Wolf am Vormittag gesichtet: Er rannte quer durch fränkischen Ort

18.1.2021, 17:16 Uhr
Der Wolf streift zunehmend durch die Orte nahe des Veldensteiner Forstes.

© nordbayern Der Wolf streift zunehmend durch die Orte nahe des Veldensteiner Forstes.

Am Sonntagvormittag traute ein Bürger aus dem Neuhauser Ortsteil Höfen seinen Augen nicht: Direkt vor seiner Handykamera rannte ein Wolf am helllichten Vormittag quer durch den Ort und über die Hauptstraße. Viele Menschen sind inzwischen verunsichert.

Die Bürger haben die Sorge, dass der Wolf die Furcht vor dem Menschen verliert, wenn er keine Nahrung im Wald mehr findet, erklärt Gemeinderat Stephan Ertl (CSU). Die Leute sorgen sich um ihre Kinder und haben Angst, sie allein zum Spielen nach draußen zu lassen.

Mehrfach fotografiert

"Nach solchen Bild- und Videoaufnahmen am Tage ist das auch sehr verständlich." Zusätzlich treibe die Menschen auch die Sorge um, dass der Wolf die in Höfen lebenden Weidetiere reißt, ergänzt BNU-Gemeinderat Florian Kastner. Laut Ertl sei der Wolf schon rund zwei Jahre in der Gegend unterwegs. Durch DNA-Tests habe man dies herausgefunden. Mehrfach sei das Wildtier auch von den rund um Höfen installierten Wildkameras aufgenommen oder von Augenzeugen beobachtet worden, sowohl nachts als auch tagsüber.

Wolf am Vormittag gesichtet: Er rannte quer durch fränkischen Ort

© Foto: privat

Dabei fiel auf, dass sich der Wolf seit einem halben Jahr immer mehr der Ortschaft nähert. Anfang Januar wurde er am frühen Morgen in der Nähe des Spielplatzes auf der Straße gesichtet. Acht Tage später riss er nur rund 50 Meter von einem Wohnhaus am Ortsrand entfernt ein Reh. Am vergangenen Sonntag wurde das Tier gefilmt, als es um 9.44 Uhr durch die Ortsmitte lief. Der Film, den ein junger Mann aus dem Ortsteil eher zufällig aufgenommen hat, wurde innerhalb weniger Stunden auf vielen Kanälen in den sozialen Medien geteilt. Viele Bürger konnten kaum glauben, dass ein eigentlich scheues Tier bei Helligkeit ungeniert durch ein Dorf läuft.

Hunde sollten angeleint werden

Inzwischen hat auch die Gemeinde schon reagiert. In einem Schaukasten weist die Rathausverwaltung darauf hin, dass in den vergangenen Tagen auch tagsüber Wölfe gesichtet wurden. "Wir empfehlen, beim Spaziergang im Außenbereich Hunde an die Leine zu nehmen." Ein etwas mulmiges Gefühl haben auch junge Familien, deren Kinder an einem kleinen Hang im Ort Schlitten fahren. "Man denkt natürlich daran und geht in der Dämmerung nicht mehr ganz unbeschwert vom Schlittenberg heim", sagt Florian Kastner. Man schaue sich doch des Öfteren um, wenn man draußen ist und habe dabei ein sehr mulmiges Gefühl, erklärt auch Stephan Ertl. "Man weiß ja nicht hundertprozentig, wie der Wolf reagieren würde."

Gemeinderat Stephan Ertl sagt, dass er der Marktgemeinde Bildmaterial zur Verfügung gestellt habe. Bürgermeister Josef Springer habe die Fotos und eine dokumentierte Kartenskizze inzwischen an das Bayerische Umweltministerium geschickt. Eine Antwort aus München stehe allerdings noch aus.

Etwa 1800 Wölfe gibt es aktuell in Deutschland, weiß Jagdpächter Andreas Rohrseitz. Im nahen Veldensteiner Forst gebe es ein Rudel, das in den vergangenen drei Jahren auch mehrfach Nachwuchs hatte. Jetzt im Januar sei die Paarungszeit der Wölfe. Ob das einzelne Tier bei Höfen ein junger Wolf aus einer anderen Region ist, der nun Partnerin und Revier sucht, könne weder bestätigt noch dementiert werden.

Mosenberg und Horlach

Sicher sei nur, dass nicht nur in Höfen ein Wolf am helllichten Tag gesehen wurde. Auch in Mosenberg und in Horlach wurde bereits ein Vertreter des "canis lupus" bei Tageslicht beobachtet. Im Allgemeinen sei es eher unüblich, dass sich Wölfe in der Nähe von Ortschaften herumtreiben. Andererseits haben die Raubtiere in Deutschland noch keine schlechten Erfahrungen mit Menschen gemacht.

Nach der Erfahrung des Jagdpächters treibe wohl nicht der Hunger ein Tier in die Nähe von Siedlungsgebieten. "Die Nahrung in den Wäldern ist ausreichend", so Andreas Rohrseitz. In seinem Jagdbogen habe er schon mehrfach Risse von Reh- oder Rotwild gesehen.


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Gut dokumentiert

Durch die Mitarbeiter des Staatsforstes werden Wölfe gut dokumentiert. Wildkameras und – wenn nötig – Untersuchungen von Rissen seien nicht unüblich. Der Jagdpächter ist froh, dass es in seinem Gebiet bislang keine Probleme mit Weidetieren gab. Seit rund drei Jahren gebe es Wölfe im Veldensteiner Forst. Lebensräume gebe es auch im Truppenübungsplatz Grafenwöhr und im Bayerischen Wald. Die Politik müsse wohl irgendwann entscheiden, ob und in welchem Umfang sich die Rudel weiter vermehren dürfen, so Rohrseitz. Er habe Verständnis für seine Jagdgenossen, die in Sorge sind wegen des Wolfs, der sich offenbar schon sehr an die Menschen gewöhnt hat.

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