Dokumentation

Kofferfabrik: Ein Denkmal in Buchform für den beliebten Fürther Kulturort

31.7.2021, 17:00 Uhr
Ein umfassendes Werk: Karin Jungkunz mit (v. li.) Bernd Jesussek, Karen Köhler und Lothar Berthold im Hof der Kofferfabrik.

© Foto: Hans-Joachim Winckler Ein umfassendes Werk: Karin Jungkunz mit (v. li.) Bernd Jesussek, Karen Köhler und Lothar Berthold im Hof der Kofferfabrik.

Die Schlagzeilen vom März hat Karin Jungkunz noch sehr gut im Ohr: Von einem Kultur-Schock war da die Rede, als dem Betreiber der Kofferfabrik völlig überraschend die Kündigung ins Haus flatterte. Der Aufschrei war riesig und sorgte weit über das treue Stammpublikum hinaus für viel Aufregung und Empörung.

Zwar zog der Eigentümer der Immobilie die Kündigung zurück – er sprach von einem Versehen – und stellte angesichts des öffentlichen Drucks einen neuen Vertrag über vier bis fünf Jahre in Aussicht. Klar war aber spätestens jetzt: Die "Koffer" wird es nicht ewig geben.

Das veranlasste auch die Stadtheimatpflegerin, aktiv zu werden, schließlich sei die Kofferfabrik das letzte große Industrie-Areal in Fürth. "Wenn das auch verschwindet, gibt es keine Zeichen mehr von der Blütezeit der Industrialisierung in Fürth", so Jungkunz. Und gerade diese Zeit habe die Stadt in ihrer Entwicklung maßgeblich geprägt. "Wir müssen das, was noch da ist, festhalten, bevor es ganz verschwunden ist." Zumal der Versuch, das Areal unter Denkmalschutz zu stellen, schon zweimal gescheitert sei.

Üppig illustriert

Damit nun dieses letzte große Zeugnis der Fürther Industriekultur nicht in Vergessenheit gerät, hat sie zusammen mit ihrem Co-Stadtheimatpfleger Lothar Berthold, dem Autor Bernd Jesussek sowie der Grafikerin und Fotografin Karen Köhler eine 60-seitige Dokumentation vorgelegt, die die Entwicklung des Standorts üppig illustriert festhält, an die große Zeit der Industrialisierung erinnert, aber auch aufzeigt, wie wichtig die alternative Kultur für die Stadtgesellschaft ist.


25 Jahre Kofferfabrik: Das Rezept heißt Toleranz


Alte Pläne verdeutlichen, wie sich das 24 000 Quadratmeter große Areal im Laufe der Zeit verändert hat. Um diese Pläne aufzutreiben, hat sich "Koffer"-Betreiber Udo Martin durch die Archive der Stadt gewühlt. Jesussek wiederum beleuchtet in seinem historischen Abriss zunächst die Zeit der Firma Winkler & Kütt, ein Großunternehmen der Fürther Spiegelfabrikation, das das Grundstück an der Langen Straße 79 im Jahr 1839 erwarb, um die florierende Produktion auszubauen. 1931 dann wurde das Betriebsgelände von der Bermas-Kofferfabrik übernommen. Diese schloss den Standort, der nach 1945 nur noch als Verwaltungssitz und Lager diente, 1992.

Erinnerungen bekannter Künstler

Aus dem Jahr 1994 stammt die erste Lizenz zum Ausschank. Seitdem hat sich die Kofferfabrik zu einem Kulturzentrum entwickelt, das aus dem Stadtleben kaum mehr wegzudenken ist und seit 2007 von Udo Martin geführt wird. Aus dieser Zeit sind in dem Buch zahlreiche Bilddokumente versammelt, die die Vielfalt des Angebots widerspiegeln. Auch kommen Künstler zu Wort, die von ihren Auftritten in der "Koffer" erzählen, etwa Matthias Egersdörfer, Rudi Madsius oder Liedermacher Konstantin Wecker; er erinnert sich an die "wunderbar alternative, intime Atmosphäre", in der er sich musikalisch "so richtig austoben" konnte.

Die ,Koffer‘ – Von Spiegeln, Koffern und Kultur" ist im Städtebilder-Verlag erschienen und ab Montag für 20 Euro in der Kofferfabrik zu kaufen. Der Reinerlös kommt dem Erhalt des Kulturzentrums zugute.

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