Was tun gegen Armut?

Umverteilung mit Risiken: Reiche schröpfen, Armen helfen?

8.9.2021, 08:27 Uhr
Monopoly - ein Spiel für kleine und große Hobby-Kapitalisten. Das Ziel: immer reicher zu werden.

© imago/Steinach, NNZ Monopoly - ein Spiel für kleine und große Hobby-Kapitalisten. Das Ziel: immer reicher zu werden.

Unbestritten ist Deutschland im weltweiten Vergleich an reiches Land - und doch gibt es auch in diesem reichen Deutschland Armut. Armut, die für jeden offensichtlich ist, ist selten -und fällt gerade deshalb ins Auge. Weniger selten und deshalb weniger sichtbar sind die Folgen problematischer Lebensumstände, die Menschen in den Bereich der Armutsgefährdung bringen - mein Kollege Hans Böller beschreibt sie in seiner Reportage auf der Seite 3. Was aber ist gegen Armut und Armutsgefährdung in einem reichen Land zu tun?

Ganz einfach, sagen Linke, Sozialdemokraten und Grüne: Nehmt das Geld von "den Reichen", zapft ihr Vermögen an und verteilt es unter "den Armen". Unterstützt wird dies von wissenschaftlich ähnlich gewirkter Seite, etwa vom Armutsforscher Christoph Butterwegge, aber auch von Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Politischer Widerspruch kommt von liberaler und konservativer Seite, sekundiert etwa von Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Forschungsinstituts in München. Im Grunde läuft die die Debatte seit vielen Jahren gleich, der Erkenntnisfortschritt ist marginal.

Was auch immer die Politik beschließt, um Armut zu bekämpfen - beachtet werden muss dabei einerseits, was den Betroffenen hilft, aus ihrer prekären Lage herauszukommen und nicht darin zu verharren; andererseits, dass diejenigen, von denen die Mittel dafür zu aquirieren sind, nicht so belastet werden, dass sie Wege suchen, diese Belastung zu vermeiden.

Die starken Schultern, heißt es von linker Seite gerne, müssen mehr tragen als die schwachen. Tun sie allerdings schon. 55 Prozent des gesamten Einkommensteueraufkommens zahlen die oberen zehn Prozent der Einkommenbezieher. Sollen aber wenigstens die absoluten Spitzenverdiener noch mehr zahlen? Kann man machen. Sich aber dann nicht wundern, wenn Spitzenkräfte Deutschland als Arbeitsort immer weniger attraktiv finden.

Wie wäre es mit der Wiedereinführung einer Extra-Steuer auf das Vermögen? Wäre sicher Balsam auf das Gerechtigkeitsempfinden relativ großer Teile der Bevölkerung, die finden, dass "die da oben" viel zu viel haben und ruhig etwas davon abgeben könnten. Was aber würde ein Familienunternehmer dazu sagen, dessen Vermögen zu großen Teilen in der Firma steckt, dort investiert wird - in Zukunft aber stärker besteuert werden soll? Oder der Immobilienbesitzer, der etwa in München ein Haus in guter Lage hat, es aber womöglich verkaufen muss, um Jahr für Jahr die Vermögensteuer zu bezahlen.

Gerade jetzt, da die deutsche Wirtschaft drauf und dran ist, sich von den Folgen der pandemie-bedingten Einschränkungen zu erholen, wäre es ein problematisches Signal, wenn eine neue Bundesregierung höhere Steuern vor allem auf die Substanz von Firmen beschließen würde. Wenn deshalb Investitionen ausblieben, Arbeitsplätze nicht geschaffen würden, dann wäre der Schaden größer als der Nutzen. Das kann niemand wollen.

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