Der Ministerpräsident im ZDF-Sommerinterview

Söder kündigt "über 1000 neue Windräder" an - und vergleicht Freistaat mit FC Bayern

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent der NN

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28.8.2022, 19:14 Uhr
Söder vor seinem Interview im Kreuzgang.

© Daniel Karmann, dpa Söder vor seinem Interview im Kreuzgang.

Zum Glück bietet Nürnberg reichlich Lokalkolorit. So muss es dem ZDF nicht bange werden, dass ihm die Drehorte für die Sommerinterviews mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder in dessen Heimatstadt ausgehen. Vergangenes Jahr durfte das Max-Morlock-Stadion als Kulisse herhalten, heuer war es der Kreuzgang im Germanischen Nationalmuseum.

Dem Ort angemessen, konfrontierte Moderatorin Shakuntala Banerjee den Ministerpräsidenten auch gleich religiösen Inhalten - nämlich mit der Bergpredigt. Bei ihm habe man manchmal den Eindruck, er sehe zwar "den Splitter" in den Augen der politischen Konkurrenz, aber "den Balken im eigenen Auge" nehme er nicht wahr.

Den Vorwurf solch eines Verhaltens wollte der bekennende Protestant Söder nicht auf sich sitzen lassen. Dass er ständig die Fehler der Ampel in Berlin kritisiere, aber die hausgemachten bayerischen Fehler einfach unter den Tisch kehre, stimme nicht. Um dann gleich den Satz anzuschließen: "Wir sollten über diejenigen reden, die jetzt die Hauptverantwortung haben." Die säßen aber nun mal in Berlin.

Stromtrassen und Erneuerbare

Im Grunde lief das ganze Sommerinterview so ab. Shakuntala Banerjee fragte nach Bayern und erhielt postwendend die Antwort, der Freistaat sei sowieso auf den meisten Feldern führend. Hinweise darauf, dass die von Söder stets propagierte Spitzenstellung bei den erneuerbaren Energien gar nicht zutreffe, wenn man es auf Bevölkerungszahl und Fläche umrechne, wies er zurück.

"Wir geben pro Jahr eine Milliarde Euro für die erneuerbaren Energien aus", betonte der Ministerpräsident. Bei dem Thema sei der Freistaat "wie Bayern München beim Fußball - wir wollen natürlich immer noch besser werden, aber die anderen sehen wir da nicht einmal." Auch bei der E-Mobilität sei Bayern führend.

Bayern sei beim Zubau von erneuerbaren Energien führend unter den Bundesländern. Bei der Windenergie sei der Zubau von 1000 Anlagen im Freistaat wahrscheinlich. Darüber hinaus gebe es Pläne für natürliche CO2-Speicher in Mooren, Agrarphotovoltaik sowie den Ausbau von Bioenergie und Wasserkraft. Und auch bei der E-Mobilität sei Bayern führend.

Oder auch das Beispiel Stromtrassen von Nord nach Süd, die bei einer Energiekrise dringend nötig wären für Bayern, aber noch längst nicht fertig sind. Das manage doch die Bundesnetzagentur, merkte der CSU-Chef an. Auch das Bestehen auf den komplizierter zu errichtenden unterirdischen Trassen sei nicht seine Schuld oder die seine Vorgängers Horst Seehofer. Das sei ein deutschlandweiter Wunsch der Bürgerinnen und Bürger gewesen.

Die rund 20 Minuten Interview mit Söder ließen erahnen, wie der Landtagswahlkampf im kommenden Jahr aussehen könnte: mit einem Bundesland Bayern als Opfer. Es sei ja nun bekannt, dass das Bild des Freistaats, das man in Berlin zeichne, "maximal negativ" ausfalle. Dem Land gehe es in Sachen erneuerbare Energien nicht anders als den Fußballern des FC Bayern, über die trotz ihrer Erfolge stets schlecht geredet werde.

Kritik aus den eigenen Reihen

Den Hinweis auf Kritik aus den eigenen Reihen an den Zuständen in Bayern und der CSU will der Ministerpräsident nicht gelten lassen. Wenn zum Beispiel Ex-Parteivorsitzender Erwin Huber von einer dramatischen Situation der Christsozialen spreche, dann sei das eben jemand, der "in anderen Zeiten" die Verantwortung getragen habe. Ohne Corona, ohne Krieg, ohne Energiekrise.

Und dass Landtagspräsidentin Ilse Aigner die Zielmarke für die CSU bei der absoluten Mehrheit setzte? Das habe "die hochgeschätzte Kollegin" schon im vergangenen Herbst getan und würde sie heute bestimmt nicht mehr so sagen.

Weit lieber spricht Markus Söder von den 130.000 Menschenleben, die im Freistaat durch die verantwortungsvolle Coronapolitik gerettet worden seien. Oder - in die andere Richtung gewendet - von den "Millionen von Menschen", die unter der Energiepolitik der Ampel-Regierung leiden müssen. Er hat dann auch gleich eine sehr persönliche Erfahrung parat: Sein Bäcker, der sonst eine Stromrechnung von rund 20.000 Euro im Jahr habe, habe ihm erzählt, dass es nun wohl 200.000 Euro würden.

"Grüne blockieren das Thema"

Insbesondere bei der Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke will Söder die Bundesregierung zum Schwur zwingen. "Kein Mensch versteht", so der CSU-Vorsitzende, warum die Grünen seit Monaten das Thema blockieren."

Als ihm Shkuntala Bannerjee eine von der Augsburger Allgemeinen in Auftrag gegebene Umfrage vorhält, wonach vor einigen Monaten nur noch ein Drittel der Bayern mit ihm als Ministerpräsident zufrieden gewesen seien, will er das nicht akzeptieren. Da habe man offensichtlich von vier vorhandenen Umfragen diejenige hervorgezogen, die am schlechtesten sei. Er selber sagt zu seinem zweiten Wahlkampf als Regierungschef nur "Das werden wir im nächsten Jahr dann sehen." Zumindest in dem Punkt dürfte ihm niemand widersprechen.

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