Reformer und Radikale: Diese 40 Parteien wollen Ihre Stimme

19.5.2019, 06:00 Uhr
Ordentlich lang ist der Wahlzettel zur Europawahl wieder, schließlich müssen 40 Parteien darauf Platz haben. Unser Foto zeigt das Exemplar für Hamburg.

© Markus Scholz, dpa Ordentlich lang ist der Wahlzettel zur Europawahl wieder, schließlich müssen 40 Parteien darauf Platz haben. Unser Foto zeigt das Exemplar für Hamburg.

Hans-Günter Brünker klingt empört, oder vielleicht spielt er das auch nur - seinen Lebensunterhalt verdient sich der 52-Jährige zurzeit ja als Schauspieler. Wenn es nach ihm geht, allerdings nicht mehr lange. Brünker kandidiert für die Volt-Partei bei der Europawahl. Seit Wochen läuft er im Kampfmodus.

Gerade hat der gebürtige Franke im Interview erklärt, Volt wolle eine sachorientierte Politik für Europa machen. Die vorsichtige Rückfrage, ob das nicht eigentlich alle Parteien wollten, löst dann den kleinen Emotionsausbruch aus. "Ja, das sagen alle", erklärt Brünker. Er klingt jetzt fast ein wenig wütend. "Aber in der Realität schlägt dann doch das nationale Lagerdenken oft das bessere Argument."

40 Parteien stellen sich zur Europawahl

40 Parteien stellen sich in Bayern am 26. Mai den Wählern zur Europawahl. Darunter CSU, SPD, Grüne, Die Linke, Freie Wähler, FDP und AfD - aber auch viele Exoten. Alte Bekannte wie die ÖDP sind dabei, die im Februar im Freistaat mit dem Bienen-Volksbegehren reüssierte, oder auch die nach ihrem Spendenbetrug vor gut zehn Jahren neu gegründeten Grauen Panther.

Manche Parteien treten mit Wahlprogrammen voller Hass gegen jeden Andersdenkenden an. Mit NPD, Der Dritte Weg oder Die Rechte sind gleich mehrere eindeutig rechtsradikale Gruppierungen gelistet. Am linken Rand des politischen Lagers wiederum buhlen beispielsweise die marxistische MLPD ebenso wie die kommunistische DKP um Stimmen.

So leicht wird es für Splitterparteien nie wieder

Was gerade diese Europawahlen für die Kleinparteien so brisant macht: Sie sind voraussichtlich die letzten, in denen in Deutschland keine Sperrklausel für den Einzug ins Parlament gilt; anders als etwa die Fünf-Prozent-Hürde bei den Bundestagswahlen. Womöglich reicht schon ein Stimmenanteil von knapp ein Prozent, um einen Abgeordneten nach Straßburg schicken zu dürfen.


Kandidaten und Stimmabgabe: Alle Informationen zur Europawahl 2019


Auch finanziell wäre das für die meist notorisch klammen Kleinparteien ein wichtiger Schub. Jeder Parlamentarier erhält derzeit Bezüge von 8757,70 Euro pro Monat, dazu kommen unter anderem eine steuerfreie Kostenpauschale von monatlich 4513 Euro sowie 320 Euro Sitzungsgeld pro Tag. Kosten für Mitarbeiter in Höhe von bis zu 24.943 Euro im Monat trägt ebenfalls die EU.

So leicht wird es für die Exoten also vermutlich nie wieder, sich Aufmerksamkeit und Ressourcen zu sichern. Nicht für das christlich-evangelikale Bündnis C, nicht für die betont atheistische Partei der Humanisten, nicht für die vom Yoga-Lehrer Dada Madhuvidyananda - der eigentlich Michael Moritz heißt - gegründete "Menschliche Welt".

Und auch nicht für die Volt-Partei und ihren fränkischen Kandidaten Brünker. Die sei die einzige Partei, die in allen Ländern mit dem gleichen Wahlprogramm antrete, ergo die einzige echte europäische Partei, wirbt der 52-Jährige. Derzeit behindere das nationale Lagerdenken die Arbeit des Europaparlaments.

Volt wolle das überwinden. Selbst, wenn das im Ernstfall heißen könnte, dass deutsche Abgeordnete einmal gegen deutsche Interessen stimmen müssten, Italiener gegen italienische - wenn es denn dem gesamteuropäischen Interesse diene? "Auch dann", sagt Brünker. In Bereichen wie der Industrie-, Energie- oder Sozialpolitik etwa.

Der Franke ist optimistisch, dass der pro-europäische Ansatz genügend Wähler begeistert. Und einen Trumpf gegenüber den anderen Splitterparteien hat Volt: Auf dem Wahlzettel steht sie an letzter Stelle. "Das ist ja auch irgendwie exponiert", freut sich der Schauspieler. Und exponiert ist gut.

Diese 40 Parteien treten in Bayern am 26. Mai zur Europawahl an: CSU, SPD, Grüne, AfD, Freie Wähler, FDP, Die Linke, ÖDP, Bayernpartei, Piraten, Tierschutzpartei, NPD, Die PARTEI, Familie, Volksabstimmung, DKP, MLPD, SGP, Tierschutz hier!, Tierschutzallianz, Bündnis C, BIG, BGE, Die Direkte!, DieEM25, Der Dritte Weg, Die Grauen, Die Rechte, Die Violetten, Liebe, Die Frauen, Graue Panther, LKR, Menschliche Welt, NL, ÖkoLinx, Die Humanisten, Partei für die Tiere, Gesundheitsforschung und Volt.

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