Bamberger wollen Flüchtlinge besser integrieren

19.9.2014, 12:17 Uhr
Zur Diskussionsrunde am Donnerstagabend ist der Pfarrsaal St. Kunigund gut gefüllt.

© Jule Dressler Zur Diskussionsrunde am Donnerstagabend ist der Pfarrsaal St. Kunigund gut gefüllt.

"Asylbewerber sind in erster Linie Menschen!" - dieser Satz fällt am häufigsten am Dienstagabend im Pfarrsaal St. Kunigund. Die Stadt hatte zu dieser Veranstaltung eingeladen, um über die kurzfristige Unterbringung von Asylbewerbern auf dem Konversionsgelände zu informieren.

Bevor eine hitzige Diskussion entstehen sollte, klärt Ralf Haupt, Sozial-, Ordnungs- und Umweltreferent, die Anwesenden über die aktuelle Lage von Flüchtlingen in Deutschland und speziell in Bamberg auf. Im Jahr 2014 werden laut Prognosen mehr als 200.000 Flüchtlinge einreisen, ein neues Hoch seit 1995 mit 167.000 Asylbewerbern.

Rund 197 Flüchtlinge für Bamberg

Die meisten Menschen flüchten aus Syrien und Eritrea und werden nach der Ankunft in Deutschland auf die Bundesländer aufgeteilt. Bayern steht nach Nordrhein-Westfalen an zweiter Stelle und muss, bei geplanten 200.000 Flüchtlingen insgesamt, rund 30.000 Menschen aufnehmen. Diese werden dann je nach Einwohneranzahl auf die Regierungsbezirke und dann auf die Landkreise aufgeteilt. Konkret müssten in Bamberg also 197 Asylbewerber untergebracht werden.

Die Zuschauer bekommen viele Zahlen und Fakten präsentiert. Dass insgesamt aber nur ungefähr 197 Flüchtlinge für Bamberg anberaumt werden, scheint für viele gänzlich neu zu sein, denn noch während des Vortrags wundern sich einige Zuschauer, denn sie hätten von über 1000 Asylbewerbern gehört.

Ralf Haupt fasst die wichtigsten Zahlen und Fakten der Flüchtlingspolitik zusammen.

Ralf Haupt fasst die wichtigsten Zahlen und Fakten der Flüchtlingspolitik zusammen. © Jule Dressler

Man merkt, dass Flüchtlingspolitik ein undurchsichtiges und kompliziertes Thema ist, bei dem sich gründliches Einlesen in die Materie lohnt. Stammtischweisheiten von einer Zuschauerin à la "Wir haben in unserem Land eigene Probleme" werden von den Anwesenden im Keim erstickt und können kaum an Fahrt aufnehmen.

Jürgen Neubauer ist zuständig für die Flüchtlingsbetreuung und Integration in Oberfranken. Er berichtet, dass in dieser Woche drei Anwesen auf dem Konversionsgelände in der Geisfelder Straße übernommen wurden. "Unsere Mitarbeiter sind gerade dabei, diese Häuser herzurichten und zu möblieren", sagt er. Rund 50 Flüchtlinge sollen ab November dort Platz finden.

Konversionsgelände als Übergangslösung

Die anschließende Diskussion beginnt gleich mit einem Thema, das überhaupt nicht Thema ist: "Was passiert mit den Wohnungen auf dem US-Gelände?" In der Stadt herrsche Wohnungsnot und jetzt sollten Flüchtlinge dort Quartier beziehen, während deutsche Familien auf der Straße säßen, beschwert sich oben bereits genannte Zuschauerin.

Stefan Krug von der Regierung von Oberfranken erklärt kurz, dass die Verhandlungen bereits laufen und nach einer Lösung gesucht wird. Dass nun auch noch die Frage danach kommt, wieviel ein Asylbewerber den Staat kostet, scheint vorhersehbar. Neubauer erklärte, dass nicht genau gesagt werden könne wieviel das sei, da die Mieten für Gebäude unterschiedlich seien und über mehrere Jahre geplant werden müssten.

Von 130 Euro Taschengeld muss ein Flüchtling im Monat leben, ohne Kindergeld oder Essensmarken. Im Saal kehrt Ernüchterung ein und erstmals wird über die Menschen als solche und nicht als Nummer auf dem Papier nachgedacht. Die gestellten Fragen verändern sich und bleiben am Menschen.

Welche Angebote gibt es für die Flüchtlinge? Wie bestreiten sie ihren Alltag? Claudia Atzkern, Asyl- und Flüchtlingsberaterin der Caritas, erklärt, dass Deutschkurse gerne angenommen würden und Kinder in die Schulen gingen. "Leider gibt es viel zu wenig Angebote für die Flüchtlinge", sagt sie, "es fehlt das Personal für die Organisation, auch von kleineren Projekten, wie dem Bau eines Sandkastens".

Sommerfest zum Kennenlernen

Die Bamberger prangern nicht nur die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften an, die die Integration erheblicht erschwere, sondern suchen auch nach Lösungen. Der Vorschlag, ein jährliches Sommerfest der Asylbewerber zu veranstalten stieß auf große Zustimmung. "Das Unbehagen der Bürger wenn es um Flüchtlinge geht muss endlich aufhören", fordert eine Zuschauerin.

Claudia Atzkern unterstützt die Flüchtlinge und wünscht sich Unterstützung aus der Bevölkerung.

Claudia Atzkern unterstützt die Flüchtlinge und wünscht sich Unterstützung aus der Bevölkerung. © Jule Dressler

Atzkern stimmte den Forderungen nach gemeinsamen Projekten von Bambergern und Flüchtlingen zu, gab aber zu Bedenken, dass diese oft an Kleinigkeiten scheiterten, so wie das gemeinsame Essen an den Richtlinien des Gesundheitsamtes. "Vor allem brauchen wir Menschen, die Ausflüge organisieren, vorlesen oder den Flüchtlingen den Weg zum Amt zeigen", sagt Nursen Ergin, Mitarbeiterin des Migrationssozialdienstes der Arbeiterwohlfahrt.

Auch die Frage, warum sich die Unterkünfte für Asylbewerber auf Bamberg-Ost beschränkten und nicht andere Stadtteile miteinbezogen wurden, diskutierte das Plenum. "Wir suchen ständig nach geeigneten Gebäuden", erklärt Haupt. Damit sind die Anwesenden aber nicht zufrieden und verweisen auf die Bauflächen auf dem ERBA-Gelände. Integration könne nur funktionieren, wenn sich Menschen hautnah begegnen, sich kennenlernen und akzeptieren, finden die Zuschauer.

Obwohl die Diskussion im Pfarrsaal St. Kunidung nicht nur durch konstruktive Kritik und Lösungsvorschläge bereichert wurde, lässt sich eine weitestgehend positive Einstellung der Bamberger gegenüber Asylbewerbern feststellen.

Mit den Worten, "es gibt nicht nur juristische, sondern vor allem menschliche Hürden zu überwinden", beendet Wolfgang Metzner, dritter Bürgermeister von Bamberg, die Infoveranstaltung.

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