Fototour im "verlorenen Ort"

Erlangen: Wie der Himbeerpalast jetzt aussieht

3.9.2021, 12:28 Uhr
Stilvoll mit auf dem Flügeldeckel verstreuten Abzügen wird die Ausstellung "Lost Places Himbeerpalast" in der Siemens-Werksbibliothek in Szene gesetzt.

© Hans von Draminski, NN Stilvoll mit auf dem Flügeldeckel verstreuten Abzügen wird die Ausstellung "Lost Places Himbeerpalast" in der Siemens-Werksbibliothek in Szene gesetzt.

Hier war der Sitz der Verwaltung, von hier wurde der Weltkonzern Siemens zeitweilig gesteuert. Vorbei. Die Büros sind leer geräumt, die Flure menschenleer, Wie mehrfach berichtet, ist der denkmalgeschützte Gebäudekomplex an der Werner-von-Siemens-Straße mit der markanten roten Backstein-Fassade, der von 1948 bis 1953 hochgezogen wurde und ein typisches Beispiel für die Siemens-Nachkriegsarchitektur darstellt, von Siemens an den Freistaat Bayern übergeben worden, damit dort die FAU einziehen kann.

Jahrelanger Umbau

Bis allerdings die Philosophische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität die verwaisten Räume mit neuem Leben füllt, werden wohl ein paar Jahre vergehen. "Nach Sanierung, Umbau und Erweiterung wird der Himbeerpalast als Seminar-, Büro- und Bibliotheksgebäude den größten Teil der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie aufnehmen – mehr als 7000 Studierende sowie rund 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden dort Platz finden. Zudem entstehen in dem Gebäude das neue Sprachenzentrum, eine Cafeteria und ein zentrales Servicezentrum für alle Studentinnen und Studenten der FAU. Auch das Zentrum für Lehrerinnen- und Lehrerbildung wird hier untergebracht. Teil des komplexen Bauvorhabens ist die Errichtung eines modernen Bibliotheks-Neubaus, der das denkmalgeschützte Gebäude ergänzen wird", heißt es auf der FAU-Homepage.

Zwischen Vergangenheit und Zukunft

Genügend Zeit, noch einmal einen Blick in den Himbeerpalast zwischen Vergangenheit und Zukunft zu werfen. Dabei gingen die Mitglieder des Foto- und Videokreises Erlangen mit künstlerischem Auge an die Aufgabe, den "verlorenen Ort" wahrzunehmen und in Szene zu setzen. Ihre Bilder unterscheiden sich streckenweise sehr deutlich von dem, was ein der Dokumentation verpflichteter Pressefotograf aus dem Thema machen würde - irritierende Spiele mit Schärfe und Unschärfe inklusive.

Auch Außenaufnahmen des Himbeerpalasts sind zu sehen.

Auch Außenaufnahmen des Himbeerpalasts sind zu sehen. © Hans von Draminski, NN

Surreale Objekte

Da darf es gerne einmal das extreme Weitwinkel-Objektiv sein, das Wendeltreppen in beinahe surreale grafische Objekte verwandelt. Manchmal sind es auch nur Farbkontraste oder geometrische Figuren, von denen die Frauen und Männer hinter den Kameras bei ihrem Besuch der verlassenen Immobilie gefesselt wurden. Etwa beim Blick in den Veranstaltungssaal mit seinen leuchtend roten Sitzen. Gemeinsam ist den Bildern der Clubmitglieder jener Hauch von Vergänglichkeit, der in den an sich sorgsam gereinigten Räumen zu schweben scheint wie eine Ansammlung von Jahrhunderte altem Staub.

"Lost Places Himbeerpalast" ist der Abgesang auf eine vergangene Epoche.

"Lost Places Himbeerpalast" ist der Abgesang auf eine vergangene Epoche. © Hans von Draminski, NN

Stilvolle Präsentation

Stilvoll erscheint auch die Präsentation in der jetzigen Siemens-Werksbibliothek. Großformatige Abzüge, meist im Querformat und nicht mehr als zwei pro Stellwandseite, um wirken zu können. Dazu Name und Funktion der Fotografin/des Fotografen auf einem kleinen Beiblatt. Auf dem Bechstein-Flügel der Bibliothek, der übrigens auch früher im Himbeerpalast stand, sind die Fotos noch einmal als handliche 9X13-Abzüge verstreut und können von Bibliotheksgästen - die Bücherei steht auch der Öffentlichkeit offen - sogar käuflich erworben werden. Die Pförtnerin verrät, dass man schon Collagen für scheidende Kolleginnen und Kollegen aus dem Bildmaterial angefertigt habe. Und dass diese letzten Blicke auf die vergehende Pracht des Himbeerpalasts vor allem für die Siemens-Belegschaft "schon traurig" seien. "Lost Places Himbeerpalast": starker Abgesang auf eine fast vergangene Epoche.

  • Info: "Lost Places Himbeerpalast" ist zu den Öffnungszeiten der Siemens-Werksbibliothek (Schuhstraße 60) zu sehen: Dienstag und Mittwoch von 11 - 14.30 Uhr und von 16 - 17.30 Uhr; Donnerstag 11 - 14.30 Uhr und 16 bis 19 Uhr, Freitag 11 - 14.30 Uhr. Weitere Informationen hier.

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