Trump trifft Kim: Wenn Politik zur Reality-Show wird

27.2.2019, 16:59 Uhr
Donald Trump (li.) und Kim Jong-Un in Hanoi.

© Saul Loeb/afp Donald Trump (li.) und Kim Jong-Un in Hanoi.

John McCain, der vergangenes Jahr verstorbene US-Senator und Vietnamkriegsveteran, hat es am treffendsten formuliert: "Zur Schau gestellte Härte oder ein Reality-Show-Faksimile von Härte scheinen ihm wichtiger zu sein als unsere Werte", sagte der Republikaner über Donald Trump. "Mit Schmeicheleien sichert man sich seine Freundschaft, mit Kritik seine Feindschaft.“

Wem dieses Urteil über den amtierenden US-Präsidenten zu simpel daherkommt, der sieht sich Tag für Tag eines Besseren belehrt - auch in der Außenpolitik. Drohte Donald Trump Nordkorea zu Beginn seiner Amtszeit noch mit "Feuer und Zorn", nennt er Kim Jong-Un inzwischen einen "Freund". Jeder, der sich vor diesem Hintergrund McCains Satz noch einmal durchliest, wird ihm zustimmen müssen.

Die Leitschnur heißt: Trump first

Nach zwei Jahren im Amt lässt sich ziemlich sicher sagen, wonach der Narzisst Donald Trump seine Politik ausrichtet: Er tut schlicht, was ihm am meisten Aufmerksamkeit sichert. Trump first.

Trump, einst Star der Reality-Show "The Apprentice", in der sich Kandidaten um einen Job in seiner Firma bewarben, hat auch den Regierungsbetrieb zu einer einzigen Reality-Show verwandelt. Entließ er in "The Apprentice" für schlecht befundene Bewerber vor laufenden Kameras, verkündet er in Ungnade gefallenen Ministern nun per Twitter: "You’re fired!"

Kaum ein Tag vergeht, an dem sich nicht neue Belege sammeln ließen für die Trivialisierung von Politik, für ihr Zurechtstutzen auf ein fernsehtaugliches Format. Ob Trump öffentlich Joe Kaeser verlacht, weil sich der bei ihm mit dem bescheidenen Satz "Ich arbeite für Siemens" statt mit "Ich bin Chef von Siemens" vorstellt, ob er den nüchternen Akt der Unterzeichnung eines Dekrets dazu nutzt, wie ein kleines Kind stolz in die Kameras zu grinsen: Hauptsache, es ist immer was los. Mehr braucht es nicht für eine erfolgreiche Reality-Show.

Bush und Obama wussten es besser

Ein Garant für Aufmerksamkeit sind - auch in der Außenpolitik - echte oder vermeintliche Tabubrüche: der Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen zum Beispiel oder die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem. Und natürlich der Gipfel mit Nordkoreas Machthaber, der auch beim Remake - um im TV-Jargon zu bleiben - wieder nur große Gesten, aber dürre Ergebnisse zu bringen scheint.

Natürlich gibt es Gründe, auch mit Diktatoren zu reden. Im Fall Kim Jong-Uns haben Trumps Vorgänger George W. Bush und Barack Obama aber gut daran getan, ein Treffen an Bedingungen zu knüpfen: Kim sollte nicht die Aufwertung eines Gipfels mit dem mächtigsten Mann der Welt und die damit verbundene weltweite Aufmerksamkeit zuteil werden, solange er dafür nicht etwas getan hat.

Bush und Obama wussten, dass Kim Jong-Un nach dieser Aufmerksamkeit giert. Trump, selbst süchtig nach Aufmerksamkeit, hat sie Kim einfach so gegeben. Ohne Vorbedingungen, und ganz nach dem Reality-Motto: Hauptsache, es ist was los.

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