Eggolsheim: Weiter Streit um Neubaugebiet Schirnaidler Straße

25.5.2020, 17:26 Uhr
Um diese Fläche und Streuobstwiese scheiden sich die politischen Geister in Eggolsheim, auch wenn die Bürger mehrheitlich ihr Okay für das dort geplante Baugebiet beim jüngsten Bürgerentscheid erteilt haben.

Um diese Fläche und Streuobstwiese scheiden sich die politischen Geister in Eggolsheim, auch wenn die Bürger mehrheitlich ihr Okay für das dort geplante Baugebiet beim jüngsten Bürgerentscheid erteilt haben.

"Mit gerade mal 55 Prozent Mehrheit hat die Bevölkerung für das Ratsbegehren gestimmt und damit den Weg für die Bebauung des Biotops an der Schirnaidler Straße frei gemacht", teilt der Ortsverband der Eggolsheimer Grünen aktuell mit. Man akzeptiere die knappe Entscheidung gegen den Bürgerentscheid "mit großem Bedauern", freue sich aber gleichzeitig am nachweislichen Zuspruch und großem Interesse der Bevölkerung an mehr Nachhaltigkeit und Naturnähe."

45 Prozent der Eggolsheimer hätten sich im Umkehrschluss "nicht von Drohgebärden aus dem Eggolsheimer Rathaus einschüchtern lassen" und "für eine Wohnraumschaffung im Einklang mit der Natur gestimmt".

Brisante Warnung

Hintergrund: Wie berichtet, hatte Bürgermeister Claus Schwarzmann (BB) in seinem Grußwort in der Gemeindezeitung vor einem "Millionenverlust" gewarnt, sollte das Baugebiet nicht kommen. "Diesen können wir uns nicht leisten! Und schon gar nicht in Zeiten, in denen uns wegen der Corona-Krise Einnahmeverluste vor allem bei der Gewerbesteuer in Millionenhöhe drohen", hieß es da weiter.

Schwarzmanns Verknüpfung des umstrittenen Bauvorhabens mit eventuellen finanziellen Einbußen mit der Pandemie stieß vielen sauer auf – allen voran Martin Albert (JB) als Initiator des Bürgerehrens.

Vogel- und Tierwelt muss beachtet werden

Die 45 Prozent der Stimmen für das Bürgerbegehren sind für die Grünen jedenfalls "ein klares Signal, dass es ein ,Weiter so‘ nicht geben darf". Der Ortsverband fordert die Verwaltung nicht nur dazu auf, die Ergebnisse der von den Grünen beauftragten Untersuchung zur Vogel- und Tierwelt (allen voran auf der umstrittenen, zur Bebauung vorgesehenen Obstbaumwiese neben dem Friedhof) bei der weiteren Planung und Ausgestaltung der Ausgleichsflächen zu berücksichtigen. Auch bedürfe es nach Ansicht der Grünen "einer deutlichen Neuausrichtung" künftiger Baugebiete in Eggolsheim – "hin zu kleineren Einheiten ohne Verlust an Wohnqualität".

Die zuletzt teils hitzig geführten Diskussionen zur Schirnaidler Straße nehmen die Grünen außerdem zum Anlass, ein neues Verkehrskonzept in und um das geplante Wohngebiet zu fordern. Und: eine "Neuausrichtung" der Eggolsheimer Finanzpolitik. Denn: "Ein Biotop werden wir nicht jedes Jahr versilbern können", meint der Ortsverband.

Der Bürgermeister kann die Kritik der Grünen nur schwer nachvollziehen – und widerspricht: Mitnichten habe es ,Drohgebärden‘ aus dem Rathaus gegeben. In der Gemeindezeitung sei den Bürgerbegehrlern wie auch den Grünen "jeder Platz der Welt eingeräumt" worden, um für ihre Anliegen zu werben, sagt Schwarzmann. Er selbst ist der Ansicht, im Amtsblatt lediglich auf den im Februar beschlossenen Haushalt verwiesen zu haben, in dem Einnahmen aus dem Neubaugebiet miteinbezogen sind. "Und wenn die nicht kommen, müssen wir eben woanders was kürzen." Das sei keine Drohgebärde gewesen, sondern eine Feststellung, meint der Rathauschef.

"Es ist kein faktisches Biotop"

Über die mehrfache Verwendung des Wortes "Biotop" von den Grünen ärgert er sich besonders: "Es ist kein faktisches Biotop und auch nicht als solches kartiert", sagt Schwarzmann. "Ich habe die Mitteilung der Grünen gelesen. Und wir bebauen hier kein Biotop, ich würde nie ein Biotop bebauen." Es handle sich um eine einfache Wiese "mit einem gewissen ökologischen Wert, den wir im Rahmen der Bauplanung von einem Gutachter untersuchen ließen", so der Bürgermeister.

Im Zuge der zwischenzeitlichen Planänderungen lasse man "sowieso die meisten der Bäume stehen und wir werden es nochmal mit Blick auf Ausgleichsflächen in einem ordnungsgemäßen Verfahren begutachten". Er, Schwarzmann, "liebe die Grünen auf überörtlicher Ebene und ich gebe ihnen oft meine Stimme", aber in der Mitteilung des Ortsverbandes werde "mit Halbwahrheiten und Unterstellungen operiert".

Bei der Frage beziehungsweise Forderung nach einem neuen Verkehrskonzept stützt sich das Gemeindeoberhaupt auf die Ergebnisse einer Verkehrszählung im Rahmen der Isek-Planungen. Er kenne die Situation vor Ort an der Schirnaidler Straße sehr genau: "Man steht da so oft alleine auf der Straße", sagt Schwarzmann. Der Großteil der Autos biege entweder bei der Schule oder beim Kindergarten ab. "Der meiste Verkehr reicht also gar nicht bis zum künftigen Neubaugebiet", so Schwarzmann. Wegen "dieser 40 Wohneinheiten" ein neues Verkehrskonzept zu verlangen, hält der Bürgermeister – "bei einer derart ausgebauten Straße" – für fragwürdig.

Zusammenarbeit gefragt

Nichtsdestotrotz will Schwarzmann in der ganzen Debatte um die Schirnaidler Straße "kein weiteres Öl ins Feuer gießen", es brauche nun Akzeptanz ("Der Bürgerentscheid ist bindend") und Kooperation. Das ist auch im Sinne des Wortführers der Bürgerbegehrler, Martin Albert: "Wir bieten der Gemeinde hier einen offenen Dialog an, damit sich das Baugebiet in der Schirnaidler Straße auch in Zukunft bestmöglich ausgestalten lässt."

Das Bürgerbegehren sei von Beginn an als "konstruktiver Verbesserungsvorschlag" zum Bauvorhaben gedacht gewesen, so Albert. Und man wolle den 45 Prozent der Eggolsheimer, die für seine Initiative waren, weiter eine Stimme geben. Dafür sei es "spätestens, jetzt nach dem Bürgerentscheid" vonnöten, die eingegangenen Stellungnahmen aus der öffentlichen Auslegung der Baupläne im Gemeinderat zu diskutieren. Das müsse "dringend nachgeholt werden, um das weitere Optimierungspotenzial an der gemeindlichen Planung herauszuarbeiten", sagt Albert.

Solche Optimierungsmöglichkeiten sehen er und seine Mitstreiter unter anderem bei der Straßenführung im Neubaugebiet als auch in der Anordnung der zu schaffenden Parkplätze für die Mehrgenerationenhäuser.

Darüber hinaus regt Albert neue Konzepte im Umgang mit gemeindlichen Naturräumen an. "Viele Ausgleichsflächen und Baumpflanzungen der Gemeinde werden bisher leider nach der Pflanzung nur sehr stiefmütterlich behandelt", meint er. "Wir schlagen hier ein Monitoring über die Flächen mit einer professionellen Pflege durch Fachkundige vor."

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