Corona-Krise: Nerven bewahren, bitte!

24.10.2020, 09:03 Uhr
Polizeikontrolle in Hamburg: Auch in Bayern waren nun verstärkt Polizisten im Einsatz, um die Einhaltung der Corona-Regeln zu überprüfen.

© imago images/Nikita Polizeikontrolle in Hamburg: Auch in Bayern waren nun verstärkt Polizisten im Einsatz, um die Einhaltung der Corona-Regeln zu überprüfen.

Manche rasten aus. Jene Gruppe von Männern zum Beispiel, die nun abends ohne Mund-Nasen-Schutz durch Nürnbergs Fußgängerzone zog und ihre Wut über die "Maskendiktatur" herausbrüllte.

Nachdenken würde helfen. Diktaturen gehen ganz anders mit Kritikern um als unser Rechtsstaat, der Demonstrationen jeder Art zulässt - wenn dort, wichtiger Zusatz, aktuell geltende Hygiene-Regeln eingehalten werden.

Und wer die Maske, die sicherlich lästig und für manche aus medizinischen Gründen kein geeignetes Mittel ist, allen Ernstes als eine Art Folterinstrument kritisiert, sollte vielleicht mal mit einer Zahnpflegerin oder Ärzten sprechen, für die der Mundschutz schon immer zum Alltag gehört. Die allermeisten sollen das bekanntlich durchaus überlebt haben...

Es geht wieder so richtig los

Corona verunsichert, es nervt gewaltig, weil es - anders als wir hofften - eben noch nicht zu Ende ist, sondern gerade wieder so richtig losgeht. Die Zahlen steigen. Möglich, dass wir nun jenes exponentielle Wachstum erleben, das dann schnell zu jenen 20 000 Neuinfektionen pro Tag führen würde, die Angela Merkel erst für Weihnachten prognostiziert hat.


Corona-Verdacht: Gesundheitsamt meldet sich nicht


20 000: Bei dieser Zahl fürchtet Weltärzte-Präsident Frank Ulrich Montgomery einen "Kontrollverlust", weil es dann schwierig bis unmöglich werde, die Kontaktpersonen zu ermitteln. Die Angst vor diesem Kontrollverlust treibt auch viele Politiker um - allen voran die Kanzlerin, die kürzlich intern davon sprach, es drohe "Unheil".

Unheil: ein banger, ein fast schon apokalyptisch klingender, alter Begriff. Hilft es, derartige Warnungen zu verbreiten? Wäre es nicht klüger, kühlen Kopf und die Nerven zu bewahren - wie Merkel dies in allen anderen Krisen ihrer langen Amtszeit ja auch getan hat?

Immer wieder die Regeln prüfen

Es fehlt bei der Bekämpfung der Pandemie gewiss nicht an starken, drastischen Worten. Sie lässt sich ja auch tatsächlich nicht mehr kleinreden. Was eher fehlt, das sind immer wieder neue Blicke auf die Vielzahl der wechselnden Regeln und Vorschriften: Taugen sie wirklich, das unbestrittene und dringliche Ziel der Infektionsvermeidung zu erreichen?

Abstand, Maske, Hygiene: Das sind die Grundregeln, die nahezu allen einleuchten, aber nicht von allen auch eingehalten werden. Genau das Einhalten dieser Regeln ist aber von ganz zentraler Bedeutung für die Corona-Bekämpfung, und zwar egal, in welchem Umfeld, ob auf der Arbeit, in der Familie oder in der Kneipe.

Ein Hauch von Prohibition

Umstrittener sind andere Vorschriften. Nachvollziehbar sind die Klagen von bayerischen Theaterintendanten, die mit Blick auf ihre streng eingehaltenen Hygiene-Konzepte verlangen, so viele Menschen in ihre Spielstätten lassen zu dürfen wie in anderen Bundesländern. Die Bühnenhäuser zählen zu jenen Orten, wo es strenge Kontrollen gibt. Das gilt in der Regel auch für die Gastronomie. Ob frühere Sperrstunden da wirklich helfen? Manche fühlen sich an die Zeit der Prohibition in den USA erinnert, als Alkohol offiziell verboten war - und illegal umso mehr (und riskanter, weil eben unkontrolliert) konsumiert wurde. Manche der Regeln drängen Menschen, die feiern möchten, eher ins Private - wo die Infektionsrisiken oft höher sind als in der Öffentlichkeit. So etwas hilft eher nicht gegen Corona.

Da hat die Politik die Pflicht, Regeln zu begründen, zu hinterfragen und eventuell zu ändern. Nur so kann sie die Akzeptanz ihrer Vorschriften erhöhen. Wer deren Sinn nicht einsieht, neigt eher zu Regel-Verstößen. Es geht aber gerade jetzt darum, dass möglichst viele auf Disziplin und Vernunft setzen. Die meisten tun es. Die wenigen anderen sind vielleicht durch bessere Begründungen zu überzeugen. Und bei manchen helfen nur jene Kontrollen, die zwangsläufig sind angesichts einer kleinen Gruppe offensichtlich rücksichtsloser Menschen.

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