Es wird gestritten

Bürger- vs. Ratsbegehren: Im Eggolsheimer Gemeinderat fliegen die Fetzen

9.5.2020, 12:00 Uhr
Zentraler Knackpunkt der anstehenden Bürgerentscheide: Auf dieser Wiese mit alten Obstbäumen unweit des Friedhofes sollen nach den Vorstellungen der Gemeindeverwaltung Mehrfamilienhäuser enstehen. Das Bürgerbegehren ist dagegen.

© Berny Meyer Zentraler Knackpunkt der anstehenden Bürgerentscheide: Auf dieser Wiese mit alten Obstbäumen unweit des Friedhofes sollen nach den Vorstellungen der Gemeindeverwaltung Mehrfamilienhäuser enstehen. Das Bürgerbegehren ist dagegen.

„Herr, wir bitten Dich um Herz und Verstand, damit unsere Politik gelingt....“ Die Fürbitten, gesprochen von Kirchenpfleger und CSU-Rat Georg Eismann waren kaum verklungen, die neun Neuräte eben vereidigt, da knallten die Fronten zwischen Bürgerbegehren und Ratsbegehren gleich hart aufeinander.

Hochgeschaukelt hatte sich die Kontroverse zunächst am Verwaltungsvorschlag für die Erhöhung des Sitzungsgelds: „Ich würde sehr für die Anhebung von drei auf vier Euro je angefangene Viertel Stunde plädieren“, denn das führe zu einem Stundensatz von 16 Euro, rechnete Bürgermeister Claus Schwarzmann (Bürgerbund) vor. Die FW-Vorsitzende Irmgard Heckmann entgegnete: „Eine Erhöhung jetzt ist nicht sinnvoll, es werden Steuereinbrüche kommen, die Situation ist nicht überschaubar. Lieber in drei Jahren neu beraten.“ Die Erhöhung jetzt sei das falsche Signal, schloss sich Martin Distler (Grüne) an.

Das sind sie, die Mitglieder des neugewählten Gemeinderats von Eggolsheim. Doch aufgrund des umstrittenen Bebauungsplanes an der Schirnaidler Straße hängt der Gemeindefrieden zurzeit schief.

Das sind sie, die Mitglieder des neugewählten Gemeinderats von Eggolsheim. Doch aufgrund des umstrittenen Bebauungsplanes an der Schirnaidler Straße hängt der Gemeindefrieden zurzeit schief. © Marquard Och

Mit neun gegen zwölf Stimmen fielen die 16 Euro durch, es bleibt also bei zwölf Euro. Zum Beschluss über die Geschäftsordnung beantragten die Jungen Bürger, die Ladungsfristen von bisher fünf auf zehn Tage zu verlängern, um eine ausgiebige Vorbereitung zu ermöglichen.

JB-Fraktionsführer Martin Albert stellte die Sicht der Verwaltung in Abrede, zehn Tage würden „unflexibler“ machen. Schwarzmann erklärte, dringliche Angelegenheiten seien beim Einverständnis aller Räte noch am Sitzungstag in die Tagesordnung aufgenommen worden – „unser Bemühen wird es sein, Unterlagen schon bis Donnerstagmittag zuzustellen. Bei allem Respekt für den Antrag, mir geht’s um schnelleres Handeln für die Bürger“. Stefan Pfister (Bürgerbund) zeigte sich angriffslustig mit Blick auf Albert: „Die Vorgaben bisher waren praktikabel, als ,Neuer‘ würde ich mich da zurücknehmen.“

Bürgermeister Schwarzmann erklärte dann, dass der Haushalt drei Wochen vor der Sitzung zugestellt worden sei, die größte Leistung der Kämmerei. „Es gab die Möglichkeit mit mir, Stefan Loch oder Johannes Götz Rücksprache zu halten“, so Schwarzmann. Martin Distler wollte die fünf bis sechs Tage in der Geschäftsordnung fixiert haben; das lehnte Scharzmann ab – aber: „Es kommt ins Protokoll.“ Hans-Jürgen Dittmann (CSU) wurde ungehalten: 24 Jahre habe man mit den Gegebenheiten leben können, „aber jetzt gibt es unfassbare Probleme, siehe Schirnaidler Straße“, so Dittmann. „Wir hatten immer das Gefühl, durch die Bürgerbund-Vorberatungen hinten dran zu sein“, setzte er hinzu.
„Lieber Hans, die Einlassung zur Schirnaidler kann ich nicht nachvollziehen, aber ich bin stolz, bei meiner Linie geblieben zu sein.

Jeder Gemeinderat kriegt die gleichen Unterlagen. Wir setzen uns seit 24 Jahren montags vor Sitzungen zusammen, wenn’s sein muss auch am Sonntagabend. Demokratie ist halt ein hartes Geschäft“, endete die Retourkutsche. Zuletzt gab es 7:14 Stimmen gegen den JB-Antrag und 18 Stimmen für Schwarzmanns Zusage, die Unterlagen am Donnerstag zuzustellen. Gegenstimmen kamen von Albert und seinem Parteikollegen Zacharias Zehner.

"Es geht um unser Selbstverständnis"

Zuvor ging Schwarzmann, nunmehr zum fünften Mal als Bürgermeister bestätigt, auf die Corona-Pandemie ein: Gesundheitlich sei die Gemeinde gut durch die Krise gekommen, „froh bin ich über unser Staats- und Gesundheitssystem, über die Disziplin der Menschen“.
Schwarzmann sei dankbar, „hier zu leben“. Wirtschaftliche Einbußen aber „werden es verlangen, Prioritäten zu setzen“.

Spitzen setzte er gegen das Bürgerbegehren. Der alte Marktrat habe mit 17:1 klar für mehr Baugrund für Einheimische an der Schirnaidler Straße entschieden, dabei dem Erhalt von viel Natur berücksichtigt, sagt Schwarzmann. Das Bürgerbegehren sei für weniger und kleinere Bauplätze. Dann wurde er noch deutlicher: Das Begehren (mit über 1000 Unterschriften) stelle den gesamten ehemaligen Rat in Frage, „es geht elementar um unser Selbstverständnis als Rat“, meinte er. „Was die Mehrheit will, wird gemacht. Aber gewinnt das Bürgerbegehren, können wir keine Grundstücke mehr auf Vorrat kaufen, vor dem Bebauungsplan keine Vereinbarungen mehr treffen. Brutal sage ich: das wäre ein ,armes‘ Eggolsheim.“

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