Koalitionskrach

Zoff in der Koalition: Füracker watscht Glauber als "unseriös" und "ohne Maß" ab

28.5.2021, 18:31 Uhr
Zoff in der Koalition: Füracker watscht Glauber als

© Daniel Karmann, dpa

"Jedes Maß" habe der Mann verloren, sagt Albert Füracker, seines Zeichens Finanzminister und lässt seinem Zorn freien Lauf. "Ein sehr unseriöser Alleingang" sei das. "So kann man nicht Politik machen, so funktioniert Politik nicht."


Umweltminister Glauber will Abstandsregel für Windräder kippen


In der Opposition werden sie das begeistert vernommen haben. Denn der CSU-Politiker kanzelt nicht irgendeinen politischen Gegner ab. Sondern seinen Kabinettskollegen Thorsten Glauber von den Freien Wählern. Der wäscht seine Hände in Unschuld. Er habe doch nur seinen Job gemacht, sagt Glauber. "Ich glaube schon, dass ich als Minister für Klima- und Umweltschutz einen ganz seriösen Plan vorgelegt habe. Das ist schließlich meine Aufgabe."

Zwei Milliarden Euro will Glauber in einen Klima-Fonds stecken, jährlich. Wer Klimaschutz ernst nehme, sagt er, "muss dazu einen substanziellen Beitrag leisten". Der Fond sei einer. "Im Haushalt haben wir 230 Millionen für den Klimaschutz eingestellt. "Da muss natürlich mehr ran."

Geht es nach Glauber, fußt der Fonds auf drei Säulen. 750 Millionen Euro soll der Bund beisteuern, Geld, das Glauber erwartet, wenn der CO2-Preis wie angedacht steigen sollte. 250 Millionen will er sich von den Bürgern holen, die in einen Investfonds bei der bayerischen Förderbank einzahlen können. Eine Milliarde soll nach seinen Vorstellungen der Freistaat aufbringen.


Kommentar: Warum gibt es nicht mehr Windräder?


"Der Koalitionspartner will engagierten Klimaschutz betreiben", sagt Thorsten Glauber. "Das kostet nunmal." Wo der Freistaat die Milliarde hernehmen soll, der Politiker der Freien Wähler legt sich nicht fest. "Ob das über Umschichtungen erfolgt, aus Mitteln des Finanzministeriums oder über zentrale Minderausgaben, das gebe ich nicht vor", sagt der Umweltminister.

Der Finanzminister traut seinen Ohren nicht. "Und das ist dann seriös durchgerechnet?", fragt er. "So kann man nicht Politik machen." Seine Ansage an Glauber ist mehr als deutlich. Niemand könne "einfach Milliarden versprechen ohne zu sagen, wo das Geld herkommen soll". Er warne "vor Luftbuchungen" und frage bei jedem Minister nach der Gegenfinanzierung. "Ich bin für Einsparvorschläge, für kluge Vorschläge immer dankbar", sagt der CSU-Politiker und betont "kluge" überdeutlich.

Natürlich hält Glauber seine Ideen für klug, er hätte sie sonst nicht öffentlich gemacht. Dass er dafür den Weg über eine Zeitung gewählt hat, ist allerdings ein weiterer Tropfen in Fürackers übervolles Fass. Mit ihm habe der Umweltminister noch kein Wort geredet, empört sich der Finanzminister. Und er ahnt, weshalb nicht. Das Verfahren sei klar abgesprochen, sagt Füracker. "Wir definieren gemeinsam, was ist notwendig, was ist wünschenswert, was können wir noch tun. Und das diskutieren wir dann ressortübergreifend." Und zwar intern und nicht öffentlich. Glauber ignoriere das, sein Vorstoß sei "vereinbarungswidrig".

Tatsächlich ringen Freie Wähler und CSU seit Wochen in kleineren Gesprächsrunden auch an den Wochenenden um ein neues Klimaschutzgesetz. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist klar, dass die eben erst beschlossenen bayerischen Vorgaben nicht ausreichen. Inzwischen überbieten sich die Politiker in der Koalition mit Ankündigungen. Ministerpräsident Markus Söder etwa will das Land noch schneller klimaneutral aufstellen. Er zieht alle Zeitmarken vor. Wie er die Ziele erreichen will, sagt er bislang nicht.

Thorsten Glauber kann da kaum zurückstehen, will er sein Themenfeld nicht an die CSU verlieren. Also legt er vor. "Den Klimawandel meistern wir nur mit konkreten Maßnahmen", sagt er. "Der Topf dafür muss gut gefüllt sein." Ohne die zwei Milliarden im Jahr gehe es nicht, sagt der Oberfranke. Und er wundere sich schon über die heftige Reaktion des Finanzministers. Er habe, sagt Glauber, "nicht ein einziges Mal mit irgendeinem Wort von fresh money" gesprochen, von Krediten also, die der Freistaat aufnehmen sollte.

Da wäre er bei Füracker allerdings auch an der falschen Adresse. Seit Corona sei die Haushaltslage schwierig, weil der Freistaat sich milliardenschwer neu verschuldet hat. "Es wundert mich, dass es Fachminister gibt, die das völlig ausblenden", sagt er. Glauber wiederum weist das zurück. "Ich verstehe ihn da nicht", sagt er. "Ich habe ihm eine Vorlage geben, wie er mit drei Bausteinen den Klimaschutz optimal finanzieren kann." Er werde seine Ideen jetzt im Kabinett vorstellen. "Wir werden darüber noch reden." Das zumindest ist sicher.

Verwandte Themen


Keine Kommentare