Werner Baum nimmt Abschied vom Bürgermeisteramt

25.4.2020, 05:53 Uhr
Werner Baum nimmt Abschied vom Bürgermeisteramt

© Foto: Patrick Shaw

Sie war kurz, die Abschiedsrede von Bürgermeister Werner Baum in der letzten Stadtratssitzung vor der Amtsübergabe an Nachfolgerin Kristina Becker – nicht einmal drei Seiten bedrucktes Papier. Enttäuschung schwang da schon mit, aber auch Dankbarkeit gegenüber den vielen Wegbegleitern und kein Groll, kein "Nachkarteln" gegenüber der Wahlsiegerin. Für das, was der 62-Jährige in den vergangenen zwölf Jahren bewegt hat, gab es stehende Ovationen und den goldenen Ehrenring der Altmühlstadt.

Ungewohnt war der äußere Rahmen in der Stadthalle, wohin die Sitzung wegen der Corona-Pandemie verlegt worden war. In großem Abstand verteilten sich die Ratsmitglieder entlang der Wände, die mehr als 40 Besucher, die sich im Rathaussaal unter normalen Umständen gedrängt hätten, verteilten sich ebenso großzügig im Seitentrakt. Nicht einmal einen Händedruck gab es für Baum und die ebenfalls ausscheidenden Ratsmitglieder und Ortssprecher – darunter der langjährige zweite Bürgermeister Richard Zäh, den das Stadtoberhaupt schon nachmittags mit der nur selten verliehenen Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet hatte.

Baum ging in seiner Rede nur kurz auf seine zwölf Jahre als Bürgermeister, seine doppelt so lange Zeit im Stadtrat und sein dreimal so langes Wirken in der Kommunalpolitik ein. Stellvertretend für die unzähligen großen und kleinen Projekte vor seiner Wahl an die Stadtspitze nannte er den Bau des Rathausplatzes, der Luitpoldarkaden und des Thermalbads.

Als Rathauschef holte Baum dann 2010 gemeinsam mit dem ein Jahr darauf verstorbenen Landrat Franz-Xaver Uhl die Hochschule für angewandtes Management in die Stadt, ebenso wie in den Folgejahren zahlreiche Sozialeinrichtungen der Rummelsberger Dienste, der Arbeiterwohlfahrt und der Lebenshilfe. Er stieß den Stadtentwicklungsprozess neu an, aus dem die Umgestaltung des Wallmüllerplatzes und der Bahnhofstraße entstand, und er sorgte für eine Neuausrichtung des Gesundheitszentrums – auch wenn letztere nicht lange Bestand hatte und im Dezember 2018 mit der Schließung endete.

"Mut die Aussiedlung nochmal anzugehen"

Mehrere neue Kindertagesstätten und sanierte Schulhäuser sowie Veranstaltungen wie das "Fest der Kulturen", das Bayern-3-Dorffest und die boomende Schlossweihnacht werden ebenso an die "Ära Baum" erinnern wie die neue Städtepartnerschaft mit dem ungarischen Bonyhád. Lediglich beim Thema "Wasserstreit" schwang in Baums Abschiedsworten Bitterkeit mit: "Enttäuscht bin und bleibe ich vom leider nicht gelungenen Projekt der Komplettaussiedlung der Firma Altmühltaler." Dem Stadtrat und seiner Nachfolgerin wünsche er "den Mut, dieses Thema nochmals anzugehen".

Das alles lässt der scheidende Rathauschef nun jedoch hinter sich. Denn anders als sein Vorgänger Wolfgang Herrmann, der als Altbürgermeister nach wie vor im Stadtrat sitzt, nimmt Baum sein Mandat nicht an und vertritt Treuchtlingen lediglich weiterhin im Kreistag. In den Ruhestand, den er nach zwei Amtsperioden als Bürgermeister ohne Abschläge antreten könnte, zieht es den 62-Jährigen allerdings auch noch nicht. So kündigte Baum bei der Verabschiedung an, ab Mai in seinen Beruf bei der Deutschen Bahn zurückzukehren. Schließlich sei er "auch als Bürgermeister immer Eisenbahner geblieben".

Für die Zukunft unter seiner Nachfolgerin Kristina Becker wünscht sich der Noch-Amtsinhaber, "dass die angeschobenen Projekte wie der Bau der neuen Bezirksklinik, das Hotelprojekt und die zeitnahe Fertigstellung der Senefelder-Schule gelingen". Er verlasse sein Amt mit einem lachenden und einem weinenden Auge – lachend, weil er sich nach den 14- bis 16-Stunden-Tagen als Rathauschef "auf die neu geöffneten Wege und mehr Zeit mit meiner Familie freue"; und weinend, da er "gern noch einige Projekte angestoßen und zum Abschluss gebracht hätte". Kommunalpolitisch sei er jedoch "nicht weg" und hoffe, dass auch der neue Stadtrat bei einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit ohne "Parteipolitik" bleiben und beispielsweise den zweiten und den dritten Bürgermeisterposten weiterhin parteiübergreifend besetzen werde.

Zwischen Wünschenswertem und Machbarem

"Die Kunst der Kommunalpolitik ist der Spagat zwischen dem Wünschenswerten und dem Machbaren", fasste Baums zweiter Stellvertreter Klaus Fackler in seiner Laudatio das Wirken eines Stadtoberhauptes zusammen. Im Schatten der Bundes- und Landespolitik sei es "nur selten mit Dank und Anerkennung verbunden". So habe auch Baum "oft genug erlebt, was es als verantwortungsbewusster Kommunalpolitiker heißt, mit den nicht selten schwer umzusetzenden und oft praxisfernen Vorgaben der Gesetzgeber zurechtzukommen". Ein Bürgermeister sei eben nicht so frei in seinen Entscheidungen, wie es bisweilen scheine.

Die Maxime, mit der Baum dem begegnet sei, kleidete Fackler in ein Zitat von Franz Kafka: "Verbringe nicht die Zeit mit der Suche nach einem Hindernis – vielleicht ist auch keines da." Schon als junges Stadtratsmitglied habe der scheidende Rathauschef seine Ideen "voll Engagement eingebracht". Emotionen seien dabei nicht ausgeblieben, gerade wenn es darum ging, unerfreuliche Schritte beschließen zu müssen.

Aus Baums Vita erwähnte Fackler unter anderem dessen Zugehörigkeiten zum Planungsausschuss des bayerischen und zum Sportausschuss des deutschen Städtetags, seine mittlerweile 25 Jahre im Kreistag sowie sein Engagement beim Alpenverein und "seinem" Burgverein, dem er seit 35 Jahren vorsteht. Dem Stadtrat gehörte Werner Baum von 1984 bis 1996 für die JGB, von 1996 bis 2008 für die SPD und von 2008 bis 2020 als Treuchtlingens zehnter Bürgermeister seit der Stadterhebung an.

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