Auch Lehrerreserve hat nicht die volle Stärke

Bayerns Kultusminister gibt zu: Personaldecke für Grund- und Mittelschulen reicht nicht aus

Ralf Müller

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8.9.2022, 13:18 Uhr
„Es ist enger als im letzten Schuljahr", gestand Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) bei der Pressekonferenz vor dem Schulstart ein.

© Peter Kneffel, dpa „Es ist enger als im letzten Schuljahr", gestand Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) bei der Pressekonferenz vor dem Schulstart ein.

Zum Schulstart am Dienstag, 13. September, hat Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) eine „insgesamt solide Unterrichtsversorgung“ in Aussicht gestellt. Es werde jedoch ein „herausforderndes Schuljahr“, räumte er ein: „Es ist enger als im letzten Schuljahr.“

Besonders in Mittelfranken ist die Lage schwierig

Besonders für Grund-, Mittel- und Förderschulen reicht die Personaldecke nicht aus. Es seien noch „einige hundert“ Verträge für Lehrkräfte an diesen Schularten offen, sagte Piazolo. Am Pflichtunterricht solle nicht gerüttelt werden. „Bedarfssenkende Maßnahmen“ könnten allenfalls Wahlangebote treffen wie Schulgärten, Theatergruppen oder eine dritte Sportstunde. Die Lehrerreserve sei nicht gestrichen, stehe aber zu Beginn des Schuljahres nicht in der Stärke wie früher zur Verfügung, berichtete Piazolo.

Sämtliche Lehrerstellen zu besetzen sei insbesondere an studienortfernen Schulen nicht einfach. Als Beispiele nannte der Minister Mittelfranken und das Allgäu. Insgesamt stehen nach seinen Angaben für das Schuljahr 2022/2023 bayernweit 94.000 Lehrerplanstellen im staatlichen Bereich zur Verfügung. 4300 Lehrkräfte würden neu in den Schuldienst eingestellt.

30.000 ukrainische Schüler in Bayern

Das Kultusministerium rechnet mit einem deutlichen Anstieg der Zahl der Schüler im neuen Schuljahr um 45.000 auf 1,68 Millionen. Davon seien 30.000 Flüchtlingskinder aus der Ukraine. Auch die Zahl der Erstklässler steigt um 9000 auf 130.000 Kinder, was ausschließlich auf den Zugang aus der Ukraine zurückzuführen ist. Mehr als 1000 Vollzeitstellen seien für den Unterricht der ukrainischen Schüler eingestellt worden. Gleichzeitig geht die Zahl der Studienabsolventen für das Lehramt zurück.

Im Grund-, Mittel- und Förderschulbereich werden nach Angaben Piazolos alle Studienabsolventen übernommen, im Gymnasialbereich nur 65 Prozent. Aber auch die restlichen 35 Prozent säßen nicht auf der Straße, versicherte Piazolo.

Wie kalt wird es in den Klassenzimmern?

Zu kämpfen haben die Schul-Planer weiterhin mit den Problemen in Folge der Corona-Pandemie. Derzeit gebe es „keinen Anlass zu besonders strengen Maßnahmen“. Man setze „voll auf Präsenzunterricht und so viel Normalität im Unterrichtsalltag wie möglich“, unterstrich Piazolo. Für die Begegnungsflächen in den Schulgebäuden bleibt es bei der Empfehlung, eine Maske zu tragen. In den ersten beiden Wochen können die Schulen an alle Beteiligten Selbsttests zur freiwilligen Anwendung zuhause abgeben.

3000 weibliche Lehrkräfte können nach Angaben Piazolos wegen einer Schwangerschaft nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden. Wegen der besonderen Risiken für sie gelte vorerst das schulische „Betretungsverbot“ weiter.

Das Zusammentreffen von Corona-Pandemie und Energiekrise stellt die Schulen vor die Frage, ob die Temperaturen in den Klassenräumen gesenkt werden sollen während gleichzeitig die Empfehlung, alle 20 Minuten die Klassenräume zu lüften, bestehen bleibt. Die in vielen Klassenräumen inzwischen eingesetzten Luftfilter seien auch „Energiefresser“, gab der Kultusminister zu bedenken. Er werde sich auf jeden Fall dafür einsetzen, dass die Temperaturen für Bayerns Schulkinder angenehm blieben, versicherte der Schulminister.

Dem Schulstart nach den großen Ferien war bereits eine Welle von Befürchtungen und Kritik von Lehrerverbänden und Oppositionsparteien vorausgegangen. Die Häufung von Krisen bedeute auch „Verzicht“, sagte Kultusminister Piazolo. Viele gingen offenbar davon aus, dass trotz Krieg, Inflation und Pandemie „alles genauso weiter laufen“ müsse wie bisher.

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