Virtueller CSU-Parteitag: Söder bekräftigt Absage an Kanzlerkandidatur

26.9.2020, 17:15 Uhr
Markus Söder, CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, hat beim zweiten rein digitalen Parteitag unter anderem eine Grundsatzrede gehalten.

© Lino Mirgeler/dpa Markus Söder, CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, hat beim zweiten rein digitalen Parteitag unter anderem eine Grundsatzrede gehalten.

Es hätte ein total vorhersehbarer Parteitag sein können, wenn nicht der Münchener CSU-Stadtrat Reinhold Babor und der Passauer Strafrechtsprofessor Holm Putzke Aufreger-Anträge gegen die Genderisierung gestellt hätten. In Gesetzen und anderen offiziellen Texten solle weiterhin das "generische Maskulinum" verwendet werden, hieß es in einem Antrag, "die krampfhafte Wortwahl der Gender-Sprache hat in Behörden und Bildungseinrichtungen zu unterbleiben", hieß es in der anderen Vorlage. Vergebens betonte Antragsteller Putzke an die Delegierten, die "Gelegenheit, einmal Haltung zu zeigen", nicht zu verpassen. Mehrheitlich wurden beide Anträge, wie von der Antragskommission vorgeschlagen, an die CSU-Abgeordneten in Bundes- und Landtag überwiesen - eine Beerdigung zweiter Klasse.


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Keinen Ärger wollte sich der CSU-Parteitag auch nicht mit den jüdischen und islamischen Religionsgemeinschaften einhandeln und die Ausnahmen vom Betäubungsgebot bei rituellen Schächtungen streichen. "Das", warnte der Antisemitismusbeauftragte der Staatsregierung und frühere bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle, "wäre das völlig falsche Signal". Ein entsprechender Antrag wurde abgelehnt. Dieses Schicksal ereilte auch - wenn auch knapp - einen Antrag der Wirtschaftsunion, die Ladenschlusszeiten im Freistaat zu liberalisieren.

Extreme Hassmails gegen Söder

Die Rede von Parteichef Söder glich über weite Teile hinweg eher der Ansprache eines Ministerpräsidenten an die Corona geplagten Bürger mit der Grundbotschaft: "Vorsicht ist besser als Risiko". Es sei "ethisch nicht verantwortbar, für das Freizeitverhalten einiger das Leben weniger zu opfern", sagte Söder. Wenn die Krankenhäuser erst einmal wieder voll belegt mit Covid-19-Kranken seien, sei es "schon zu spät". Bayern wolle auf jeden Fall einen zweiten Lockdown verhindern, bekräftigte der CSU-Chef. Neben den Arbeitsplätzen habe für ihn der Betrieb von Schulen und Kindertagesstätten Priorität. Dabei gestand Söder auch Nachholbedarf ein: Die Digitalisierung der Schulen sei "noch kein Ruhmesblatt". In dieser Hinsicht müsse man "den Turbo einlegen".

Besorgt zeigte sich Söder über Entwicklungen in der Protestszene gegen Corona-Maßnahmen und zitierte aus anonymen Zuschriften an ihn. "Du wirst den morgigen Tag nicht erleben", heißt es darin und "Der Teufel hat von dir Besitz ergriffen". "Merkels Stiefellecker", der "Volksmörder und Kinderschänder" sollte "am nächsten Baum aufgeknüpft werden". "Krass", kommentierte Söder: "Das ist kein Spaß". Offensichtlich radikalisiere sich die Szene der Verschwörungstheoretiker immer mehr. Zudem versuchten Rechtsextremisten, die Sorgen um Corona zu kapern. In diesem Zusammenhang kündigte Söder an, das öffentliche Zurschaustellen der Reichskriegsflagge zu verbieten. Wer sie schwenke, zeige seine klare Ablehnung der Demokratie.

Söder prognostiziert "Wimpernschlag-Finale"

Einen neuen Akzent setzte Söder in der Debatte um staatliche Förderungen beim Kauf von Autos mit Diesel- und Benzinmotoren. Für diese Überbrückungshilfe sei er nach wie vor übereinstimmend mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne), bekräftigte Söder. Andererseits zeigte sich der CSU-Chef offen, nach dem Vorbild des US-Bundesstaats Kalifornien einen Schlusstermin für die Zulassung von Pkw mit fossil befeuerten Verbrennungsmotoren zu setzen.

Erst zum Ende seiner Ansprache mutierte Söder vom Ministerpräsidenten und Corona-Berater zum Parteichef und warnte pflichtgemäß vor der Regierungsübernahme im Bund durch ein "linkes Bündnis". Die Bundestagswahl, sagte er voraus, "wird spannend wie nie" und am Ende werde es ein "Wimpernschlag-Finale" geben. Die drei Bewerber um das Amt des CDU-Vorsitzes bezeichnete Söder ausnahmslos als "großartig". Mit jedem von ihnen werde er gut zusammenarbeiten und dass er demnächst ein Buch des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet vorstelle, bedeute keine Präferenz: "Wenn die anderen ein Buch machen, wäre ich auch dabei". Allerdings legte Söder Wert auf die Feststellung, dass mit der Wahl des CDU-Vorsitzenden noch keine Entscheidung über den Unions-Kanzlerkandidaten getroffen sei: "Es ist nicht so, dass die CSU nur abnicken muss".


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Die dabei unweigerlich aufkommende Frage beantwortete Söder auch gleich, diesmal etwas variiert: "Mein Platz, ganz klar, der ist immer bei euch, also in Bayern natürlich". Fortan wurde über das Thema nicht mehr gesprochen.

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