Corona-Krise im Landkreis Forchheim: Alles bleibt anders

24.3.2020, 06:00 Uhr
Corona-Krise im Landkreis Forchheim: Alles bleibt anders

© Giulia Iannicelli

Die Kommunalpolitikerinnen und -politiker müssen sich auf neue Zeiten einstellen: In den nächsten Wochen, so lange wegen der Pandemie die Ausgangsbeschränkungen gelten, sollen Stadt- und Gemeinderäte, auch ihre Ausschüsse, nur noch dann tagen, wenn unverzichtbare und unaufschiebbare Beschlüsse zu fassen sind. Das empfiehlt das bayerische Innenministerium. Und nicht nur das.

Hintergrund ist natürlich die hohe Ansteckungsgefahr durch Covid-19. Deshalb sollen Sitzungen, so sie denn stattfinden müssen, so organisiert sein, dass der Sicherheitsabstand von mindestens anderthalb Metern zwischen den Teilnehmern und Teilnehmerinnen gewährleistet ist. Das heißt: Dafür müssen auch ausreichend große Räume gefunden werden.

"Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir genügend Platz haben", sagt Neunkirchens scheidender Bürgermeister Heinz Richter (FW). Daher hat er "innerbetrieblich viel verändert" und die Verwaltung "räumlich entzerrt", erzählt Richter. Vierer- wurden zu Zweier-Büros umgebaut. Besprechungszimmer sind jetzt Büros: "Besprechungen haben wir ja nicht mehr."

Im zehnköpfigen Bauhof ließ Richter Zweierteams bilden. Ebenso in der vierköpfigen Belegschaft des Wasserwerks. Immer zwei Wasserwerker arbeiten nun mit Laptops von Zuhause aus. In den Fachbereichen der Verwaltung sitzt ebenfalls immer mindestens einer zuhause im Homeoffice.

"Das Fenster ist offen, man hört keine Autos, keine Menschen." Hanngörg Zimmermann (FW), Bürgermeister von Gößweinstein, sitzt mitten im Ort und könnte die Ruhe genießen. Aber sie macht ihn nicht froh, wenn er daran denkt, was damit verbunden ist: kein Tourismus, keine Gastronomie, keine Geschäfte. 

Im Rathaus werden notwendige Besprechungen mit Sicherheitsabstand abgehalten, erzählt er. "Telefon und Mail funktionieren ja auch." Bürger, die etwas abholen wollen, bekommen es auch ausgehändigt, nämlich so: "Tür auf, die Sachen rauslegen, Tür wieder zu."

Wie überall ist auch in Gößweinstein die Verwaltung für den Publikumsverkehr geschlossen: "Eine Kollegin mit Kind im Kita-Alter haben wir komplett nach Hause geschickt", weil sie keine Betreuung hat. Im privaten Bereich, so Zimmermann, hat er am Wochenende schon seine erste Video-Konferenz erlebt.

"Heute morgen bin ich erst einmal ins Büro gekommen und habe überall gefragt, wie es denn so geht." Denn auch das "persönliche Empfinden" der Mitarbeitenden sei ja wichtig. Jeder nimmt diese Phase der Verunsicherung anders auf.

In Ebermannstadt haben Mitarbeiter mit kleinen Kindern eine zehntägige Dienstbefreiung erhalten. Die Verwaltung räumlich entzerrt hat auch Forchheims Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD). Die Stichwahl wird er nur von eigenen Mitarbeitenden auszählen lassen, um der Gefahr einer Ansteckung durch ehrenamtliche Helfer vorzubauen. Dafür verschiebt Forchheim sogar die Auszählung auf Montagfrüh, 8 Uhr.

Im Landratsamt finden Besprechungen nur noch telefonisch statt, berichtet Holger Strehl von der Pressestelle. Auch die regelmäßige Sitzung der Geschäftsbereichsleiter mit dem Landrat. OB Kirschstein dagegen trifft sich in einem "ausreichend großen Raum" noch mit bis zu acht Vertretern der Referate zur Montagslage: "Wir haben die Personenzahl schon reduziert."

Dasselbe wird für die Haushaltsberatungen des Finanzausschusses des Stadtrates im Saal der Feuerwehr gelten: Anders als sonst werden die Vertreter der Verwaltung nur per Telefon zugeschaltet. So haben alle Stadträte des Ausschusses genügend Platz mit Sicherheitsabstand am Donnerstag, 2. April.

Das bayerische Innenministerium empfiehlt den Kommunen grundsätzlich nicht nur, bei unaufschiebbaren Themen und Beschlüssen zu tagen, sondern auch die Personenzahl so weit als möglich zu reduzieren - mit dem Instrument des "Ferienausschusses".

Das bedeutet: Nicht das Gesamtgremium muss sich zu einer Sitzung treffen, also der komplette Gemeinde-, Stadtrat oder Kreistag, sondern nur ein Ausschuss. Der "Ferienausschuss" ist bei den meisten Gemeinden im Landkreis nicht in der Geschäftsordnung vorgesehen. Er soll normalerweise dann tagen, wenn in Ferienzeiten Unaufschiebbares zu entscheiden ist. Um ihn einzurichten, muss das Gesamtgremium die Geschäftsordnung ändern. "Da beißt sich die Katze in den Schwanz", glaubt Bürgermeister Heinz Richter.

Dem ist aber nicht so. Denn das Ministerium hat auch dafür eine Lösung: Sollte ein Ferienausschuss erst eingerichtet werden müssen, so kann dies "im Umlaufverfahren" gemacht werden. Das bedeutet laut Holger Strehl vom Landratsamt, ganz konkret bezogen auf den Kreistag: "Alle Kreisräte erhalten auf dem Postweg ein Schreiben, auf dem sie ankreuzen können, ob sie mit der Einrichtung eines Ferienausschusses einverstanden sind." Also eine Art Briefwahl ohne Präsenzpflicht aller in einem Raum.

Der Landrat möchte den Kreisausschuss als wichtigstes Gremium nach dem Kreistag zum Ferienausschuss erklären. Diese Runde erhielte dann dieselben Entscheidungsrechte wie das Gesamtgremium.

Eine schwere Entscheidung hat die Stadt Ebermannstadt getroffen, wie Pressesprecher Andreas Kirchner mitteilt: Die Feier zu 50 Jahren Partnerschaft mit Chantonnay am letzten Mai-Wochenende wurde nach Rücksprache mit den französischen Partnern abgesagt, inklusive der Mini-Olympiade am 1. Juni: "In Frankreich ist alles noch ein wenig schlimmer", so Kirchner. Bei Gesprächen habe man heraushören können, dass in Chantonnay selbst nach einer deutlichen Besserung der Lage keine große Bereitschaft besteht, "gleich wieder weiter weg zu fahren".

Die nächste Stadtratssitzung wird in Ebermannstadt erst am 20. April stattfinden: "Die brauchen wir für bestimmte Beschlüsse." Heinz Richter will am 29. April den Neunkirchener Gemeinderat einberufen, kurz vor der Amtsübergabe am 1. Mai. Auch in Forchheim wird der Stadtrat (oder der Ferienausschuss) erst Ende April wieder tagen, die Sitzung am 31. März entfällt, so OB Kirschstein.

Entfallen wird auch am 16. Mai der "Tag der Städtebauförderung". Und ob die feierliche Kellerwalderöffnung Ende April stattfinden kann, steht noch nicht fest: "Der Vorlauf dafür ist relativ kurz, daher können wir dazu noch nichts sagen."

Am Freitag, 3. April, sollten die Neunkirchener Kulturtage beginnen und einen Monat lang laufen. Laut Bürgermeister Richter wird wohl alles abgesagt: "Jedenfalls alle Veranstaltungen in Räumen der Marktgemeinde."

 

 

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