Lage spitzt sich zu

Kleeblatt-Verlegung von Covid-Kranken: So sieht es in Erlangen und Höchstadt aus

26.11.2021, 17:10 Uhr
Die von der Luftwaffe zur Verfügung gestellte Aufnahme zeigt das für einen Hilfseinsatz zur Verlegung von Intensivpatienten in der Corona-Pandemie umgerüstete Innere eines Überwachungsflugzeug A319OH

© Maurice Heck, dpa Die von der Luftwaffe zur Verfügung gestellte Aufnahme zeigt das für einen Hilfseinsatz zur Verlegung von Intensivpatienten in der Corona-Pandemie umgerüstete Innere eines Überwachungsflugzeug A319OH

Das Universitätsklinikum Erlangen (UKER) hat in den vergangenen Pandemiewellen immer wieder Covid-Patienten aus dem europäischen Ausland aufgenommen und damit insbesondere völlig überlastete Krankenhäuser in Italien entlastet. Nun könnten womöglich bald auch schwerkranke Corona-Patienten aus dem UKER in andere Bundesländer verlegt werden.

"Das Universitätsklinikum Erlangen ist bei den Kleeblatt-Verlegungen derzeit noch nicht dabei", sagt Sprecher Johannes Eissing, "auch wenn die Lage bei uns sehr angespannt ist." Am Freitag, 26. November 2021 lagen im UKER 59 Coronapatientinnen und -patienten, 22 auf einer Intensiv- und 37 auf einer Normalstation.

Bei den Kleeblattverlegungen sollen im Rahmen des sogenannten Kleeblatt-Systems Covid-19-Patienten auch bundesweit verteilt werden können, wenn in einzelnen Regionen der Kollaps von Krankenhäusern droht. Das System wurde vor dem Hintergrund der ersten Corona-Welle 2020 eingeführt.

Die Idee: eine unkomplizierte Patientenverlegung

Die Idee: Um Überforderungen bei einzelnen Krankenhäusern zu vermeiden, sollen innerhalb eines Kleeblatts, dem meist noch Nachbarbundesländer angehören, unkompliziert Patienten-Verlegungen möglich sein. Schon am Freitag, 26. November 2021, waren die ersten Bundeswehr-Flüge geplant, die bayerische Covid-Patienten vom Flughafen Memmingen aus nach Münster-Osnabrück in Nordrhein-Westfalen bringen sollten.

Derzeit reichen die Kapazitäten in der (Metropol-)Region noch aus. Noch können Covid-Patienten auf die umliegenden Häuser verteilt werden, erläutert dann auch Carsten Haeckel, der Geschäftsführer des Malteser Waldkrankenhauses St. Marien. Das heißt: Wenn die Einrichtung in der Rathsberger Straße an seine (Intensiv-)Kapazitäten stößt, werden Patienten etwa ins Universitätsklinikum Erlangen oder ins Klinikum Nürnberg oder Fürth verlegt. Erst wenn auch dort alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kommt es zu Verlegungen in entferntere Regionen oder sogar andere Bundesländer. Wann das für Erlangen der Fall sein könnte, ist ungewiss.

Planbare Operationen werden verschoben

Doch klar ist: Die Lage spitzt sich auch hier immer mehr zu, planbare Operationen werden ohnehin in den Häusern in und um Erlangen schon seit einigen Tagen weitgehend verschoben. So wurden - ebenfalls Stand Freitag, 26. November- im Maltester Waldkrankenhaus St. Marien 14 Covid-Patienten auf einer Normalstation und vier auf einer Intensivstation mit Beatmung behandelt. Die Intensivpflichtigen sind alle ungeimpft, auch bei den Patienten auf der Normalstation ist die überwiegende Zahl nicht gegen Sars-CoV-2 geimpft.

Auf der Normalstation könne man noch etwas mit der Patienten-Zahl hochgehen, sagt Haeckel, "bisher mussten wir von den Normalstationen in andere Häuser noch keine Patienten in andere Häuser verlegen." Anders aber sieht es mit Covid-Intensivpatienten aus: "Diese verlegen wir ab und zu ins Uni-Klinikum oder ins Klinikum Nürnberg oder Fürth".

Das liegt vor allem daran, dass die Zahl der Covid-Betten auf einer Normalstation im Waldkrankenhaus verhältnismäßig hoch ist, etliche Patienten aber dann auf eine Intensivstation müssen - und das Waldkrankenhaus dann an seine Grenzen kommt. "Noch haben wir das aber durch die Zusammenarbeit der Häuser in der Metropolregion geschafft", sagt Haeckel.

Aber, was ist, wenn sich die Situation verschärft? "Ich glaube, wir werden eine weitere Zuspitzung der Lage nur mit einer eindeutigen Arbeitsteilung zwischen den Krankenhäusern erledigen können, bei der die Maximalversorger, also das Uniklinikum sowie das Klinikum Nürnberg und Fürth, ihre maximalen Möglichkeiten im Bereich der Intensivversorgung realisieren."

"Arbeitsteilung ist dringend nötig"

Auch im Bereich der Normalpatienten müsste die Versorgung noch arbeitsteiliger werden, findet Haeckel, der selbst Mediziner ist. "Natürlich möchte man Intensivverlegungen möglichst vermeiden", sagt er, "aber ich glaube nicht, dass man daran herumkommt, wie man jetzt ja auch sieht." Er weiß nicht, wie man auf eine Verlegung der Intensivpatienten verzichten wollte, "ohne in die Triage zu kommen."

Deshalb müsse man Intensivpatienten, wie Haeckel sagt, "abverlegen" können. Wenn das aus Kapazitätsgründen nicht mehr im ersten Schritt in der unmittelbaren Umgebung erfolgen kann, folgt der zweite: die Verlegung in Form eines "Kleeblattes" aus der Metropolregion und dem Freistaat heraus in andere Bundesländer. Dieser Prozess ist dann hausübergreifend.

Im Universitätsklinikum Erlangen dürfen Besucherinnen und Besucher noch unter Beachtung der „2G Plus“-Regel die Gebäude betreten. 

Im Universitätsklinikum Erlangen dürfen Besucherinnen und Besucher noch unter Beachtung der „2G Plus“-Regel die Gebäude betreten.  © Klaus-Dieter Schreiter, NN

Hausübergreifend funktioniert vieles jetzt schon. Die Klinik St. Anna in Höchstadt ist eines der 14 Krankenhäuser mit Akutversorgung in der Region und steht im stetigen Austausch mit den anderen Krankenhäusern der Region, die zum Teil schon in die „Kleeblatt“-Strukturen verlegt haben, berichtet der Chefarzt für Innere Medizin und Ärztliche Leiter Martin Grauer.

Auch das Kreiskrankenhaus im Landkreis Erlangen-Höchstadt spielt in der Covid-Versorgung eine wichtige Rolle. Ebenfalls am Freitag, 26. November, wurden dort zwei Covid-Patienten auf einer Intensivstation mit Beatmung behandelt, davon war ein Patient geimpft, ein anderer nicht geimpft. Auf der Isolierstation lagen zwölf Covid-Patienten, die Mehrheit über 75 Jahre und geimpft.

Nach Einrichtung einer reinen Covid-Isolierstation mit formal 16 Betten im ersten Stock und strikter Trennung von Covid/Non Covid ist die Sicherheit bei Personal und Patienten deutlich erhöht worden, erläutert der Klinik-Chef. Noch nimmt das Kreiskrankenhaus weiterhin Patienten auf: "Wir sind auch handlungsfähig", sagt Grauer.

Kritisch sieht der Ärztliche Leiter jedoch die vorgeschriebenen Covid-Schnelltestungen bei Personal und Besuchern. "Der Aufwand ist erheblich. Wir führen derzeit bei allen Mitarbeitenden täglich früh einen Covid-Schnelltest durch." Für die Drittgeimpften, das sind derzeit 40 Prozent der Mitarbeitenden, wären laut Grauer zwei Testungen pro Woche "völlig ausreichend".

Erforderliche Nachweise

Mit den erforderlichen Nachweisen will die Politik die Sicherheit in den entsprechenden Einrichtungen erhöhen. Die Krankenhäuser selbst verschärfen aus eben diesem Grund zum Teil auch ihre Besuchsregelungen. So gibt es am Waldkrankenhaus ab Montag, 29. November 2021, erneut ein weitgehendes Verbot, ausgeschlossen sind medizinische Extremsituationen wie Sterbebegleitung. "Der normale Regelbetrieb bei Besuchen wird ab nächster Woche leider nicht mehr möglich sein", sagt Haeckel.

Im Höchstadter Kreiskrankenhaus gilt bereits seit Mittwoch, 24. November 2021, ein Betretungsverbot. Ausnahme gibt es bei Besuchen auf der Intensiv- und Palliativstation. Auch im Klinikum am Europakanal in Erlangen sind bis auf weiteres keine Besuche mehr zugelassen. Ausgenommen hiervon ist die Begleitung von Sterbenden.

Im Universitätsklinikum Erlangen hingegen dürfen Besucherinnen und Besucher noch unter Beachtung der „2G Plus“-Regel die Gebäude betreten, müssen also vollständig geimpft oder genesen sein und zusätzlich einen negativen Sars-CoV-2-Test (Antigen-Schnelltest nicht älter als 24 Stunden oder PCR-Test nicht älter als 48 Stunden) vorlegen. Auf der Piazetta (Ulmenweg 18, vor dem Parkhaus) steht seit Montag, 22. November 2021, ein Bürgertestzentrum bereit.

Mehr Informationen zu den aktuellen Besucherregelungen gibt es hier für das Universitätsklinikum, für das Waldkrankenhaus oder das Kreiskrankenhaus in Höchstadt.