In anderen Ländern genutzt

Warum es in Deutschland keine Katastrophen-Warnmeldung per SMS gibt

20.7.2021, 13:14 Uhr
Helfer räumen nach der Überschwemmung in der Innenstadt von Ahrweiler auf.

© Boris Roessler, dpa Helfer räumen nach der Überschwemmung in der Innenstadt von Ahrweiler auf.

"Achtung, es drohen Überschwemmungen!", solche Warn-SMS sind in anderen Ländern wie den USA, den Niederlanden oder in Japan bei sich anbahnenden Katastrophen längst üblich. Möglicherweise hätten solche Nachrichten auch viele Menschen in den hiesigen Überschwemmungsgebieten vor Schlimmerem bewahren können.

Doch derartige flächendeckende Katastrophen-Warnmeldungen per SMS gibt es hierzulande nicht. Und eine schnelle Einführung solcher Massen-Warn-SMS scheint ebenfalls nicht möglich: Die dafür nötige Technik, genannt Cell-Broadcasting, wird derzeit von keinem deutschen Mobilfunkanbieter angeboten.

Scheuer fordert schnelle Einführung

Für Extremwetterlagen setzt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Deutschland dafür auf die App Nina und schickt zudem Mitteilungen an Rundfunk und Fernsehen. Doch die darüber ausgesprochenen Warnungen erreichen längst nicht alle Menschen. Im vergangenen Jahr erklärte der damalige BBK-Präsident Christoph Unger in einem Interview mit dem Spiegel zum bundesweiten Warntag deswegen, dass das SMS-Warnsystem nun erneut im Gespräch sei: "Die zuständigen Stellen prüfen, ob und unter welchen Umständen es möglich und sinnvoll ist, Cell-Broadcast als zusätzlichen Warnkanal einzuführen."

Umgesetzt wurde aber noch nichts, offenbar auch aus Kostengründen: BBK-Chef Armin Schuster erklärte in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, dass die Einführung der Technik 30 bis 40 Millionen kosten würde.

Doch angesichts der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen und den Überschwemmungen in Bayern fordern nun auch Politiker die Einführung: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sagte der Bild-Zeitung: "Ich bin dafür, dass wir diese Push-Nachrichten auch über die Mobilfunkanbieter beim Bürger ankommen lassen. Aber das ist immer gescheitert, weil der politische Wille an mancher Stelle gefehlt hat."

"Wir haben die Daten, aber wir müssen jetzt die rechtlichen Möglichkeiten, die Werkzeuge haben, dass unsere Institutionen auch mit diesen Informationen beim Bürger ankommen", so der CSU-Politiker weiter. "Diese Flutkatastrophe muss ja allen ein Weckruf sein, dass wir jetzt nicht nur die Datenschutz-Diskussion führen, sondern die wirkliche Schutz-Diskussion für die Bürger vor Katastrophen."

"Textnachricht kann präziser warnen"

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, forderte die Bundesregierung auf, ihr Katastrophen-Informationssystem zu reformieren: "Ich habe nichts gegen Sirenen. Aber eine Textnachricht aufs Smartphone kann viel präziser warnen." Die Bundesregierung solle deswegen wie andere Länder auf eine einfache Warntechnologie setzen, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Bei den Unwettern vergangene Woche in Rheinland-Pfalz und NRW sind weit mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen. Immer noch suchen hunderte Helfer nach Vermissten.

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