Der Mann, der den Bau der "Seku" vorantrieb

14.8.2016, 10:43 Uhr
Der Mann, der den Bau der

© André De Geare

Zu nennen ist hier zunächst Georg Zacharias Platner, einer der Pioniere des Eisenbahnwesens weit über Franken hinaus. Der Kaufmann und Politiker war auch dafür verantwortlich, dass die Ludwigeisenbahn 1835 von Nürnberg nach Fürth eingerichtet wurde.

Nicht nur die Bahn selbst war eine Premiere für ganz Deutschland, sondern auch die Tatsache, dass er vor der Investition eine Marktforschung vornahm. So beauftragte er einen Drechslermeister zu eruieren, wie viele Privatleute die Strecke nutzten und wie viele Güter dort transportiert wurden. Auf dieser Grundlage erstellte er eine Rentabilitätsrechnung. Der gebürtige Hersbrucker Johannes Scharrer, nach dem in Nürnberg ein Gymnasium benannt ist, unterstützte Platner in seinen Bemühungen. Durch die erfolgreiche Entwicklung nach 1835 wurde der Ausbau des Eisenbahnnetzes weiter vorangetrieben.

Die Gemeinden des Erlanger und Forchheimer Oberlands um die Stadt Gräfenberg als Hauptmotor drängten darauf, eine Bahnverbindung nach Nürnberg zu erhalten. Unterschiedliche Varianten wurden entwickelt, scheiterten jedoch vorerst an den hohen Kosten.

"Motorwagen Nummer1"

Vor allem der Erlanger Bürgermeister und Landtagsabgeordnete Dr. Johann Georg Schuh setzte sich bei der Regierung in München dafür ein, das Umland mit der modernen Verkehrstechnik an die Hugenottenstadt anzubinden. Gegenüber der heiß diskutierten Strecke nach Nürnberg hatte er einen starken Trumpf in der Hand: Die Strecke von Gräfenberg nach Erlangen konnte vorwiegend auf vorhandenen Straßen gebaut werden, wodurch sie weitaus billiger kam.

1886 war es soweit: Die erste Lok dampfte das Schwabachtal hinauf, die Fahrgäste winkten den Bürgern von Uttenreuth, Neunkirchen, Eschenau, Igensdorf und Gräfenberg zu, welche die Strecke säumten. 1886 war auch das Geburtsjahr des Automobils mit einem Verbrennungsmotor – Carl Benz meldete damals seinen "Motorwagen Nummer 1" als Patent an.

Größere Transporte übernahmen bis dahin im Erlanger Umland vorwiegend Pferdegespanne. Die Einrichtung der Bahnlinie stellte somit sowohl für Unternehmen als auch Privatpersonen einen enormen Fortschritt dar.

Johann Georg Schuh wollte sich freilich damit nicht zufrieden geben. Er war Mitglied der "Freisinnigen Partei" und trieb die Modernisierung seiner Heimat voran. Sein großes Engagement fiel auch den Nürnbergern auf, weshalb sie ihn 1892 zu ihrem Ersten Bürgermeister machten.

Das Gebiet nördlich der Noris war Schuh freilich längst ans Herz gewachsen, weshalb er weiter alles daran setzte, eine Bahnverbindung von Nürnberg nach Heroldsberg, Kalchreuth und Eschenau zu verwirklichen.

Der liberale Politiker pflegte eine enge Beziehung zum regierenden bayerischen Prinzregenten Luitpold und hatte schließlich mit seiner Initiative Erfolg. Erneut wurde hierbei Schuhs taktisches Geschick deutlich. Lange war der Bau der Strecke von Nürnberg nach Gräfenberg als zu teuer eingestuft worden. Durch die 1886 gebaute Sekundärbahn von Erlangen zum Ritter-Wirnt-Städtlein musste Anfang des 19. Jahrhunderts die Geleise dann nur noch bis Eschenau verlegt werden, was die bayerischen Regierung für finanzierbar hielt.

1908 tuckerte endlich der erste Zug von Nürnberg über Eschenau nach Gräfenberg. Zusammen mit der Seku, im Volksmund wegen des aus heutiger Sicht eher beschaulichen Tempos auch "Seekuh" genannt, verlieh die Gräfenbergbahn dem Erlanger und Forchheimer Oberland erhebliche Impulse.

Warentransport erleichtert

Für Firmen wurde der Warentransport wesentlich erleichtert. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger fanden in den aufstrebenden Industriestädten Erlangen und Nürnberg Arbeit, was gleichzeitig den Boom an Pendlern einleitete. Auch Jugendliche fuhren nun mit der Bahn in die Großstädte, um weiterführende Schulen zu besuchen oder eine Ausbildung zu absolvieren, die auf dem Land nicht angeboten wurde.

Umgekehrt genossen es die Großstädter, am Wochenende einen Ausflug mit der Bahn in die Hügellandschaft des Schwabachtales zu unternehmen. Zu verschiedenen Bierfesten wurden sogar Sonderzüge eingerichtet.

Dr. Schuh erhielt für seinen Einsatz zahlreiche Auszeichnungen. Unter anderem wurde er als Ritter von Schuh zunächst in den persönlichen und 1913 schließlich in den erblichen Adelsstand erhoben.

Der Siegeszug des Autos bedeutete freilich 1963 das Ende der Seku. Auch die Gräfenbergbahn stand bekanntlich auf der Kippe. Die Anwohner entlang der Strecke wollten eine Schließung jedoch nicht kampflos hinnehmen.

Der Bau der U-Bahn zum Nürnberger Nordostbahnhof und die Verlagerung der weltweit agierenden Firma Schwan-Stabilo, Hersteller von Schreibgeräten und Kosmetikprodukten, von Nürnberg nach Heroldsberg sprachen ebenfalls für eine Modernisierung der Strecke, die der Freistaat 1998 auch für umgerechnet etwa 27 Millionen Euro anpackte. Drei Jahre später wurden noch einmal elf Millionen Euro in neue Triebwagen investiert.

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