Rechtsanspruch auf Hortplatz kommt – aber erst 2025

20.2.2018, 08:00 Uhr
Rechtsanspruch auf Hortplatz kommt – aber erst 2025

© Uwe Anspach/dpa

Das wurde vereinbart:

Wie in jedem Koalitionsvertrag der letzten Jahrzehnte setzt auch dieser das Ziel, Familien zu stärken. "Wir werden alle Familien finanziell entlasten, die Kinderbetreuung verbessern und mehr Zeit für Familie ermöglichen", heißt es darin. Aktuell gibt es in Deutschland ein wahres Dickicht an familienpolitischen Leistungen, das kaum jemand noch durchblickt. Das führt auch dazu, dass viele Eltern die Leistungen, die ihnen zustehen, gar nicht abrufen — weil sie entweder nichts davon wissen oder die Anträge zu kompliziert sind. Das formuliert der Koalitionsvertrag natürlich nicht so. Aber darin steht, die Leistungen sollten transparenter werden, die Antragstellung leichter (und zunehmend online möglich) und die Bearbeitung schneller.

Viele Aussagen auf den drei Seiten, die Familien gewidmet sind, lesen sich eher wie wolkige Versprechen. Zum Beispiel, dass die Digitalisierung dabei helfe, Familie und Beruf in Einklang zu bringen und man "diese Chance für mobiles Arbeiten" nutzen wolle. Aber einiges ist doch erstaunlich konkret.

Das Kindergeld wird pro Kind um 25 Euro monatlich erhöht. Allerdings in zwei Teilschritten: zum Juli 2019 um zehn Euro und zum Januar 2021 um weitere 15 Euro. Der steuerliche Freibetrag soll entsprechend steigen. Auch der Kinderzuschlag für einkommensschwache Familien wird erhöht. Er soll, gemeinsam mit dem Kindergeld, den Mindestbedarf decken. Der liegt offiziell derzeit bei 399 Euro. Anders als bisher soll die Leistung künftig bei steigendem Einkommen langsam auslaufen — was in erster Linie dazu dient, die Erwerbsarbeit der Eltern attraktiver zu machen.

Damit auch arme Kinder am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, sollen Schulen unter anderem die Anträge für Leistungen gesammelt stellen können. Zumindest "dort, wo es möglich ist". Das würde betroffenen Eltern viel Mühe (und teils auch Scham) ersparen. Zudem sollen bedürftige Kinder auch dann Nachhilfe bezahlt bekommen, wenn ihre Versetzung nicht unmittelbar gefährdet ist. Bisher wurde Hilfe erst bewilligt, wenn es oft schon zu spät war.

Der Bund wird eine halbe Milliarde Euro 2019, eine Milliarde 2020 und zwei Milliarden im Jahr 2021 bereitstellen, damit Länder und Kommunen die Kinderbetreuung weiter ausbauen und deren Qualität steigern können. Ein entscheidender Punkt für alle Eltern: Es wird bis 2025 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter geben. Zunächst gab es diesen Anspruch für Kindergarten-, später auch für Krippenkinder. Sobald ihre Kleinen in die Schule kamen, standen viele Eltern aber wieder vor einem Betreuungsproblem — denn Hortplätze sind vielerorts knapp. Inwiefern das Angebot den (steigenden) Bedarf bis 2025 tatsächlich deckt und bei welcher Qualität, wird sich noch zeigen.

>>>Hier geht's zum Offenen Brief an Reiner Prölß zur Hortplatzsituation<<<

In einem kleinen Absatz formulieren die potenziellen Koalitionspartner eine Neuerung, für die Kinderrechts-Aktivisten seit Jahrzehnten kämpfen: Die Kinderrechte werden im Grundgesetz verankert. "Kinder sind Grundrechtsträger, ihre Rechte haben für uns Verfassungsrang", heißt es. Über die Details soll eine neue Bund-Länder-Arbeitsgruppe beraten und bis Ende 2019 einen Vorschlag vorlegen.

Was die Gleichstellung angeht, bleiben Union und SPD im Vergleich eher vage. Es soll eine ressortübergreifende Strategie dafür geben, die mit einem Aktionsplan umgesetzt wird — wie und wann bleibt offen. Im öffentlichen Dienst sollen bis 2025 genauso viele Frauen wie Männer in Leitungsfunktionen sein. Außerdem soll es öfter als bisher möglich sein, auch in einer Führungsposition in Teilzeit zu arbeiten. Und bei dienstlichen Beurteilungen sollen "Erfahrungen und Fähigkeiten aus Erziehung und Pflege" berücksichtigt werden. Das wird wohl viele Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst freuen — inzwischen auch viele Väter.

Um mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen, sollen sich die meisten Unternehmen weiterhin freiwillige Zielvorgaben setzen. Dabei setzen die Parteien offenbar weiter auf die Pranger-Funktion: Wer sich eine Zielgröße "Null" setzt (und das sind gar nicht so wenige), soll im Bericht der Regierung besondere Erwähnung finden. Zusätzlich soll es sanktioniert werden, wenn ein Unternehmen sich gar keine Zielgröße setzt und wenn es eine Zielvorgabe "Null" nicht begründet. Vor klaren gesetzlichen Vorgaben scheuen sich Union und SPD dagegen.

Fazit:

Durchgesetzt hat sich: hauptsächlich die SPD, aber auch die Union in einigen Punkten wie dem höheren Kindergeld.

Das fehlt: Nicht durchgesetzt hat die SPD etwa ihre Forderungen nach kostenlosen Kita-Plätzen und einer Familienarbeitszeit, die es Eltern und Pflegenden ermöglichen sollte, zeitweise weniger zu arbeiten.

Das meint die Politik-Redaktion: Für Familien, gerade für bedürftige, würden die Pläne vieles verbessern. Ein großer Wurf – etwa eine Kindergrundsicherung – bleibt aber aus.

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