Vor dem Corona-Gipfel: Söder bremst, mahnt und warnt

1.3.2021, 12:18 Uhr

Es hängt alles am Impfstoff. Und an den Schnelltestes. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) tun sich zusammen im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Was die Länder eint, ist ihre lange Grenze zu Tschechien. Dort, im Nachbarstaat steigen die Infektionszahlen dramatisch an. Vor allem die britische Mutante verbreitet sich rasend schnell. Und weil viele Menschen zwischen den Ländern pendeln, springt das Virus auch über die Grenze. In Sachsen etwa erwischt es gerade den Kreis Vogtland besonders hart; in Bayern sind es vor allem die Landkreise Wunsiedel und Tirschenreuth.

Die Antwort, die Bayern und Sachsen geben, ist klar. Beide Länder haben die Grenzen weitgehend dicht gemacht, ohne negativen Test kommt niemand mehr rein. Zudem stellen sie den Tschechen 15.000 Impfdosen zur Verfügung. Und sie nehmen tschechische Covid-19-Patienten in hiesigen Kliniken auf, weil "die bei uns gerade entlastet sind", sagt Söder.

Der Effekt ist laut Söder ein doppelter. Denn Tschechien soll neben Hochrisikopatienten vor allem Pendler impfen. Die könnten das Virus dann nicht mehr bei uns verbreiten, während gleichzeitig die Inzidenzzahlen im eigenen Land sinken dürften. "Wir können Impfstoff nicht im Überfluss abgeben", schränkt Kretschmer ein. Mehr als die angekündigten 15.000 Dosen werde es für die Nachbarn nicht geben. "Aber auch das ist wichtig und zeigt eine besondere Haltung."

Bayern und Sachsen drängen jetzt darauf, dass der Bund zusätzliche Impfdosen an die beiden Freistaaten abgibt, damit sie die Menschen in den Grenzregionen besser schützen können. Mehr Schnelltests, dazu eine umfangreiche so genannte Sequenzierung der positiv getesteten Proben auf Virus-Mutationen, das sei die richtige Antwort, sagt Söder. "Wenn wir schneller immunisieren", sagt er, "dann ist später auch ein Öffnen gut vertretbar."

Ausblick auf Corona-Gipfel am Mittwoch

Tatsächlich ist die Gesprächsrunde mit Sachsen Ministerpräsident Kretschmer für Söder an diesem Tag mehr als nur ein Austausch über Probleme im Grenzgebiet. Söder setzt wieder einmal den Ton für eine Woche, in der die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin über einen Weg zurück zur Normalität diskutieren sollen. Den sieht der Bayern offenkundig so schnell nicht. Im Gegenteil. Der CSU-Politiker warnt und mahnt. Und bremst.

Niemand dürfe "in einen Öffnungsrausch" verfallen, sagt er. "Wir müssen natürlich die Stimmung aufnehmen, aber dann die richtige Balance aus Vorsicht und Öffnen finden." Andernfalls drohe in "zwei, drei Wochen eine unkontrollierte dritte Welle". Söder will zwar "für Handel und Gastronomie auch Zeitachsen bestimmen". Doch anders als etwa sein Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern nennt er kein fixes Datum "Nicht das Datum" bestimme den Weg, sagt er, "sondern die Daten tun es." Die zeigen im Moment wieder nach oben; der Inzidenzwert steigt an.

Überarbeitetes Impfkonzept

Dass die Runde am Mittwoch zu einem schnellen Ergebnis kommt, erwartet Söder nicht. Er rechnet mit zähen Verhandlungen bis in die Nacht. Er sei für "regional differenzierte Konzepte", sagt er, "aber wir brauchen eine einheitliche Philosophie und keinen reinen Wildwuchs". Die Runde müsse einen Rahmen schaffen, "der trägt". "Wenn wir am Mittwoch einen Fehler machen, verspielen wir das Vertrauen." Dazu zählt für ihn beispielsweise auch, dass der Impfstoff von Astrazeneca früher als geplant für alle freigegeben werden müsse.

"Mit einem überbürokratisierten System kommen wir nicht weiter", glaubt der CSU-Politiker und meint damit das hierarchische Verfahren, wer sich wann impfen lassen darf. "Wir müssen die Überpriorisierung in eine Empfehlung abwandeln. Nur so können wir den dramatischen Rückstand aufholen."


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Kritik übt er auch an den langen Genehmigungsverfahren für neue Impfstoffe in der EU. "Ich bin für Sicherheit", sagt er. "Aber wenn das Ergebnis immer das gleiche ist wie in allen anderen Staaten. und wir in Europa nur deutlich später den Impfstoff freigeben", stimme etwas nicht mehr. "So verlieren wir"; warnt der CSU-Politiker. "Das verzögert die Rückkehr in die Freiheit und verringert unseren wirtschaftlichen Erfolg. Das wird uns noch einholen."

Vor dem Corona-Gipfel: Söder bremst, mahnt und warnt

© Peter Kneffel, dpa

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