Coronavirus: Familie mit positiv getesteten Kindern im Wechselbad der Gefühle

23.9.2020, 07:30 Uhr
Coronavirus: Familie mit positiv getesteten Kindern im Wechselbad der Gefühle

© Foto: Ralf Rödel

Sie haben überlegt, ob sie ihre Geschichte wirklich erzählen sollten, sagt Katrin Heinze. Anfangs hatten sie große Angst vor massiven Vorwürfen. Von Leuten, die ihnen vorwerfen, überhaupt Urlaub im Ausland gemacht zu haben. Die ihnen unterstellen, dort nicht richtig aufgepasst zu haben. Von Eltern, deren Kinder nun wieder mit dem Homeschooling kämpfen – ihretwegen. Oder im schlimmsten Fall von Betroffenen, die sich angesteckt haben. All das blieb aus. "Gott sei Dank", sagt Katrin Heinze. Was nicht ausblieb, war das Wechselbad der Gefühle und ein nie gekannter Hygiene-Aufwand.

"Spaß hat es keinen gemacht, absolut nicht, aber es war unterm Strich richtig", das sagt sie sich selbst immer wieder und auch jedem, mit dem sie spricht. Denn: "Hätten wir uns nicht testen lassen, wäre zwar kein Mensch drauf gekommen, dass wir das Virus mitgebracht haben." Aber was wäre dann passiert? Welche Kreise hätten die Infektionen dann gezogen? Wer hätte sich alles anstecken können?


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Eine Ahnung davon bekamen sie, als sie nach den zwei positiven Ergebnissen für das Gesundheitsamt Listen mit den Kontakten ihrer beiden Söhne zusammenstellten. "Wenn man sich dann noch überlegt, mit wem die wiederum alles Kontakt hatten, wer vielleicht gerade seine Großeltern besucht hat, und sich dann ausmalt, was alles passieren könnte, das ist einfach Wahnsinn", erzählt die Mutter und fügt an: "Die Kreise, die so eine Sache zieht, sind viel größer, als man sich vorher vorstellen kann." So waren sie froh um jede einzelne Nachricht und jeden Anruf, durch die sie von negativen Ergebnissen der Kontaktpersonen erfahren haben.

Komplett abhängig

Nebenbei änderte sich auch ihr Alltag schlagartig. Alles musste organisiert werden – vom Brötchenkauf bis zum Gassiführen des Hundes. "Die gute Erfahrung ist: wir haben so viele Hilfsangebote bekommen", freut sich Katrin Heinze. Eine Freundin holt jeden Tag den Hund am Gartentor ab, um mit ihm spazieren zu gehen.

Parallel dazu ist das "Gesundheitsamt mit uns bis ins kleinste Detail durchgegangen, wie wir uns verhalten sollen, um eine mögliche Ansteckung zu verhindern", berichtet sie. Die Heinzes entschieden, alle drei Kinder in ihren Zimmern zu lassen. Nur die Mutter kochte, ihre Söhne durften in der Küche nichts anfassen. Die Duschzeiten wurden eingeteilt, damit danach genügend lang gelüftet werden konnten. "Es war zum Glück kein so großes Problem, weil wir die Fenster eigentlich über die gesamte Zeit offen lassen konnten." Aber: "So viel Desinfektionsmittel wie in diesen zwei Wochen hat unser Haus noch nie gesehen", meint Katrin Heinze.

Die Jungs, die im Übrigen beide überhaupt nichts von der Infektion spürten, durften nur mit Mundschutz ihr Zimmer verlassen. "Der Große hat das ganz gut weggesteckt, er ist mit 16 Jahren auch schon selbstständiger und hat online viel Kontakt zu seinen Freunden behalten", erzählt seine Mutter.

Ihr jüngerer Sohn habe mit elf Jahren gerade in den ersten Tagen schon sehr mit der Situation zu kämpfen gehabt. Lesen, Computer spielen, Fernsehen, viele Möglichkeiten hatte er nicht.

Erst als sich Lehrer und Schule auf das erneute Homeschooling eingestellt hatten und die ersten Online-Unterrichtsstunden stattfanden, lief es besser. "Dann hatte auch er einen Tagesplan und vor allem Kontakt nach außen und zu seinen Mitschülern."

Quarantäne endete

Während die, genauso wie der Rest der Familie, noch bis Donnerstag in Quarantäne bleiben müssen, dürfen er und sein älterer Bruder nun wieder raus. Am 18. September endete ihre Quarantäne bereits. "Weil man ja als Infizierter gar nicht so lange ansteckend ist." Jetzt müssen die beiden dafür sorgen, dass die Familie mit Lebensmitteln versorgt wird.

Am kommenden Wochenende ist für alle fünf Familienmitglieder erste freie Tag. "Noch haben wir uns nichts dafür vorgenommen", erklärt Katrin Heinze. Dafür haben die Zeit - beide Eltern konnten im Homeoffice weiter arbeiten – und auch ein wenig die Nerven gefehlt. Eines aber ist klar: "Auf jeden Fall müssen wir raus aus dem Haus."


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Bis heute wissen die Heinzes im Übrigen nicht, wo und wie sich ihre beiden Jungs infiziert haben können. "Wir hatten im Urlaub weniger Kontakt zu anderen als zu Hause", berichtet die Mutter. Trotzdem müssen sich die Kinder irgendwo dieses Virus eingefangen haben.

"Uns und viele aus unserem Bekanntenkreis hat das schon wachgerüttelt. Dieses Virus verbreitet sich offensichtlich doch schneller, als man schauen kann." Deshalb ist eine Erkenntnis aus der ganzen Sache: "Nicht Nicht-Testen", aber zwischen Test und Testergebnis so wenig Kontakte wie möglich haben.

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