Corona-Krise drückt auf die Stimmung im Knast

16.4.2020, 07:05 Uhr
Corona-Krise drückt auf die Stimmung im Knast

© Foto: Marcus Führer dpa

  Und auch die Verantwortlichen sorgen sich um die Stimmung. Schließlich geht es darum, Revolten wie jüngst in italienischen Justizvollzugsanstalten zu verhindern.

Keine Besuche von Verwandten, keine Freigänge, kein Ausgang, kein Hafturlaub – Thomas Vogt, Leiter der Justizvollzugsanstalt in Nürnberg weiß, warum die Insassen "allmählich ein bisschen unruhig" werden. Damit die Kontakte zur Außenwelt nicht abreißen, wurden in den Knästen die Telefonregeln erleichtert. Schließlich geht es nicht ums Wegsperren, sondern um die Resozialisierung. Und der Alltag soll möglichst normal weitergeführt werden, mit Arbeit, Aufenthalt an der frischen Luft und den täglichen Mahlzeiten.


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Auch Vogts Kollege in Bayreuth, Matthias Konopka, sieht in der "Normalität" eine Chance, durch Corona-Zeiten zu kommen. Der Arbeitslohn ist den Gefangenen wichtig. 22 Stunden Einschluss in der Zelle wären zwar die einfachste Lösung, "aber das will keiner", sagt Konopka, der als junger Beamter in den 1990er Jahren die Häftlingskrawalle in Straubing erlebt hatte. Damals ging es um die Genehmigung von Fernsehgeräten für die Zellen – heute eine Selbstverständlichkeit. Konopka: "Unruhe kann schnell sehr heikel werden."

Dabei haben sich die Gefängnisse frühzeitig auf die veränderte Lage eingestellt. 10 500 Häftlinge sind derzeit untergebracht, die Kapazität aller Anstalten liegt bei 12 020 Plätzen. Der Trick: Wer nur für eine Freiheitsstrafe bis zu einem halben Jahr oder einen Jugendarrest bekommen hatte, erhielt einen Brief: Der Haftantritt wird verschoben.

Schutzausrüstung, Desinfektionsmittel und der Mindestabstand von 1,5 Metern haben sich bisher bewährt. Allerdings kann der Abstand bei Leibesvisitationen nicht eingehalten werden.


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Nur bei einem Häftling in Aschaffenburg wurde eine Corona-Infektion festgestellt. Der Mann war gerade erst in Untersuchungshaft gekommen, hatte sich also noch in Freiheit angesteckt.

Insgesamt 15 Bedienstete der bayerischen Gefängnisse wurden inzwischen positiv auf Corona getestet, vier sind inzwischen genesen. In diesen Fällen müssen die Infizierten zuhause bleiben, Kontaktpersonen werden vom Dienst freigestellt. Gefangene, die mit den Infizierten zu tun hatten, werden getrennt untergebracht und getestet.

Diese getrennte Unterbringung gilt auch für die wenigen Neuzugänge. Ohnehin ist der länderübergreifende Schubverkehr eingestellt, auch in Bayern finden kaum noch Gefangenentransporte statt, erklärt das Justizministerium.

Drei Infizierte

Der Bayreuther Gefängnischef Konopka musste zwischenzeitlich auf drei seiner Mitarbeiter verzichten, weil sie sich mit dem Virus angesteckt hatten. Aber personelle Engpässe, die anfangs befürchtet wurden, hat es deshalb nicht gegeben. Auch wurden keine Gefangenen infiziert.

Konopka will vielmehr jetzt im Frühjahr die Arbeit in der Gärtnerei fördern – "mit strengen Hygienevorkehrungen". Denn der Verkauf von Pflanzen sei für die Gefangenen "höchst motivierend, das hebt die Stimmung".

 


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