Forchheim: "Dramatische Folgen sozialer Isolation" bei älteren Menschen wegen Corona

29.10.2020, 09:21 Uhr
Der Stadtteiltreff, hier ein Archivbild aus der Zeit vor der Corona-Pandemie, möchte ältere Menschen zusammenbringen.

© Julian Hörndlein Der Stadtteiltreff, hier ein Archivbild aus der Zeit vor der Corona-Pandemie, möchte ältere Menschen zusammenbringen.

"Die Menschen möchten auch über etwas anderes als nur Corona sprechen, weil ihnen das Angst macht", sagt Jenny Salagean. "Die Menschen", das sind vorwiegend Senioren, die in der Innenstadt oder in der Wohnanlage des Katharinenspitals zu Hause sind. Um sie kümmert sich Salagean als Quartiersmanagerin.

In der Bamberger Straße hat sie dafür einen Raum zur Verfügung. Das große und übergeordnete Ziel des Stadtteiltreffs ist es, gerade ältere Menschen zusammenzuführen, aus der Anonymität zu holen, mit Angeboten, die stets kostenlos sind.

"Die soziale Isolierung hat gezeigt, wie krank sie macht"

Der Ort ist Treffpunkt zum Kaffeeklatsch, zum Spielen, zum Basteln. Kurz: für ein soziales Miteinander. Bis die Corona-Pandemie ausgebrochen ist. Um den Treff ist es zwischenzeitlich still und für die Menschen ist es einsam geworden, berichtet Salagean. Von März bis Juni fielen alle Veranstaltungen aus. Das hatte schon nach wenigen Wochen Folgen für die Menschen, die sich nicht mehr begegnen konnten, so Salagean. "Die soziale Isolierung hat gezeigt, wie krank sie macht."

Fehlender Antrieb, kein Appetit, wenig Freude am Leben: Darüber haben sich die ältere Generation und deren Angehörige bei der Quartiersmanagerin beklagt. Auch die Symptome einiger Krankheiten haben sich während der Isolation verschlechtert, beispielsweise bei Menschen, die an Demenz erkrankt sind.

"Viele psychisch überlastet"

Um einen sozialen Kontakt während des Lockdowns zu ermöglichen, hat Jenny Salagean einen täglichen Telefonklatsch ins Leben gerufen. Senioren hatten die Möglichkeit, mit jemanden zu sprechen, auch, aber nicht nur über ihre Ängste rund um die Pandemie. Das Virus habe "viele Personen psychisch überlastet".

Über eine Internetseite www.https://katharinenspital.forchheim.de/stadtteiltreff/ können sich Interessierte über die Angebote des Stadtteiltreffs informieren. Verantwortlich ist Quartiersmanagerin Jenny Salagean (links). 

Über eine Internetseite www.https://katharinenspital.forchheim.de/stadtteiltreff/ können sich Interessierte über die Angebote des Stadtteiltreffs informieren. Verantwortlich ist Quartiersmanagerin Jenny Salagean (links).  © Michael Endres

Vor allem die Bilder in den Nachrichten, die die vielen Corona-Toten in Italien im Frühjahr dieses Jahres zeigten, haben die Menschen verunsichert und ihnen Angst gemacht. Das hat die Quartiersmanagerin in ihrem Jahresbericht festgehalten, den sie den Stadträten in der jüngsten Sitzung des Stiftungsausschusses vorstellte.

Die Angst lähmt

Die Angst habe die Senioren in ihrem Alltag gelähmt. Viele von ihnen, die im Katharinenspital wohnen, haben gerne auf das Angebot des Mittagstisches zurückgegriffen. Auch der musste ausfallen. "Viele der Anwohner wollten aufgrund des Infektionsgeschehens so wenig wie möglich die Supermärkte aufsuchen", berichtet Salagean. Um trotzdem eine ausgewogene und gesunde Ernährung für die Risikogruppen gewährleisten zu können, seien frisch zubereitete Mahlzeiten unter strengsten Hygienevorkehrungen an die Teilnehmer verteilt und Einkaufshilfen organisiert worden.

Um den Pandemie-Alltag aktiver zu gestalten, hat das Quartiersmanagement Bastelmaterialien mit Anleitungen über die Briefkästen an diejenige verteilt, die schon zuvor in der Bastelgruppe Freude daran hatten.

Zu großen Schwierigkeiten sei es während der ersten Pandemie-Welle in puncto Reha- oder (Kurzzeit)-Pflegeplätze gekommen. Hierzu berät das Quartiersmanagement unabhängig (Telefon 0 91 91 9 78 37 75), doch verfügbare Plätze bei Dienstleistern seien durch Hygiene- und Isolierungsmaßnahmen rar gewesen.

Veranstaltungen sollen weiterhin stattfinden

Seit Sommer konnte der Treff in den Räumen in der Bamberger Straße wieder stattfinden, wenn auch mit beschränkten Teilnehmerzahlen. Im Landkreis steht die Corona-Ampel jetzt jedoch auf Rot. Veranstaltungen sollen, sofern sie erlaubt sind, aber weiterhin stattfinden. "Der Infektionsschutz steht an oberster Stelle", sagt Salagean. "Mit unseren Angeboten aber wollen wir die dramatischen Folgen der sozialen Isolation, die wir bereits erlebt haben, vermeiden." Wer sozialen Kontakt sucht, solle ihn weiterhin finden können.

Im Stadtteiltreff stehe eine automatische Lüftungsanlage mit Filter zur Verfügung, die Hygienevorschriften werden berücksichtigt.

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