Neue Methode in der Landwirtschaft

Kampf gegen Schädlinge: Drohnen werfen winzige Biowaffen über Feldern ab

2.8.2021, 15:53 Uhr
Philipp Dürschmied ist in seinem Hauptberuf eigentlich Schauspieler, doch während der Maiszünsler-Saison ist er auch als Drohnenpilot tätig und lässt seinen Flugroboter kleine Kugeln mit Schlupfwespen über Feldern abwerfen.

© Fritz Arnold Philipp Dürschmied ist in seinem Hauptberuf eigentlich Schauspieler, doch während der Maiszünsler-Saison ist er auch als Drohnenpilot tätig und lässt seinen Flugroboter kleine Kugeln mit Schlupfwespen über Feldern abwerfen.

Die extra für diesen Zweck gezüchteten Schlupfwespen sollen den Vormarsch des Maiszünslers stoppen. Bis zu 50 Prozent kann der Ernteausfall betragen, wenn sich der unscheinbare, gelblich-braune Falter auf einem Maisfeld breitgemacht hat. Wird er nicht bekämpft, nagt sich der Maiszünsler von innen durch den Stängel der Maisstaude, bis die irgendwann umknickt. Außerdem legt der Schädling seine Eier auf den Maiskolben ab, die dann anfällig für Schimmel- und Pilzbefall sind.

Auch gegen Kleidermotten wirksam

Um das große Fressen an der wichtigen Nutzpflanze zu stoppen, die mittlerweile auf knapp einem Fünftel der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Bayern angebaut wird, kamen Fachleute vor einigen Jahren auf die Idee, Schlupfwespen gegen den Maiszünsler einzusetzen. Die nützlichen Insekten werden zum Beispiel auch im Haushalt in den Kampf gegen Lebensmittel- und Kleidermotten geschickt, und im Maisfeld machen die Weibchen der Spezies Trichogramma brassicae den Großteil der Maiszünsler-Eier unschädlich, indem sie ihre Eier dort ablegen.

Doch wie Abermillionen von Schlupfwespen gleichmäßig und zugleich punktgenau auf großen Flächen verteilen? Da kamen die Drohnen und Tüftler wie Jens Weber ins Spiel. In Zusammenarbeit mit dem Maschinen- und Betriebshilfering Schwäbisch Hall entwickelte er ein computergesteuertes Abwurfsystem, bei dem die in 20 Metern Höhe über dem Maisfeld schwebende Drohne alle zehn Meter eine Kugel aus biologisch abbaubarer Maisstärke fallen lässt.

In diesen Kugeln stecken jeweils etwa 1000 Schlupfwespen-Eier in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Unmittelbar nach dem Schlüpfen schwärmen die Insekten aus und parasitieren die künftige Maiszünsler-Generation.

Inzwischen 70 Flugroboter im Bestand

2015 fing Jens Weber mit einer ersten Drohne an, inzwischen hat seine Firma, die Weber Agrar Robotik GmbH, 70 GPS-gesteuerte Flugroboter in ihrem Bestand. „Wir sind aber nur noch Hersteller, nicht mehr Dienstleister“, betont der Unternehmer.


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Für den Einsatz und die dafür nötige Logistik, etwa die Ausbildung und Koordinierung von Drohnen-Piloten, ist zum Beispiel Fritz Hube zuständig. Aktuell ist der Mitarbeiter des Maschinenrings Schwäbisch Hall seine komplette Arbeitszeit mit dem „Biowaffen-Einsatz“ gegen die kleinen Fressmaschinen beschäftigt. „Das ist, ähnlich wie der Einsatz von Mähdreschern, ein absolutes Saisongeschäft. Wenn der Maiszünsler ausschwärmt, haben wir ein Zeitfenster von etwa vier Wochen“, erklärt Hube.

Vom zuständigen Landwirtschaftsamt werden mittels Maiszünsler-Fallen die optimalen Termine für die betroffenen Regionen ermittelt, und dann müssen die von Hube eingeteilten Drohnen-Piloten innerhalb von drei oder vier Tagen die Felder befliegen. Und um möglichst viele Maiszünsler zu erwischen, muss die Aktion etwa zwei Wochen später wiederholt werden.

Methode findet immer mehr Zuspruch

Derzeit sind die Drohnen des Maschinenrings Schwäbisch Hall auch im Nachbarlandkreis Ansbach und in einigen anderen Regionen in Mittel- und Unterfranken im Einsatz. Zwölf Prozent der über 65.000 Hektar Maisanbaufläche in Mittelfranken werden in diesem Jahr beflogen - Tendenz steigend, denn inzwischen bieten weitere Organisationen und Unternehmen wie die Baywa Drohnenflüge an.


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Nach den bisher gemachten Erfahrungen reduziert der Einsatz der Schlupfwespen die Maiszünsler-Populationen um 50 bis 80 Prozent. Mit einem Einsatz von Insektiziden könnte zwar ein Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent erreicht werden, doch für die Verteilung der chemischen Schädlingsbekämpfung ist der Einsatz von teuren Spezialschleppern nötig, um keine Schäden an den zu diesem Zeitpunkt schon gut einen Meter hohen Maispflanzen zu verursachen.

„Und bei den Schlupfwespen haben Sie eben keinerlei Rückstände“, gibt Fritz Hube zu bedenken. Wenige Wochen nach ihrem „Kampfeinsatz“ gegen den Maiszünsler sterben die nur 0,4 Millimeter großen Nutzinsekten nämlich eines natürlichen Todes.

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