Plastiktüten: Warum es ohne Verbote nicht geht

8.11.2019, 10:33 Uhr
Die klassische Einkaufstüte soll verboten werden, doch dünne Obst- und Gemüsebeutel dürfen bleiben. Gut gemeint, aber halbherzig formuliert, findet unser Korrespondent.

© Sebastian Gollnow/dpa Die klassische Einkaufstüte soll verboten werden, doch dünne Obst- und Gemüsebeutel dürfen bleiben. Gut gemeint, aber halbherzig formuliert, findet unser Korrespondent.

Es kommt tatsächlich einer Sensation gleich, dass die CSU im Umweltschutz neuerdings auf Verbote setzt. Die Regierung von Markus Söder schwört sonst in allen Lebenslagen auf das Prinzip der Freiwilligkeit, belässt es bei Appellen und scheut vor der letzten Konsequenz zurück. Bis heute hält sie es etwa beim Flächenfraß für ausreichend, wenn sie um weniger Verbrauch bittet. Das Ergebnis ist bekannt.

Die Erfahrung lehrt, dass der Mensch sich nur so lange freiwillig beschränkt, wie es ihn nicht wirklich einschränkt. Verzicht gehört nicht zur Stärke unserer Spezies. Wir beklagen den Klimawandel, fordern, der CO2-Ausstoß müsse sinken; doch die Autos, die wir kaufen, werden immer größer und schwerer und schmutziger. Wir erwarten, dass die Landwirte auf bio umstellen, damit die Natur sich erholen kann und die Tiere nicht mehr leiden. Doch im Supermarkt greifen wir dann zu den billigen Produkten, egal, woher sie stammen.

Augen zu und durch

Bei den Tüten ist das nicht anders. Zwar ist ihr Verbrauch etwas gesunken, seit sie etwas kosten, weniger aus der Einsicht heraus als aus finanziellen Erwägungen. Doch aus der Welt sind sie deshalb noch lange nicht. Wir lösen das Problem auf unsere Weise, exportieren einen Teil unseres Plastikmülls in andere Länder, verbrennen einen Teil, und nur den geringsten Teil recyceln wir tatsächlich. Es ist die gleiche Augen-zu-und-durch-Mentalität, die sich fast überall im Umweltbereich findet. Der Berliner Gesetzentwurf zu den Tüten ist kaum anders, gut gemeint zwar, aber doch nur halbherzig formuliert.

Dass die Bundesumweltministerin argumentiert, die Gemüsebeutel seien weiter notwendig, damit nicht noch mehr Umverpackungen kommen, folgt dieser inneren Logik. Dabei sind diese Verpackungen ein Ärgernis, weil sinnlos und vielen Verbrauchern längst ein Dorn im Auge. Gut, dass Bayerns Umweltminister Glauber auch hier eingreifen will.

Söder muss handeln

Es wird sich noch zeigen, wie ernst es der bayerischen Regierung mit ihrem Ruf nach einem Verbot für Plastiktüten tatsächlich ist. Dem Bundesrat fehlt die Macht, er kann die Bundesregierung nicht zum Einlenken zwingen. Söder wiederum könnte zwar als CSU-Chef sein Gewicht in Berlin einbringen, das seiner CSU-Landesgruppe und das seiner drei Bundesminister. Doch es deutet sich an, dass ihm das Schicksal der Plastiktüten dafür nicht wichtig genug ist.

Für den Nürnberger ist das nicht ungefährlich. Er hat seit seinem Amtsantritt zwar eine gewaltige Serie von Ideen und Ankündigungen abgefeuert. Doch am Ende wird er an dem gemessen, was er davon tatsächlich umgesetzt hat. Das gilt auch und gerade für den Umweltschutz. Ihm hat er sich mit der Übernahme des Volksbegehrens verpflichtet. Dazu gehören allerdings nicht nur die fotogenen Seiten wie blühende Grünstreifen. Sondern auch die unbequemen wie die Verbote.

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