest nicht ohne Konsequenzen: Gegen geltende Vorschriften verstoßen, selbst wenn man diese für kompletten Blödsinn hält.

Das müssen wir schließlich auch in anderen Lebensbereichen wie dem Straßenverkehr tun, wo wir vielleicht manches anders regeln würden, wenn es nach uns persönlich ginge. Man erinnere sich nur, wie erbittert viele Menschen in Deutschland die Gurtpflicht im Auto und das Rauchverbot in Gaststätten bekämpften. Das war ihr gutes Recht. Eine Gesellschaft lebt aber davon, dass sich Mehrheiten finden – zum Beispiel in Parlamenten –, die Beschlüsse fassen, an die sich dann alle halten müssen.

Politiker und Politikerinnen, die jetzt eine grundsätzliche Einschränkung von Corona-Demonstrationen ins Gespräch bringen, bewegen sich verfassungsrechtlich auf einem sehr, sehr heiklen Terrain. Wie das Grundgesetz in Artikel 8 ausdrücklich sagt, haben alle Deutschen das Recht, sich zu versammeln – wenn das im Freien geschieht, unter gewissen Auflagen.


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Der weitere Weg kann also nur lauten, so unerträglich manche Bilder vom Wochenende auch waren: Demos von Pandemie-Leugnern sind prinzipiell zuzulassen. Im Einzelfall muss dann allerdings die Polizei mit viel Aufwand – die Demokratie hat ihren Preis – über die Einhaltung der Regeln wachen und gegebenenfalls die Veranstaltung sofort abbrechen.

Gerichte schreiten ein

Sorgen über den Verlust des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit muss sich übrigens in Deutschland niemand machen. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und des Bundesverfassungsgerichts aus den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten zeigt ein eindeutiges Bild. Im Zweifel wird zu Gunsten der Demonstranten entschieden. Hochproblematische rechtsextreme Demos werden etwa hier zu Lande immer wieder von den Gerichten zugelassen. Das müssen wir aushalten.


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Ein erlaubtes und höchst wirksames Gegenmittel gibt es übrigens immer: die Gegendemo. In der Vergangenheit war es, zum Beispiel auch in Nürnberg, zu erleben, wo die eigentliche Mehrheit in der Bevölkerung liegt. Nämlich nicht bei Extremisten jeder Couleur, sondern bei den Demokratinnen und Demokraten.

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