Vermögensdelikte 

Achtung Betrug: Warum die Masche "falscher Polizist" so gut funktioniert

10.8.2021, 17:01 Uhr
Immer wieder geben sich Betrüger als falsche Polizisten aus. 

© Stefan Hippel, NNZ Immer wieder geben sich Betrüger als falsche Polizisten aus. 

Die Masche zieht immer wieder: Am Telefon geben sich Kriminelle als Polizisten aus. Sie gaukeln ihren meist älteren Opfern vor, dass diese in Gefahr seien und schicken dann sogenannte Abholer, um Wertgegenstände und Geld angeblich in Sicherheit zu bringen. In Wahrheit aber bestehlen sie die Menschen.

Für die echte Polizei ist der Kampf dagegen nicht leicht - auch weil die Callcenter, aus denen die Anrufe kommen, in der Regel im Ausland liegen. Doch die Münchner Polizei und Staatsanwaltschaft sehen Fortschritte und konnten gerade mehrere Abholer festnehmen.

Man habe "fünf Leute aus dem Verkehr ziehen können, die unsere Opfer beschissen und betrogen haben", sagt Hans-Peter Chloupek von der Münchner Polizei zufrieden. Vier Frauen und ein Mann im Alter von 17 bis 58 Jahren sitzen jetzt in Untersuchungshaft. Neun Fälle mit einem Schaden von rund 90 000 Euro habe man damit aufgeklärt, zudem gebe es Hinweise auf weitere Fälle.

Zwar seien die Abholer in der Hierarchie der Banden eher am unteren Rand angesiedelt, doch "ohne sie geht es nicht", betont Oberstaatsanwalt Kai Gräber. Was sie täten, sei "die hässlichste Fratze eines Vermögensdelikts", denn neben dem finanziellen Verlust erlitten die in der Regel älteren Opfer auch "katastrophale" seelische und psychische Schäden. Sie litten unter Scham und zweifelten an ihren Fähigkeiten - teilweise gehe das so weit, dass Opfer suizidgefährdet seien.

Im Wiederholungsfall bis zu 15 Jahre Haft möglich

Doch gerade bei den Betreibern der Callcenter, die im Ausland - im Fall falscher Polizisten meist in der Türkei - säßen, sei praktisch kein Unrechtsbewusstsein vorhanden, sagt Chloupek. Auch deswegen appelliert Gräber an die Abholer: "Seid nicht so blöd und lasst euch für wenig Geld verheizen und ins Gefängnis stecken." Und er warnt: "Wenn wir euch erwischen, dann werdet ihr die ganze Härte der Strafjustiz spüren." Möglich sind dem Oberstaatsanwalt zufolge bei wiederholten Taten bis zu 15 Jahre Haft.

Das Phänomen falsche Polizeibeamte - und andere Amtspersonen - gibt es nicht nur in München. Das bayerische Landeskriminalamt hat vergangenes Jahr rund 17.000 Anzeigen gezählt, in gut 1000 Fällen machten die Betrüger Beute. Doch sowohl das LKA als auch die Münchner Polizei und Staatsanwaltschaft gehen von hohen Dunkelziffern aus.

In München sieht man sich unterdessen auf einem guten Weg bei der Bekämpfung. So hat sich laut Gräber die Zusammenarbeit mit den Behörden in der Türkei bei der Aushebung der Callcenter verbessert. Er sei optimistisch, dass man inzwischen eine Struktur entwickelt habe, mit der man schnell und effektiv gegen die Täter vorgehen könne.

Zumindest die Zahl der Festnahmen von falschen Polizisten und ihren Helfern geht in München derzeit deutlich nach oben. Laut Münchner Polizei waren es im gesamten vergangenen Jahr 16 - im laufenden Jahr bereits 29 - darunter auch Verdächtige aus den mutmaßlich mittleren Schichten der Banden und Vertraute der Betreiber.


Immer mehr Telefonbetrug: Zahl der Fälle in Mittelfranken gestiegen


Geld und Wertgegenstände sind in diesen Fällen trotzdem oft schon weg. Rund zwei bis drei Stunden dauere es normalerweise, bis die Abholer sie weitergeben, sagt Chloupek. Zudem kämen viele Fälle aus Scham gar nicht zur Anzeige.

Dass die Betrüger trotz aller Warnungen immer wieder erfolgreich sind, erklärt man sich beim Landeskriminalamt damit, dass die Täter einen enormen und perfiden Druck auf ihre Opfer aufbauen. Zudem würden Zigtausende Anrufe getätigt, um geeignete Opfer zu finden.

Oft geschieht dies auch mit einer falschen Telefonnummer. Dies sei technisch für die Betrüger kein großer Aufwand, so ein Sprecher des Landeskriminalamts. "Wenn Sie die Anrufernummer 110 sehen, können Sie direkt auflegen. Das ist Blödsinn - und es ist auf jeden Fall nicht die Polizei."

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