Bürger ärgern sich

Einwohnermeldeamt Forchheim im Notbetrieb: "Ist das ein April-Scherz?"

27.7.2021, 06:00 Uhr
Am Dienstag, 27. Juli 2021, steht diese Schlange kurz vor 9 Uhr vor dem Einwohnermeldeamt, das ab sofort nur noch im Notbetrieb geöffnet hat.

© Ulrich Graser Am Dienstag, 27. Juli 2021, steht diese Schlange kurz vor 9 Uhr vor dem Einwohnermeldeamt, das ab sofort nur noch im Notbetrieb geöffnet hat.

Herbert Wenger hat am Montagmorgen spürbar wenig Lust auf ein Gespräch mit dem NN-Reporter - weshalb er weder seinen richtigen Namen lesen, geschweige denn ein Foto von sich selber in der Zeitung sehen will: Von sich, wie er vor den geschlossenen Türen des Forchheimer Einwohnermeldeamts steht. "Ist das ein später April-Scherz?", fragt er mit Ärger in der Stimme.

Das Amt hat, wie berichtet, seit Mitte letzter Woche komplett geschlossen und öffnet erst am Dienstag wieder - aber nur im Notbetrieb mit verkürzten Öffnungszeiten. Laut Mitteilung der Stadt sei das aus "personellen und organisatorischen Gründen" notwendig geworden.

Ein Hinweis-Blatt an der Tür verkündet den Notbetrieb des Amtes. 

Ein Hinweis-Blatt an der Tür verkündet den Notbetrieb des Amtes.  © Ulrich Graser

Mit anderen Worten: Zu einer ohnehin seit geraumer Zeit angespannten Personalsituation kamen nun noch Krankheitsfälle dazu. Im Normalbetrieb sind nach Rathaus-Angaben insgesamt etwa fünf Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit im Meldeamt tätig. Jetzt aber fehlt dem Amt schlichtweg das Personal. Und das in der Phase des Jahres, in der es wegen der nahenden Sommerferien und Urlaubszeit besonders gebraucht wird.

Zum Beispiel von Herbert Wenger, der mit seiner Frau bald verreisen will: Gebucht haben sie eine Woche in der Normandie, Ende August soll es losgehen. Wenger braucht einen neuen Reisepass, der alte ist abgelaufen. "Das ist mir erst vorgestern aufgefallen. Wir waren seit 2016 nicht mehr im Ausland und dann kam Corona und an Reisen konnte man in letzter Zeit ja gar nicht mehr denken."

Also ist er - "naiv, wie ich bin" - in die Sattlertorstraße geradelt, um dort festzustellen, dass "da dieses DIN-A4-Blättchen an der Tür hängt, dass man geschlossen hat und erst morgen für Notfälle wieder auf macht". Die Meldung über die Schließung habe er wohl in der Zeitung "überlesen". Und abblasen müssen die Wengers ihren Urlaub - "gottlob" - auch nicht, immerhin haben sie gültige Personalweise, die für Reisen innerhalb der EU genügen. Trotzdem komme er sich "ordentlich verschaukelt" vor.

Der Forchheimer setzt sich wieder auf sein Rad und meint resigniert: "Auf Behörden kann man sich halt verlassen..." Im Wegfahren fragt er: "Wie kann es denn sein, dass das wichtigste Amt für uns Bürger einfach dicht macht?" - und schüttelt den Kopf.

Ob alteingesessen oder Neubürger: Dass man für den Gang auf Einwohnermeldeämter üblicherweise viel Sitzfleisch mitbringen muss, ist nichts Neues (Nürnberger, wie der Autor dieser Zeilen, können das bezeugen). Die komplette Schließung der Behörde aber ist, zumindest für Forchheim, ein bislang einmaliger Vorgang.

Viele wie Helmut Wenger fragen sich, wie es überhaupt so weit kommen konnte; vor allem, nachdem die Warteschlangen in der Sattlertorstraße schon seit Wochen wuchsen, die Situation also augenscheinlich nicht aus heiterem Himmel über die Stadtverwaltung hereinbrach?

Keine Corona-Fälle

Auf Nachfrage erklärt Bürgermeister Udo Schönfelder (CSU), dass es zuletzt zu einer "wirklich außerordentlichen Häufung von Krankheitsfällen" unter den Amts-Mitarbeitern gekommen sei, "die im Übrigen alle nichts mit Corona zu haben". Vielmehr seien es "unterschiedliche Sachverhalte", die zur einer "Verkettung verschiedener unglücklicher Umstände" geführt hätten - darunter nicht nur direkte Krankheitsfälle, sondern auch Betroffenheiten im Familienumfeld von Mitarbeitern.

Dass die Personaldecke aber "so schnell so dünn wird, war vermutlich von niemandem vorhersehbar", so der Bürgermeister. Im Hintergrund werde laut Schönfelder auf Hochtouren daran gearbeitet, Personal aus anderen Verwaltungsbereichen, das früher mit dem Meldeamt zu tun hatte, im EDV-Bereich fit zu machen, um einzuspringen.

+++ Lesen Sie hier einen NN-Kommentar zur Situation im Forchheimer Einwohnermeldeamt +++

Wie lange der Notbetrieb aufrechterhalten werden muss, kann der Bürgermeister zum jetzigen Zeitpunkt kaum einschätzen. "Das lässt sich momentan nicht prognostizieren, weil wir nicht wissen, wann die Erkrankten wiederkommen." Man überlege, nach Möglichkeit ein paar Bänke am Meldeamt aufzustellen, damit die Wartenden ab Dienstag wenigstens eine Sitzgelegenheit haben. Allesamt Umstände, für die sich Schönfelder, der zurzeit den OB vertritt, "in aller Form und im Namen der Stadt bei allen Bürgern, die jetzt zum Warten gezwungen sind", entschuldigt. "Ich bitte aber auch ein Stück weit um Verständnis."

Um solche Situation in Zukunft gar nicht wieder erst aufkommen zu lassen, werde er auf jeden Fall anregen, das Personal im Meldeamt - neben anderweitig Angestellten, die im Notfall einspringen können - künftig mit neuen Mitarbeitern aufzustocken, so Schönfelder.

Die Stadtverwaltung bittet alle Bürger, "nicht dringende und aufschiebbare Angelegenheiten auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen und diese Zeiten nur in absoluten Notfällen in Anspruch zu nehmen". Sie weist zudem darauf hin, dass sich verschiedene Services eventuell auch online über das Bürger*innenserviceportal der Stadt Forchheim erledigen lassen.

Ab Dienstag, 27. Juli, gelten folgende Notöffnungszeiten im Einwohnermeldeamt Forchheim:

  • Montag bis Mittwoch und Freitag: 8.30 – 11 Uhr
  • Donnerstag: 14 – 16.30 Uhr

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