Brau-Präsident: "Besser ein chinesischer Investor als die Pleite"

23.2.2021, 17:10 Uhr
Feste werden wegen der Corona-Pandemie wohl noch länger nicht möglich sein. Brauereien, die viel Fassbier produzieren, haben deshalb momentan besonders große Probleme.

© Thomas Scherer Feste werden wegen der Corona-Pandemie wohl noch länger nicht möglich sein. Brauereien, die viel Fassbier produzieren, haben deshalb momentan besonders große Probleme.

Herr Rittmayer, bereits im Jahr 2019 hat ein chinesischer Investor die Schlossbrauerei Au in der Hallertau übernommen. Durch die Corona-Krise kommen nun etliche Brauer in finanzielle Schwierigkeiten. Drohen künftig weitere Aufkäufe durch ausländische Investoren?

Georg Rittmayer: Da ist mir bisher nichts bekannt. Man muss aber auch sagen: Bei der Schlossbrauerei, aber auch bei der Kaiser-Brauerei in Baden-Württemberg, die auch von Chinesen übernommen wurde, sind Arbeitsplätze und Bier erhalten geblieben. Es wird weiter nach dem Reinheitsgebot gebraut.


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Wenn Investoren nun auch fränkische Brauereien aufkaufen würden, wäre das also gar nicht so schlimm?

Rittmayer: Ich bin grundsätzlich für jeden Erhalt einer Braustätte. Wenn jemand in finanzielle Schieflage kommt und den Betrieb sonst nicht erhalten könnte, sollte er sich nicht zu schade sein, jemand anderes mit reinzunehmen. Man sollte es natürlich so machen, dass der Investor nicht die Mehrheit erhält und sich diese auch nicht erkaufen kann. Ansonsten sehe ich es aber positiv, die Betriebe, die Biervielfalt und die Qualität zu erhalten. Letztendlich ist es besser, wenn ein Chinese den Betrieb kauft als ein Paulaner – weil der macht den Betrieb wirklich zu.

Investitionsstau macht Brauereien den Garaus

2014 hat ein Däne aus der Ebermannstädter Sonnenbräu die "Bavarian Festbeer Brewery" gemacht und wollte diverse Oktoberfest-Kopien damit beliefern. Blutet da das fränkische Brauer-Herz?

Georg Rittmayer ist Präsident des Verbandes Private Brauereien Bayern und Inhaber der Brauerei Rittmayer in Hallerndorf (Landkreis Forchheim).

Georg Rittmayer ist Präsident des Verbandes Private Brauereien Bayern und Inhaber der Brauerei Rittmayer in Hallerndorf (Landkreis Forchheim). © privat

Rittmayer: Na ja, die Brauerei war zuvor ja schon mehrere Jahre lang zu. Immerhin wurde sie so wiederbelebt. Es ist natürlich schade, wenn da nur auf Tankware produziert wird. Zuletzt wurde da auch viel in Fünf-Liter-Dosen verkauft. Ich sag mir da, dass man schon irgendwann auf den Trichter kommen wird, auch Flaschenbier anzubieten.

Auch unabhängig von Corona sinkt ja der Bierkonsum in Deutschland. Wie müssen sich Brauereien aufstellen, um trotzdem überleben zu können?

Rittmayer: Sie sollte möglichst ein zweites Standbein haben, wie wir mit unserem Abfüllzentrum für andere Brauereien. Und Investitionen nicht aufschieben. Man sagt nicht umsonst "Eine Brauerei, die nicht baut, bald nicht mehr braut". Der Investitionsstau wird sonst so groß, dass die Nachfolger das dann nicht mehr finanzieren können. Das Problem ist aber einfach auch, dass die Preise viel zu billig sind für das, was wir ins Bier reinstecken. Und die behördlichen Vorschriften, die unendliche Dokumentation, machen viele kaputt.

"Wir werden einen Gastro-Boom erleben"

Corona beschleunigt natürlich den Abwärtsstrudel in der Brauereilandschaft. Wird es bald zu einem großen Brauereisterben kommen?

Rittmayer: Ich denke ja grundsätzlich positiv. Ich glaube fest daran, dass wir bald einen wahnsinnigen Gastro-Boom erleben werden. Feste werden erst einmal weiter ausfallen, die Biergärten werden dafür umso mehr belagert werden. Und ein eigener Biergarten ist für Brauereien das Profit-Center schlechthin. Das bringt viel mehr als der Verkauf von Flaschenbier. Es kann wieder aufwärts gehen – aber dafür muss die Regierung den Betrieben helfen.


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Ihr Kollege Mike Schmitt von Nikl-Bräu aus Pretzfeld hat für sein Wut-Video viel Zuspruch erhalten. Besonders die Brauereigaststätten gehen bei den Corona-Hilfen momentan ja noch oft leer aus. Was erwarten Sie sich von der Regierung?

Rittmayer: Zumindest, dass uns genauso geholfen wird wie Lufthansa oder McDonald’s. Wer vor der Krise investiert hat, musste jetzt sein Profit-Center, die Gaststätte, zusperren. Bald kann er sich Zins und Tilgung nicht mehr leisten. Wer dann nicht noch ein paar Grundstücke zu verkaufen hat, wird bald aufgeben müssen.

Was konkret würde die Misere für die Brauer neben Hilfsgeldern zumindest abmildern?

Rittmayer: Die Bürokratie bringt uns um. Der verringerte Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie muss unbedingt auch für Getränke gelten, nicht nur für Speisen. Das ist ein riesiger Aufwand, wenn die Sätze unterschiedlich sind. Außerdem zahlen seit 1993 alle Betriebe bis 200.000 Hektoliter Jahresproduktion dieselbe Biersteuer. Da würde die Politik den Brauereien sehr helfen, wenn sie wieder zur vorherigen, stärker gestaffelten Regelung zurückkehren würde. So zahle ich ungefähr 80 Cent Biersteuer pro Kasten, dann wären es 50 Cent. Am Donnerstag, 25. Februar, treffen sich die bayerischen Brauer jetzt mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Mal sehen, was da rauskommt.

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