Erlanger Friseur erwartet nach Ansturm eine Flaute

1.3.2021, 15:18 Uhr
Erlanger Friseur erwartet nach Ansturm eine Flaute

Als Karwan Kaki noch ein kleiner Junge war, als die kleine Schwester ihn nur "Lali" nannte, weil sie seinen Namen noch nicht aussprechen konnte, da hatte er einen Traum. Friseur wollte der heute 37-Jährige werden. Mit einer Schere, einem Kamm und einem Rasiermesser Menschen helfen und sie auf ganz einfachem Wege glücklich machen. "Wo geht das schon schneller und ohne Schmerzen, als wenn ich ihnen einen schönen Haarschnitt verpasse?"

"Dann bin ich glücklich"

Frisch rasiert, den Bart in Form getrimmt, die Augenbrauen vielleicht gezupft, die Härchen an Ohren und Nase entfernt, dazu frisch gewaschene, geföhnte, gelegte und geschnittene Haare: "Wenn die Kunden sich fühlen wie ein neuer Mensch und mit einem Lächeln aus meinem Laden gehen, dann bin ich glücklich", sagt Karwan Kaki.

Doch auch wenn der Inhaber des "Lali’s Barber Shop" in der Goethestraße nun endlich wieder seinem Lebensglück nachgehen kann und – wie alle Friseurinnen und Friseure – Menschen frische Haarschnitte und Rasuren verpassen darf, so hat sich doch durch die Coronakrise, wie er findet, alles geändert.

Umarmungen gehen nicht mehr

Der Chef trägt wie seine vier angestellten, darunter auch sein Bruder, eine FFP2-Maske über Nase und Mund. Schere, Maschine und Kamm halten Hände, die in Einweghandschuhen stecken. Zu den Rasuren ziehen die Friseure FFP3-Masken über, tragen zusätzlich ein Faceshield über dem Gesicht. Es sieht dann ein wenig so aus, als würde in einem Labor geforscht und nicht mehr beim Friseur an der Ecke unter Freunden gearbeitet, die sich oftmals seit Jahren schon gut kennen.

Doch auch die Kunden, die früher mit Umarmung und Pläuschchen begrüßt wurden, müssen sich nun die Hände desinfizieren und Maske tragen. Das Pläuschchen, das gehört schon immer noch dazu, aber nach dem Schnitt wird jeder Platz desinfiziert und die Werkzeuge ebenso, vor jedem Schnitt müssen immer die Haare gewaschen werden. "Es schafft Distanz. Und es kostet viel Zeit, die wir sonst lieber in die Arbeit mit den Kunden investieren", sagt Karwan Kaki. "Aber was hilft es schon? Wir sind natürlich froh, dass wir überhaupt öffnen können."

Verständnis für die Gastro

Das Verständnis für so viele andere Branchen ist hier im kleinen Laden in der Goethestraße, wo ein überdimensionaler Holz-Schnauzbart über den Spiegeln hängt, groß. Der Chef probierte sich schließlich selbst einst auch als Gastronom in Forchheim auf dem Weg zu seinem Traumjob, der ihn über München – "dort auch in der Goethestraße, auch nicht weit vom Bahnhof" – letztlich 2016 zum Meisterbrief und 2017 zum eigenen Friseur- und Barbershop führte. "Ich verstehe die Gastronomen, sie wollen ja auch nur endlich wieder Geld verdienen. Aber Essen und Trinken geht nur ohne Maske. Daher hoffe ich, dass es bald möglich ist, wenigstens an der frischen Luft die Gäste zu bedienen."

Nicht nur Kaki findet, auch den Friseuren kommt es zugute, wenn das Leben vor dem Virus zurückkehrt. "Das mit den Haaren war nicht ganz so schlimm – wir konnten ja nicht weggehen abends", sagt etwa Marcel. Der 25-Jährige war einer der ersten, die zum Telefon gegriffen und einen Termin vereinbarte – nun sitzt er als einer der ersten auch in "Lali’s Barbershop". Einmal im Monat ist er mindestens hier zum Haareschneiden. Dann ging das nicht mehr. Im Freundeskreis haben sie sich deshalb zwischenzeitlich gegenseitig mal die Haare geschnitten im Lockdown, damit sie nicht gar so lang auf dem Kopf herum lagen.

"Es kostet mehr Zeit"

Karwan Kaki sagt, das merke man als Friseur sofort. "Es kostet mehr Zeit, das wieder gerade zu schneiden. Aber klar: Was sollen die Menschen machen?"

Bisher kamen das Jahr über in etwa gleich viele Kunden in den Laden – so wie die Haare eben wuchsen. Nun haben sich die Schnitte aufgestaut. Wie sehr, das kann jeder im eigenen Spiegel sehen. Gestern haben sie deshalb einen Angestellten nur ans Telefon gesetzt – und wirklich: kaum aufgelegt, da klingelte es schon wieder.

Dutzende Mails und Anrufe

"Wir bekamen gleich dutzende E-Mails und Anrufe als klar war, dass wir wieder öffnen können", so Karwan Kaki. Vor Corona war der Laden montags immer geschlossen – "nun arbeiten wir sechs Tage in Schichten". Zudem versucht er flexibel zu bleiben: Ist der Bedarf hoch, arbeiten er und seine Mitarbeiter länger. Lässt die Nachfrage nach, kehrt er zu den alten Öffnungszeiten zurück.

Daran aber ist auf absehbare Zeit nicht zu denken: "Die ersten drei Tage sind wir komplett voll." Nur vereinzelt sind noch Termine zu bekommen. "Wir haben uns lang genug ausruhen können, jetzt müssen wir eben fleißig sein." Der Chef weiß aber auch: Das wird nur eine Momentaufnahme sein. Die Phase wird wieder abebben. "Es trifft uns jetzt eine Welle", sagt Kaki: "Jeder braucht jetzt einen Haarschnitt. Und dann wird die Zeit kommen, in der kaum mehr einer einen braucht." Bis dahin aber ist Karwan Kaki erst einmal zurück in seinem Lebensglück.

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