Zoff in der Koalition? Aiwanger droht mit Blockade

27.4.2021, 16:41 Uhr

Markus Söder lässt die Botschaft nebenbei fallen. Eben hat er verkündet, Bayern werde bei den nächtlichen Ausgangssperren seine harte Linie halten. Nach 22 Uhr darf niemand auf die Straße, es sei denn, er hat triftige Gründe. Anders die Bundesnotbremse: Sie lässt zwischen 22 und 24 Uhr Sport oder Spazierengehen zu, allerdings nur allein.


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Anders sieht es für Gärtnereien aus, für Blumen- und Buchläden, Gartencenter und so genannte Ladengeschäfte des Handwerks, etwa Fotografen, Schneider oder Schuster. Sie dürfen ab Mittwoch wieder öffnen, mit den üblichen Auflagen: Abstand, Maskenpflicht, Kundenzahl nach Maßgabe der Verkaufsfläche beschränkt. Baumärkte bleiben geschlossen, zoologische und botanische Gärten können wieder öffnen, sie allerdings bei einer Inzidenz über 100 nur mit Masken- und Testpflicht für Besucher.

Das Verwirrspiel geht also weiter. Und es ist noch lange nicht zu Ende. Denn während Bayern hier den Vorgaben der Bundesnotbremse folgt, tut es das bei den Ausgangssperren nicht und auch nicht bei den Schulen. Die müssen ab einer Inzidenz von 100 ihre Schüler auf Distanz unterrichten. Der Bund sieht dies erst ab 165 vor. Ausgenommen sind die vierten und die Abschlussklassen.

Söder nennt als Grund die hohen Infektionsraten unter den Schülern. Während der Landesschnitt derzeit bei rund 174 liegt, zählen die Fachleute bei den Zehn- bis 14-Jährigen knapp 300 und bei den 15- bis 19-Jährigen 330 Neuinfektionen pro Woche und 100 000 Einwohner. "Die Infektionsgefahr ist hoch bei den Jungen", warnt Söder. Das zeige sich auch in den Kliniken, in denen mehr Jüngere mit schweren Verläufen lägen. Dafür dürfen sich wieder zwei Familien zur Notbetreuung ihrer Kinder unter 14 Jahren zusammentun. Dem bayerischen Ministerpräsidenten ist bei all dem ein Hinweis wichtig: "Das alles haben wir wie immer einstimmig in der Koalition beschlossen.

"Keine große Lust"

Schließlich steht neben ihm Hubert Aiwanger als Wirtschaftsminister und Chef der bayerischen Freien Wähler, der in seiner Rolle als deren Bundesvorsitzenden gerade gegen das Bundesgesetz klagt. Er hoffe, sagt Aiwanger, darauf angesprochen, "dass es in Bayern noch konstruktive Gespräche gibt." Man habe "das Für und Wider von Schulöffnungen diskutiert", sagt der Niederbayer. "Ich glaube, da geht noch was." Und er sehe zwar nicht, dass das Bundesinfektionsschutzgesetz mit seiner Ausgangssperre vor den Verfassungsrichtern bestehen wird. "Aber mir ist die dortige Regelung immer noch lieber als die bayerische." So oder so, er habe "keine große Lust, das über den 9. Mai hinaus zu verlängern."


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Tatsächlich haben die Freien Wähler sich durchaus durchgesetzt. Die Korrekturen bei den Gärtnereien etwa hatte Aiwanger vergangene Woche eingefordert. Jetzt ist die Regierung seinem Weg gefolgt. Bei den Ausgangssperren und beim Schulunterricht aber beißen die Freien Wähler in der Koalition bisher auf Granit.

Aiwanger droht bereits mit einer Blockade, weil die Maßnahmen nur bis zum 9. Mai in Kraft sind und dann wieder neu verlängert werden müssten. Im Beisein Söders wiederholt er das allerdings in der Schärfe nicht mehr. Und Söder wiederum warnt seinen Partner indirekt, "eine Blockade ist für eine Staatsregierung undenkbar." Dann wendet er sich direkt an Aiwanger. "Unser oberster Maßstab ist nicht Bequemlichkeit", sagt der CSU-Politiker, "sondern die Bekämpfung der Pandemie." Das habe sich das ganze Jahr über gezeigt: "Immer wenn es gerade etwas besser geworden ist, haben wir die Geduld verloren. Und das Ergebnis war immer gleich: Rückfall und Rückschlag."

Wie schwer der Zoff in der Koalition wiegt, unklar. Söder sagt, die Medien bauschten das auf. Sein Fraktionschef Thomas Kreuzer betont, die Koalition sei stabil und habe "noch immer einen Kompromiss gefunden. Da braucht sich niemand als Koalitionspartner warm zu laufen", sagt Kreuzer. "Das ist wesentlich verfrüht und in dieser Legislatur nicht zu erwarten." Im Grundsatz allerdings bleibt der Konflikt zwischen CSU und Freien Wähler vorerst ungelöst.

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