Debatte über Maßnahmen

Baiersdorf will Ort der biologischen Vielfalt werden - doch das finden nicht alle gut

4.9.2021, 13:51 Uhr
Baiersdorf will Umwelt- und Klimaschutz vorantreiben und setzt dabei auch auf Blühwiesen. 

© Dieter Köchel, NN Baiersdorf will Umwelt- und Klimaschutz vorantreiben und setzt dabei auch auf Blühwiesen. 

Die Stadt hat sich auf den Weg gemacht, ein Ort der biologischen Vielfalt zu werden. Schon binnen eines Jahres ist sie damit ein gutes Stück vorangekommen. Das finden nicht alle Bürger gut. Begeistert hingegen zeigt sich Florian Lang aus Tännesberg, Leiter des bayernweiten Modellprojekts „Marktplatz der biologischen Vielfalt“. Er berät die Stadt in Sachen Biodiversität.

Zur Zwischenbilanz kam Lang nun ins Baiersdorfer Rathaus. Beschwerden über die Blühwiesen seien nicht selten, „es gibt einige unzufriedene Bürger“, schildert 2. Bürgermeisterin Eva Erhardt-Odörfer die Lage. Ob die Stadt denn kein Geld mehr zum Mähen habe, das sehe „schlampig“ aus. Sie beklagt vor allem die Polemik in den sogenannten sozialen Medien. Ihr Anliegen ist es, die Debatte über Biodiversität zu versachlichen.

„Die erste Hürde hat Baiersdorf schon genommen“, frohlockt hingegen Florian Lang. Wenn die Kommunalpolitik hinter dem Vorhaben stehe, die biologische Vielfalt in heimischen Gefilden zu mehren, dann sei schon viel gewonnen. Er lobt die Stadt, allen voran den technischen Leiter des Bauhofs, Werner Lepper, der mit seinem Team im vergangenen Jahr eine Reihe von öffentlichen Grünflächen naturnah gestaltet hat. Die Pflanzen durften sich vermehren, es entstanden an etlichen Stellen Blühwiesen, in denen sich verschiedene Hummeln, Wildbienen und allerlei andere Insekten tummelten.

"Baiersdorf ist den Königsweg gegangen"

Baiersdorf sei hier „den Königsweg gegangen“, freut sich Lang. Zum einen mit dem Verzicht, auf diesen Grünflächen neue Saaten auszubringen. So könne sich dort entwickeln, was sich aufgrund der Böden und der Umgebung dort jeweils als passend erweist. Zum andern verzichtet die Stadt auf eine Mahd der Wiesen im Herbst. Das ermögliche verschiedenen Insekten zu überwintern. Erst und ausschließlich im Frühjahr wird gemäht.

Freilich muss das entsprechend kommuniziert werden. Werner Lepper bestätigt das. Erst habe er seine Leute überzeugen müssen, dass es ökologisch besser sei, die Blühwiesen stehen zu lassen. Seine Mitarbeiter würden nun öfter schief angesprochen, ob denn die gemeindliche Mähmaschine defekt sei. Lang empfiehlt, einen runden Tisch „Biodiversität“ einzurichten. Den hat es bereits gegeben, doch ruhe er seit eineinhalb Jahren bedingt durch die Corona-Pandemie.

Auch der Bund Naturschutz ist mit dabei

Die Drei sind sich schnell einig, dass der runde Tisch neu belebt werden muss. Mit dabei sind unter anderen der Bund Naturschutz, die Landwirte der Fischereiverband, die Untere Naturschutzbehörde sowie Vertreter der Stadtratsfraktionen. Darüber hinaus empfiehlt Lang, öffentliche Bürgerforen mit Ortsterminen zu veranstalten. „Sie müssen die Tür für ein offenes Gespräch mit den Bürgern aufmachen“, sieht er als effektives Gegenmittel zu Polemik im Netz. Daneben könnten auch Hinweistafeln an den betreffenden Grünflächen – immerhin sind bereits drei von zehn Hektar inzwischen der Natur überlassen – zum Verständnis bei den Bürgern beitragen.

Grünen-Rätin Jutta Ries erläuterte für den Bund Naturschutz, welchen Flächenbeitrag der Bund Naturschutz zur Biodiversität in Baiersdorf leistet. Gemeinsam überlegen die Gesprächsteilnehmer, was über das bisher Geleistete hinaus in der Stadt möglich wäre, die Artenvielfalt zu erhalten und auszubauen. Genannt werden etwa die Schaffung von Streuobstwiesen, eine Brachflächenanalyse, Beleuchtungsreduktion, Nisthilfen für Gebäudebrüter, Nistkästen, Fassadenbegrünung, Trockenmauern anlegen.

Und wieder und wieder Öffentlichkeitsarbeit, auch in Form von Gartenberatung, Staudenpflanzaktionen, um nur einige zu nennen. Stets gelte, so Florian Lang, den runden Tisch als Lenkungsgruppe sowie vor Ort und mit Veranstaltungen und Vorträgen die Bürger einzubinden. Um die eigene Frustrationsschwelle niedrig zu halten, sei dabei wichtig, „Biodiversität als Prozess zu begreifen, der nicht über Nacht herbeigeführt werden kann, sondern Zeit und damit Geduld erfordert“.

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