Kommentar

Corona und die Jahrhundert-Flut lehren uns Bescheidenheit

22.7.2021, 18:38 Uhr
Der Mensch muss lernen, die Natur zu respektieren.

© Thomas Frey, dpa Der Mensch muss lernen, die Natur zu respektieren.

Die Menschen haben in der Vergangenheit trotz aller Naturkatastrophen und anderer Widrigkeiten überlebt, weil sie aus ihren Fehlern gelernt haben. Die wirtschaftlichen und technischen Erfolge haben sie in den letzten Jahrzehnten aber übermütig werden lassen. Die Natur schien beherrschbar zu sein und musste sich dem menschlichen Nützlichkeitsdenken unterordnen, auch wenn es immer wieder zu größeren Überschwemmungen oder Hitzeperioden kam. Der Klimawandel wurde deshalb lange Zeit unterschätzt.

Der Glaube an die technische Machbarkeit

Pandemien oder neue Krankheiten schienen ebenfalls kontrollierbar zu sein. Der Glaube an die technische Machbarkeit, Probleme zu bewältigen, wurde von den meisten Menschen nicht mehr in Frage gestellt. Alles geht, wenn die Menschen nur wollen. Das gilt aber nicht mehr. Die Wucht der Corona-Pandemie und die Jahrhundert-Flut haben die Grenzen unseres Tuns aufgezeigt. Im Fall von Corona werden wir lernen müssen, langfristig mit der Pandemie umzugehen.


Was lief beim Katastrophenschutz schief?


Dass sie komplett wieder verschwindet, ist derzeit eher unwahrscheinlich. In der Rückschau können Besserwisser behaupten, die Gesundheitsämter hätten personell wesentlich besser ausgestattet sein müssen. Angesichts der Sparzwänge von vor zehn Jahren, als der Personalabbau betrieben wurde, wären solche Forderungen damals als Geldverschwendung abgetan worden. Impfen allein wird aber nicht genügen, Corona erfolgreich zu bekämpfen.

Lernen aus Katastrophen

Wir werden akzeptieren müssen, dass wir Regeln im Umgang miteinander einhalten, damit sich das Virus nicht wieder verbreitet. Das hat nichts mit dem Verzicht auf Persönlichkeitsrechte zu tun, sondern mit der Selbstverständlichkeit, die Gesundheit anderer Menschen zu respektieren. Auch aus der Jahrhundertflut werden wir lernen müssen, denn sie wird nicht die letzte sein. Sirenen? Braucht man doch nicht mehr und sie kosten unnütz Geld, hieß es vor einigen Jahren. Künftig müssen wohl die unterschiedlichsten Warnsysteme installiert werden, damit sichergestellt ist, dass zumindest eines funktioniert. Wir müssen offenbar erst wieder lernen, ein Bewusstsein für Naturgewalten und das Chaos, das sie anrichten, zu entwickeln. Für die Risikovorsorge müssen wir deshalb mehr Geld ausgeben.

Ein Ende der Corona-Pandemie ist nicht absehbar.

Ein Ende der Corona-Pandemie ist nicht absehbar. © Gregor Fischer, dpa

Entscheidend ist Solidarität

Das reicht von einer angemessenen Ausstattung für das Technische Hilfswerk bis hin zu intelligentem Bauen. In möglichen Hochwassergebieten macht es wenig Sinn, die ganze Haustechnik in den Keller zu verfrachten, wenn dieser nicht komplett abgedichtet werden kann. Das alles hätte die Katastrophe an der Ahr wohl nicht verhindert: Die zum Teil aus dem Mittelalter stammenden Häuser können nicht hochwassergerecht umgebaut werden und schmale Täler sind nicht erweiterbar. Da hilft dann keine Besserwisserei, sondern das, was wirklich zählt: Solidarität mit den Betroffenen.

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