Streit um Schulfinanzierung

Bayern will 1,2 Millionen Euro von kleinem Diakonieverein im Kreis Ansbach zurück

21.7.2021, 13:25 Uhr
Erst war es eine Förderschule - und als solches auch zu 100 Prozent finanziert vom Freistaat - jetzt ist es ein Kindergarten. Der Freistaat will jetzt die Fördergelder zum Teil zurückerstattet bekommen - für den Diakonieverein wäre das das sichere Aus.

© Peter Tippl, NN Erst war es eine Förderschule - und als solches auch zu 100 Prozent finanziert vom Freistaat - jetzt ist es ein Kindergarten. Der Freistaat will jetzt die Fördergelder zum Teil zurückerstattet bekommen - für den Diakonieverein wäre das das sichere Aus.

Die Richter haben die Klage abgewiesen, mit der sich der Verein gegen eine Millionenforderung der Regierung von Mittelfranken im Auftrag des Freistaats wehren wollte. Denn der will von dem Verein rund 1,23 Millionen Euro für ein Schulgebäude zurück, dass 1987 als Förderschule eröffnet wurde. Weil es die aber seit 2017 nicht mehr gibt, fordert die Regierung nun den Sachwert zurück.

Die Sachlage ist verzwickt. Gut 30 Jahre wurde die Förderschule für Kinder mit geistiger Behinderung von der Diakonie betrieben. 1987 wurde die Schule eröffnet, 2017 mangels Schülern auf Geheiß der Regierung geschlossen. Der Freistaat hatte einst Grundstückskauf und Schulbau zu 100 Prozent übernommen.

Nun soll ein Teil der damals gezahlten staatlichen Fördermittel wegen „nicht mehr förderfähiger Nutzung“ zurückgezahlt werden. Anders als bei anderen öffentlich geförderten oder finanzierten Gebäuden ist bei Schulhäusern keine Abschreibung möglich.

Mitte März war in dem jahrelangen Streit erstmals vor dem Verwaltungsgericht verhandelt worden, es folgte im April eine sogenannte Inaugenscheinnahme. Die Richter machten sich vor Ort ein Bild vom einst als Förderschule genutzten Gebäude. Dabei wurde erläutert, dass die Diakonie im Gebäude zwar keine Schule mehr betreibe, aber eine Schulvorbereitende Einrichtung (SVE) für Kindergartenkinder mit Förderbedarf.

Regierung lehnt Ablöse ab

Alle der Regierung vorgelegten Nachnutzungs-Konzepte seien abgelehnt worden, weil sie mit Blick auf das bayerische Schulfinanzierungsgesetz nicht förderfähig sind. Das Diakonische Werk Dinkelsbühl-Wassertrüdingen hatte der Regierung angeboten, 600.000 Euro Ablöse für das Schulgebäude zu bezahlen - wenn damit der Rechtsstreit gegen den kleinen Diakonieverein Wassertrüdingen beendet wäre. Doch die Regierung lehnte ab, die Summe sei zu gering, der Vergleich damit nicht wirtschaftlich.

Diakoniewerk-Geschäftsführer Andreas Raab appellierte vor Gericht noch einmal an die Regierung, den Vergleich anzunehmen. Ansonsten bleibe dem Freistaat irgendwann nur die Zwangsvollstreckung: „Wollen Sie wirklich acht Kita-Gruppen auf die Straße setzen?“

Gutachter bringt Entschädigungsanspruch ins Spiel

Ein Immobiliengutachter erläuterte vor Gericht die Frage des sogenannten Gemeinbedarfs. Flächen im Gemeinbedarf, also für eine öffentliche Nutzung, hätten „keinen Marktwert“. Die Regierung habe ihn aber aufgefordert, nur den Wert „nach abgehendem Gemeinbedarf“ zu schätzen - also nach dem Ende der Schulnutzung. Er habe sich auch „einige Fragen“ gestellt. Schließlich habe die Regierung ja 2017 die Genehmigung zum Weiterbetrieb als Förderschule selbst entzogen. Womöglich habe die Diakonie sogar einen Entschädigungsanspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts sah das anders. Das Schulfinanzierungsgesetz sei eindeutig, der Rückforderungsanspruch der Regierung von Mittelfranken von 1,23 Millionen Euro damit rechtens. Auch einen Entschädigungsanspruch wegen der angeordneten Schulschließung sah das Gericht nicht.

Vielmehr sei der kleine Diakonieverein „selbstverschuldet“ in diese Lage geraten. Zum einen, weil er keine Rücklagen gebildet habe. Zum anderen kritisierten die Richter auch die teils unklaren Miet- und Untermietverhältnisse zwischen Diakonieverein und Diakoniewerk.

Wassertrüdingens Dekan Hermann Rummel wirkte nach dem Urteil zwar gefasst, machte aus seiner Enttäuschung aber auch keinen Hehl. „Mir ist eine Botschaft nach heute wichtig: Unser Kita-Betrieb in dem ehemaligen Schulgebäude geht weiter. Niemand muss Sorge haben, dass die Kinder jetzt nicht mehr betreut werden.“ Denn ob die Kläger Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen, ist ebenso unklar im Moment wie die Frage, wie die Finanzbehörden dann tatsächlich letztlich mit der Forderung gegen den dann von einer Insolvenz bedrohten Diakonieverein umgehen würden.

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