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Psychische Erschöpfung im Job: Ist eine Krankschreibung bei Depressionen möglich?

Alexandra Amanatidou

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20.2.2024, 11:22 Uhr
Psychische Erkrankungen sollten ernstgenommen und behandelt werden.

© imago images/Panthermedia, Psychische Erkrankungen sollten ernstgenommen und behandelt werden.

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Sobald sich eine Erkältung, Übelkeit oder Kopfschmerzen anbahnen, lässt man sich krankschreiben. Fühlt man sich allerdings psychisch schlecht, denken viele nicht einmal darüber nach, von der Arbeit zu Hause zu bleiben. Doch manchmal führt gerade die psychische Belastung und der Stress am Arbeitsplatz zu ernsthaften Problemen. Laut einer Befragung des Statistischen Bundesamtes fühlt sich jeder vierte Berufstätige in der Arbeit psychischen Belastungen ausgesetzt.

Anzeichen einer Depression oder eines Boreout sollten jedoch nicht unterschätzt werden und genauso ernsthaft behandelt werden wie rein körperliche Symptome.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet Depressionen als eine "verbreitete psychische Störung", die den Alltag der betroffenen Person beeinträchtigen können. Der WHO zufolge sind etwa 5 Prozent der Erwachsenen weltweit von Depression betroffen. Entwickelt sich eine psychische Erschöpfung zu einer anhaltenden Depression oder einem Burnout, ist es kaum noch möglich, die alltäglichen Aufgaben zu bewältigen.

Wie genau eine Depression aussieht, ist aber von Betroffenem zu Betroffenem unterschiedlich. Die Diagnose "Depression" wird laut der Stiftung "Deutsche Depressionshilfe" dann gestellt, wenn mehrere Symptome über zwei Wochen lang anhalten. Als Hauptsymptome gelten eine gedrückte, depressive Stimmung - man fühlt sich leer oder wie versteinert - und eine Interessen- oder Freudlosigkeit. Weitere mögliche Symptome sind:

  • ein Antriebsmangel oder eine erhöhte Ermüdbarkeit
  • eine verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
  • Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit und vermindertes Selbstwertgefühl
  • Hoffnungslosigkeit in Bezug auf die Zukunft
  • Suizidgedanken/-handlungen
  • Schlafstörungen
  • veränderter Appetit
  • psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung

Es gibt aber auch andere Krankheiten, deren Symptome mit denen einer Depression verwechselt werden können. Für eine Diagnose sollte man einen Hausarzt, einen Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie oder Nervenheilkunde oder einen Psychotherapeuten aufsuchen.

Depressionen sind laut deutscher Depressionshilfe eine ernste Erkrankung, die das Denken, Fühlen und Handeln des Erkrankten tiefgehend beeinflusst und zu erheblichem Leiden führt.

Eine Krankmeldung wegen einer diagnostizierten Depression ist also in jedem Fall möglich. Es kann allerdings auch eine Krankmeldung ausgestellt werden, wenn man ganz am Anfang einer depressiven Episode steht und erste Symptome zeigt.

Laut deutscher Depressionshilfe können bei Verdacht einer Depression die ersten Ansprechpartner der Hausarzt oder ein Facharzt für Psychiatrie sein. Der Stiftung zufolge können bei einem diagnostischen Gespräch körperliche Untersuchungen, wie etwa eine Blutuntersuchung, durchgeführt werden. Denn auch andere Erkrankungen sowie ein Mangel an Vitaminen, wie zum Beispiel Vitamin D und Vitamin B12, können zu einer depressiven Stimmung führen.

Der Hausarzt kann eine Krankmeldung für den Arbeitgeber ausstellen und eine Überweisung zu einem Facharzt veranlassen denn eine Depression sollte neben Medikamenten auch mit einer Therapie behandelt werden.

Wie lange man krankgeschrieben wird, hängt von der Schwere der Depression und dem Krankheitsverlauf ab und variiert von Fall zu Fall. Manche Menschen leiden ihr ganzes Leben an schweren Depressionen und sind auch nach mehrfacher Behandlung nicht arbeitsfähig. Andere hingegen erleben leichte depressive Episoden und sind nach einer Therapie wieder fit für den Job. Die Dauer einer Krankschreibung wegen Depression hängt also vom Fall ab.


Häufig gestellte Fragen zu Krankschreibung bei Depressionen:

Ja, eine Krankschreibung bei Depression ist möglich, sowohl vom Hausarzt als auch von einem Facharzt. Dabei variiert die Dauer der Krankschreibung von Fall zu Fall.

Die Dauer der Krankschreibung kann sich je nach Fall unterscheiden. Während manche Patienten und Patientinnen nach einer Therapie wieder fit für die Arbeit sind, brauchen andere mehrere Monate oder sogar Jahre. Krank geschrieben wird man pro Attest für maximal einen Monat, dann braucht man eine Folgebescheinigung.

Das deutsche Arbeitsrecht ist bei krankheitsbedingten Kündigungen streng. Damit ist eine Kündigung wegen der Diagnose Depression für den Arbeitgeber in der Regel schwer umsetzbar und kann vor einem Arbeitsgericht angefochten werden.

Das gilt vor allem dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz greift, das für Betriebe ab zehn Arbeitnehmern und einer Betriebszugehörigkeit von mindestens sechs Monaten gilt. Dann müssten folgende Kriterien erfüllt sein: Die ärztliche Prognose für den weiteren Verlauf ist negativ, der Arbeitgeber ist durch den Ausfall wirtschaftlich erheblich belastet und eine Interessenabwägung spricht für den Arbeitgeber statt den Kranken.

Der Arbeitgeber hat kein Recht auf den Grund der Krankschreibung. Wenn die Bescheinigung von einem Psychiater ausgestellt worden ist, kann sie von einem Hausarzt umgewandelt werden. Wenn man also nichts über seine Depression sagen will, muss man das auch nicht.


Ein schlechtes Gewissen kann bei einer Krankschreibung vorkommen, insbesondere wenn Kollegen, Kolleginnen und Arbeitgebern gegebenenfalls extra Arbeit bewältigen müssen. Dabei haben Gesundheit und Genesung Vorrang. Man sollte nicht aus einem Pflichtgefühl zur Arbeit gehen, da dies die Produktivität beeinträchtigen und Gesundheit weiter belasten kann. Selbstfürsorge ist wichtig und es gibt keinen Grund ein schlechtes Gewissen deswegen zu haben.

Der Arbeitgeber hat kein Recht auf den Grund der Krankschreibung, er muss also nicht erfahren, dass psychische Probleme für die Arbeitsunfähigkeit sorgen. "Auch bei länger andauernden Erkrankungen ist es nicht empfehlenswert, dem Arbeitgeber den Grund der Erkrankung mitzuteilen. Die Art der Erkrankung, insbesondere eine Depression, kann negativ gewertet werden", rät die Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht Ilka Schmalenberg.

Sollte die Bescheinigung von einem Psychiater ausgestellt worden sein, kann sie von einem Hausarzt so umgewandelt werden, dass die Gründe für die Krankmeldung für den Arbeitgeber nicht mehr erkennbar sind.

"Bis heute sind gerade psychische Erkrankungen nicht ausreichend anerkannt und können bei vielen Arbeitgebern dazu führen, dass sie eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen", so Schmalenberg. Arbeitnehmer können etwa eine krankheitsbedingte Kündigung erhalten, wenn sie aufgrund von Krankheit ihre Arbeitspflichten nicht mehr erfüllen können.

Krankheitsbedingte Kündigungen sind die häufigste Form einer personenbezogenen Kündigung und können trotz Kün­di­gungs­schutz­ge­setz ausgesprochen werden. Solche Kündigungen werden oft ausgesprochen, wenn Arbeitnehmer häufig und wiederholt kurzzeitig krankheitsbedingt ausfallen.

Im Gegensatz zu verhaltensbedingten Kündigungen, bei denen eine Abmahnung üblicherweise erforderlich ist, muss der Arbeitgeber bei krankheitsbedingten Kündigungen keine Abmahnung aussprechen. Denn Krankheiten werden nicht als Verletzung des Arbeitsvertrags angesehen, sondern als unvorhersehbare Umstände, für die der Arbeitnehmer keine Verantwortung trägt.

Wenn man gekündigt wird, kann man innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage einreichen. Dann prüft ein Gericht die Wirksamkeit der Kündigung. Denn nicht jede Kündigung ist rechtmäßig.

Kennen sollte man auch den Begriff "betriebliches Eingliederungsmanagement" (BEM). Wenn ein Arbeitnehmer innerhalb von zwölf Monaten länger als sechs Wochen krankheitsbedingt arbeitsunfähig war, muss der Arbeitgeber ein BEM durchführen, um gemeinsam mit dem betroffenen Arbeitnehmer Möglichkeiten zu finden, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden und den Arbeitsplatz zu erhalten.

Schmalenberg erklärt, dass auch im Rahmen des BEM die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer nicht verpflichtet sei, die Art der Erkrankung offenzulegen. "Gibt nun die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer freiwillig, schon vor einem etwaigen BEM, den Grund der Krankheit preis, steigt die Wahrscheinlichkeit des Ausspruchs einer Kündigung", so die Fachanwältin.

Bei einer krankheitsbedingten Kündigung ist es wichtig, dass das BEM vom Arbeitgeber gehalten wurde. Unterlässt der Arbeitgeber das Verfahren oder führt es nicht korrekt durch, kann eine krankheitsbedingte Kündigung vor Gericht als unwirksam angesehen werden.

"Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können die Rechtmäßigkeit der Kündigung überprüfen", erklärt Schmalenberg. Schließlich hält "gerade bei personenbedingten Kündigungen der Arbeitgeber oft nicht die vorgeschriebenen Verfahren ein", so die Rechtsanwältin.

Bei seelischen Belastungen helfen oft Aktivitäten, um sich von negativen Gedanken abzulenken – doch was ist während einer Krankschreibung wegen Depressionen erlaubt? Grundsätzlich gilt, dass alles erlaubt ist, was dazu beiträgt wieder gesund zu werden. Das heißt, dass gerade bei Depressionen auch Unternehmungen wie ein Kinobesuch, Sport oder Einkaufen möglich sind. Lesen Sie mehr dazu in unserem Beitrag "Krankgeschrieben: Sind Kino, Sport - oder sogar Urlaub erlaubt?"

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