Kommentar: Bei den Mieten wird zu viel herumgedoktert

5.9.2018, 11:55 Uhr
Kommentar: Bei den Mieten wird zu viel herumgedoktert

© Daniel Reinhardt/dpa

Flucht, Migration, Integration - wichtig sind diese Themen ohne Frage. Doch dass sie alles andere seit Monaten, wenn nicht Jahren, in den Schatten stellen - befeuert vom Aufstieg der AfD und dem darauffolgenden panischen Kurs nach Rechts nicht nur der CSU - zeigt, dass das politische Geschehen in Deutschland überhitzt ist.

Es gibt drängende Zukunftsfragen, zum Beispiel zu Klimaschutz und Digitalisierung. Und es gibt Dinge, die den Alltag sehr vieler Menschen in Deutschland - Einheimischen wie Neuankömmlingen -  wesentlich stärker betreffen. Wer zurzeit eine Wohnung in einer Großstadt wie Berlin, München, aber auch Nürnberg sucht, weiß das nur zu gut.

Mietpreisbremse reicht nicht

"Das Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit", hat SPD-Chefin Andrea Nahles erkannt. Das ist, anders als die hysterischen Warnungen vor einem vermeintlichen Untergang des Abendlandes, keine Übertreibung. Wenn selbst Normalverdiener keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden, wenn Familienzuwachs zu akuter Platznot führt, wenn die Einkommen der Mittelschicht schon längst nicht mehr mit den rasanten Mietsteigerungen (in Nürnberg 36,9 Prozent in zehn Jahren) Schritt halten können, dann geht es nicht um ein Nischenproblem.


Miet-Wucher: Das können Mieter künftig unternehmen


Entschlossenes politisches Handeln ist hier nicht nur richtig, sondern existenziell notwendig. Die neue Mietpreisbremse der GroKo ist ja ganz nett. Aber ein wenig mehr Transparenz bei der Höhe der Vormiete und eine Begrenzung der Modernisierungsumlagen auf acht statt elf Prozent reichen bei Weitem nicht. Und auch ein Mietpreis von zehn Prozent über dem "Ortsüblichen" ist für viele Großstädter unbezahlbar.

Wir brauchen einen "Masterplan Wohnen"

Es braucht schlicht und ergreifend mehr Wohnungen in den Ballungsräumen, denn diese werden - aller Landromantik zum Trotz - weiter wachsen. Die Politik muss den Bau fördern, und dabei bei jedem neuen Projekt und jedem Grundstücksverkauf auf einen nennenswerten Anteil von Sozialwohnungen pochen. Kommunale und staatliche Wohnungsbaugesellschaften oder Bürgergruppen, die in Eigenregie Wohnprojekte hochziehen, sollten den Vorrang vor der privaten Bauwirtschaft haben - auch wenn sie weniger Kapital zur Verfügung haben.

Damit das klappt, müssen Bund, Länder und Städte zusammenarbeiten, eine gemeinsame Strategie entwickeln. Wie wäre es nach dem "Masterplan Migration" mal mit einem vernünftigen Gesamtkonzept zum Wohnen aus Ihrem Bau- und Heimatministerium, Herr Seehofer? Wie wäre es, wenn Bayern wie Hessen einen solchen Masterplan auflegt, Frau Aigner? Denn die "Bayernheim"-Gesellschaft, die gerade erst Fahrt aufnimmt, ist wohl auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

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