Proteste in den USA: Ehemalige US-Präsidenten verurteilen Trumps Kurs

4.6.2020, 14:21 Uhr
Dieser Screenshot zeigt den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama in einer Videokonferenz - dabei ging es unter anderem um Polizeigewalt in den USA.

© The Obama Foundation/afp Dieser Screenshot zeigt den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama in einer Videokonferenz - dabei ging es unter anderem um Polizeigewalt in den USA.

Proteste, Ausgangssperren und heftige Kritik am Präsidenten: Jetzt verurteilen alle vier noch lebenden früheren US-Präsidenten den systematischen Rassismus in den USA. Jimmy Carter, Bill Clinton, George W. Bush und Barack Obama kritisierten in Stellungnahmen die anhaltende Ungleichheit und die Benachteiligung Schwarzer in den USA. Bei allen klang auch - mehr oder weniger direkt - Kritik an der Regierung von Präsident Donald Trump mit.

Dieser hat Floyds Tod mehrfach verurteilt. Ihm wird jedoch vorgeworfen, sich nicht klar gegen Rassismus zu positionieren und nicht genug Verständnis zu zeigen für den Zorn über anhaltende Diskriminierung.

"Institutionalisierter Rassismus"

Obama, der bislang einzige schwarze US-Präsident, bezeichnete die friedlichen Proteste als Chance, Fortschritte im Kampf gegen den "institutionalisierten Rassismus" in den USA zu machen. Es sei beeindruckend und ein Zeichen der Hoffnung, dass sich Menschen aller Gesellschaftsschichten und Hautfarben an den Protesten im ganzen Land beteiligten, sagte Obama. Die jüngsten Ereignisse seien eine "unglaubliche Chance", weil vielen Menschen bestehende Benachteiligungen erstmals bewusst würden. Es finde ein Mentalitätswechsel statt, sagte er.

Ferner hat sich der frühere US-Verteidigungsminister James Mattis hinter die Proteste gestellt und Donald Trump als Spalter kritisiert. Dieser sei der erste Präsident, den er erlebe, der sich nicht darum bemühe, das Land zu einen, sondern seit drei Jahren versuche, das Land zu spalten, schrieb Mattis im US-Magazin The Atlantic.

"Wir sind Zeugen der Konsequenzen von drei Jahren ohne reife Führung", schrieb der pensionierte General. Die Ereignisse dieser Woche hätten ihn "wütend und entsetzt" zurückgelassen, erklärte der 69-Jährige.

Gemeinsames Ziel

Mattis bezeichnete die von Trump gewünschte Militarisierung der Einsätze gegen die Proteste als unnötigen Fehler. Ein Einsatz der Streitkräfte gegen zivile Proteste drohe, einen Konflikt zwischen Bevölkerung und Militär zu provozieren, warnte er. "Wir müssen uns hinter einem gemeinsamen Ziel versammeln.


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Und das beginnt mit der Garantie, dass wir alle vor dem Gesetz gleich sind", erklärte Mattis. Er war wegen Meinungsverschiedenheiten mit Trump Anfang 2019 nach zwei Jahren als dessen Verteidigungsminister zurückgetreten, hatte den Präsidenten seither aber bislang nicht öffentlich kritisiert.

Bei Protesten in den US-Städten New York, Los Angeles, Atlanta, Houston, Minneapolis und Washington sowie in vielen weiteren Orten forderten erneut Tausende friedliche Demonstranten Gerechtigkeit für Floyd und ein Ende des Rassismus. In New York, Washington und Los Angeles setzten sich jeweils Hunderte Demonstranten auch über die abendliche Ausgangssperren hinweg und demonstrierten bis in die Nacht. In New York kam es daher Berichten zufolge zu Dutzenden Festnahmen. Die Ausgangssperren waren verhängt worden, um Ausschreitungen zu vermeiden.

Proteste in vielen Städten

In Los Angeles trotzten Demonstranten sogar einem Erdbeben. In Washington hielt ein Demonstrant in der Nähe des Weißen Hauses ein Plakat mit der Aufschrift "Rassismus ist auch eine Pandemie" hoch. Auf vielen anderen stand "Black Lives Matter". Im Zentrum Washingtons waren vielerorts Hunderte Sicherheitskräfte im Einsatz, darunter Soldaten der Nationalgarde und Beamte verschiedener Bundesbehörden.


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Die Staatsanwaltschaft im US-Bundesstaat Minnesota klagte derweil drei an Floyds Festnahme beteiligte, mittlerweile entlassene Polizisten wegen Mittäterschaft an und ließ sie festnehmen. Die Anklage gegen den Polizisten, der für den Tod Floyds verantwortlich gemacht wird, wurde zudem verschärft. Er muss sich jetzt unter anderem wegen Mordes zweiten Grades vor Gericht verantworten, worauf bis zu 40 Jahre Haft stehen.

Alle vier Beamten wurden entlassen

Bei dem Polizeieinsatz in der Stadt Minneapolis hatte der Beamte sein Knie fast neun Minuten lang in Floyds Nacken gedrückt - trotz aller Bitten des 46-Jährigen, ihn atmen zu lassen. Die drei weiteren Polizisten waren an der Festnahme Floyds beteiligt. Alle vier Beamte waren nach Bekanntwerden des Vorfalls durch Videos von Passanten umgehend entlassen worden. Der 46-jährige Floyd war festgenommen worden, weil er verdächtigt worden war, mit einem gefälschten 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben.

Der Anwalt von Floyds Familie, Benjamin Crump, begrüßte die Ankündigung der Justiz zu den Anklagen. Die Familie sei dankbar, dass nun alle vier Ex-Polizisten angeklagt und festgenommen seien, erklärte er auf Twitter. Die Angehörigen hatten dies seit Tagen gefordert. Crump erklärte, Floyd sei von den Polizisten "zu Tode gefoltert" worden. Heute soll es in Minneapolis eine Gedenkveranstaltung geben. Anfang kommender Woche soll Floyd im texanischen Houston beigesetzt werden.

Strafverfolgung ungenügend?

Der Justizminister des Bundesstaats Minnesota, Keith Ellison, sagte, die Strafverfolgung in Fällen von Polizeigewalt gegen schwarze Amerikaner sei zu lange ungenügend gewesen. Die Vergangenheit könne nicht geändert werden, aber er verspreche, die Justiz werde ihr "Bestes tun, um in dieser Lage Gerechtigkeit zu bringen".

Dies sei das Land Floyd und seiner Familie schuldig. Gouverneur Tim Walz erklärte, der Bundesstaat und das ganze Land müssten Floyd zu Ehren nun hart daran arbeiten, "systematischen Rassismus" zu bekämpfen. Die Wut hinter den Protesten zeige, dass es um mehr gehe. "George Floyds Tod ist das Symptom einer Krankheit."

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