Treuchtlinger Repair-Café: Reparieren statt wegwerfen

24.10.2018, 12:05 Uhr
Treuchtlinger Repair-Café: Reparieren statt wegwerfen

© Micha Schneider

Konrad Schmidt kann gerade nicht so viel erzählen. Er ist konzentriert. Schließlich will er einen Job erledigen: Die Reparatur eines analogen Weckers. Mit Werkzeug und einem Kaffee ausgestattet, hantiert er im Inneren des Uhrwerks herum, um es wieder zum Laufen zu bringen.

„Ich glaube nicht, dass es klappt. Aber vielleicht“, sagt Schmidt, als er kurz unterbrochen wird. Ein Mann kommt zum Tisch, mit einem Anliegen. „Ich habe einen Videorekorder“, sagt er, „und die Kassette kommt nicht mehr raus“. Ob man da etwas machen könne. „Einfach herbringen. Ich schaue mir das an“, entgegnet Schmidt.

Geselliges Helfen

Der 69-Jährige engagiert sich im Treuchtlinger Repair-Café, das gerade im neuen Kulturladen in der Bahnhofstraße von Margit Kleemann, dem zweitem Bürgermeister Richard Zäh und Dorothee Bucka von der Freiwilligenagentur Altmühlfranken feierlich eröffnet wurde. Ehrenamtliche reparieren dort gemeinsam mit den Besuchern in geselliger Atmosphäre kaputte Gegenstände und setzen damit auch ein Zeichen gegen eine sorglose Wegwerfgesellschaft.

Treuchtlinger Repair-Café: Reparieren statt wegwerfen

© Micha Schneider

Denn oft landen elektrische Geräte einfach im Müll, obwohl sie leicht zu reparieren wären. Und oft mangelt es einfach an Wissen und geeignetem Werkzeug auf Seiten der Besitzer, oder hohe Reparaturkos­ten wirken abschreckend.

Konrad Schmidt gibt jedenfalls alles. Er ist mit seinem Kumpel da. Florian Schmidt hat zwar den selben Nachnamen, verwandt sind die beiden aber nicht. „Konny schleppt mich mal hierher mit und ich schleppe ihn wieder woanders hin mit“, sagt Florian Schmidt und nippt an seinem Kaffee.

Und weil er gerade keinen alten Wecker reparieren muss, hat er auch ein bisschen mehr Zeit zu erzählen – über seine Motivation und darüber, dass es Repair-Cafés eigentlich viel öfter geben müsste. „Der Egoismus in unserer Gesellschaft ist zu groß geworden. Das ist ein Ansporn für mich, hier mitzumachen“, sagt Florian Schmidt. Man laufe heutzutage viel zu oft aneinander vorbei, ohne aufeinander Acht zu geben. „Aber durch so ein Miteinander wie hier, davon lebt eine Gesellschaft, und das trägt sie“, so Schmidt, der beruflich mit der Prototypen-Entwicklung im LED-Bereich zu tun hat und deshalb ein Händchen für Reparaturen jeglicher Art hat.

Deshalb helfe er auch gern. Denn wenn die Hilfe für Mitmenschen einmal ausbleiben würde, „dann würden wir irgendwann nur noch in einer Egoisten-Gesellschaft leben“, meint Schmidt. Ein Bisschen vom eigenen Glück an die Mitmenschen abzugeben und zu helfen, das schade mit Sicherheit nicht, auch wenn man dafür ein paar Stunden seiner eigenen Zeit opfern müsse, so Schmidt.

Doch die Zeit im Repair-Café ist nicht verloren. Vielmehr sollen die Stunden hier ein Mehrwert für jeden Besucher sein. In der Bahnhofstraße gibt es Kaffee, Tee, Kuchen und belegte Baguettes – auf freiwilliger Spendenbasis. Die Besucher sollen hier Gleichgesinnte treffen, sich unterhalten, sich über Reparaturerfahrungen austauschen und einfach eine gute Zeit haben. „Es ist schön zu beobachten, dass es den Leuten riesigen Spaß macht, gemeinsam etwas Kaputtes zu reparieren, zu tüfteln oder durch neue Tipps dazuzulernen“, sagt Freiwilligenkoordinatorin Margit Kleemann.

500 Wecker zu Hause

Im schon etwas länger bestehenden Weißenburger Repair-Café hätten sie schon alles Mögliche repariert, berichtet Florian Schmidt: Radios, Fernseher, Fritz-Boxen, Navigationsgeräte, Toaster. Jetzt also auch einen analogen Wecker. Konrad Schmidt ist aber nach wie vor auf keinen grünen Zweig bei dem Gerät gekommen. „Das Problem ist, dass die Feder vom Uhrwerk abgerissen ist“, erklärt er.

Noch will er die Hoffnung aber nicht aufgeben. „Es gibt auch die Möglichkeit, dass man demjenigen sagt, welche Ersatzteile man zur Reparatur bräuchte, und dass er die dann bis zum nächsten Mal organisieren soll“, so Schmidt. Dies sei von Fall zu Fall unterschiedlich und werde individuell gehandhabt.

Johann Bernhard hofft noch, dass es auch ohne Ersatzteile geht. Der 73-Jährige sitzt neben Konrad und Florian Schmidt und schaut bei der Reparatur zu. Bernhard ist stolzer Besitzer des Weckers. „Das Repair-Café ist für mich natürlich eine gute Sache“, sagt er. Er sei ein leidenschaftlicher Wecker-Sammler, zu Hause habe er insgesamt 500 Stück. Sie stehen im Wohnzimmer, in der Küche oder im Kleiderschrank auf dem Flur.

„Wenn es mit der Reparatur nicht klappt, dann lasse ich ihn aber trotzdem stehen“, sagt Bernhard. Die richtige Uhrzeit wird ihm ja ohnehin noch 499 Mal angezeigt. Doch nervt das ewige Ticken in den eigenen vier Wänden nicht irgendwann? „Wenn ich nachts nicht schlafen kann, stehe ich auf, drehe zehn Wecker ab und lege mich wieder hin“, antwortet Bernhard trocken. Da ist es dann wohl gar nicht so schlimm, wenn der Wecker aus dem Repair-Café irreparabel ist.

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