Forchheim: Tagesmütter unzufrieden mit Kürzung

11.3.2018, 09:00 Uhr
Die Kindertagespflege ist eine wichtige Stütze der Betreuung — auch wenn sie in der Öffentlichkeit weniger Beachtung findet. Tagesmütter betreuen bis zu fünf Kinder (im Bild die Krabbelkäfer von Jana Wiedner).

© Jana Wiedner Die Kindertagespflege ist eine wichtige Stütze der Betreuung — auch wenn sie in der Öffentlichkeit weniger Beachtung findet. Tagesmütter betreuen bis zu fünf Kinder (im Bild die Krabbelkäfer von Jana Wiedner).

Jutta Strom-Haensch vom Fachbereich Kindertagespflege am Landratsamt sortiert eine Stecknadel um, die am falschen Fleck auf der Karte des Landkreises platziert ist. Die blauen Nadeln stehen für die Anzahl der Tagesmütter in den verschiedenen Orten, die roten für diejenigen, die sich gerade für den Beruf qualifizieren.

An mehreren Stellen sind die blauen dünn gesät: „In Heroldsbach, Ebermannstadt, Igensdorf, Eggolsheim und Neunkirchen könnten wir dringend Verstärkung brauchen“, sagt Strom-Haensch. Zwar gibt es dort auch Kindertageseinrichtungen (Kitas) mit Krippen — doch die Nachfrage ist immer noch größer als das Angebot, erklärt sie. Den Tagesmüttern geht die Arbeit trotz Krippenausbau also nicht aus — entgegen früherer Befürchtungen.

Hintergrund des regelrechten Kita- und Kindergarten-Baubooms ist der Rechtsanspruch eines einjährigen Kindes auf einen Betreuungsplatz, der 2013 im Gesetz verankert wurde. Dabei bezieht der Paragraf im achten Sozialgesetzbuch eindeutig auch die Kindertagespflege (also Tagesmütter oder -väter) als Betreuungsmöglichkeit mit ein. Ohne sie gäbe es noch weniger Plätze, der Krippenausbau stockt vielerorts, weil Grundstücke oder Personal fehlen. Die Tagespflege ist also eine wichtige Alternative — obwohl sie im Vergleich mit den Kitas weniger Aufmerksamkeit genießt.
Im Dezember 2017 arbeiteten 47 Tagesmütter in Forchheim, 16 verteilen sich auf das Stadtgebiet, beziffert Strom-Haensch. Sie betreuen insgesamt 157 Kinder.

Manche Eltern würden sich bewusst gegen die Krippen entscheiden – weil sie die Betreuung durch Tagesmütter oder -väter als familiärer empfänden oder die Betreuungszeiten oft flexibler gestaltet werden könnten, erklärt die Diplom-Sozialpädagogin. Und auch die Kinder von Asylbewerbern, deren Eltern einen Sprachkurs besuchen, haben ein Recht auf Betreuung für maximal fünf Stunden und brauchen einen Platz. Manche von ihnen werden von Tagesmüttern aufgenommen.

Um die Tagespflege, die Vermittlung und Qualifizierung der Betreuerinnen kümmert sich das Amt für Jugend, Familie und Senioren am Landratsamt. Zwar arbeiten die Tagesmütter selbstständig, bekommen aber Zuschüsse zu Kranken- und Rentenversicherung in Höhe von 50 Prozent, erklärt Strom-Haensch. Pro Kind und Stunde bezahlt das Amt den Betreuerinnen ein sogenanntes Pflegegeld, hinzu kommen noch Sachaufwandspauschalen.

Nur noch 20 Tage

Für sechs bis sieben Stunden Betreuung am Tag bekommen die Freiberuflichen pro Kind 260 Euro im Monat. Für zwei bis drei Stunden 115 Euro. Wer sich regelmäßig fortbildet erhält einen Zuschlag von maximal 20 Prozent. Was erst einmal nach viel klingt, ist nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben jedoch ein überschaubarer Verdienst — zumal nicht immer alle Kinder in Vollzeit gebucht sind, oder auch mal Familien umziehen, der Platz aber nicht sofort nachbesetzt werden kann.

Der Verdienst schmälert sich weiter, wenn die Tagesmütter längere Zeit arbeitsunfähig sind. Denn die ursprünglichen 30 Tage Ausfallzeit pro Jahr (für Krankheit und arbeitsfreie Tage) wurden 2015 auf 20 reduziert. Das Pflegegeld für die Kinderbetreuung wird also ab dem 21. Tag Abwesenheit nicht mehr gezahlt. Dabei haben die Tagesmütter durch den Umgang mit den Kindern ein erhöhtes Risiko, krank zu werden: Um beispielsweise wiederkehrende Erkältungen, geschweige denn eine Grippe oder eine Operation auszukurieren, sind 20 Tage (die auch für „Urlaub“ da sind), knapp — zumal die meisten bereits über 50 Jahre alt sind. „Man arbeitet dann halt doch weiter“, sagt Jana Wiedner, die seit zwölf Jahren als Tagesmutter in Vollzeit tätig ist. Sie ist alleinerziehend, um ihren Verdienst von rund 1700 Euro netto im Monat (wenn ihre fünf Plätze mit acht Stunden belegt sind) aufzubessern, hat sie noch einen zweiten Job: eine Heilpraxis in Forchheim Ost.

Zwar haben die Tagesmütter für die Kürzung der Ausfalltage einen finanziellen Ausgleich bekommen. „Was nach Steuerabzügen davon übrig bleibt, geht aber gegen Null“, erklärt Jana Wiedner. Sie und zahlreiche Kolleginnen wünschen sich eine Regelung, die ihnen wieder ausreichende Regenerationszeiten ermöglicht. Damit würden sie sich wieder „wertgeschätzt“ fühlen, beschreibt die Tagesmutter. „Wir sind alle unglücklich mit diesen 20 Tagen“, bestätigt auch Strom-Haensch.

Einheitliche Regelung

Gekürzt wurde trotzdem. Grundlage für diese Entscheidung war eine Empfehlung des Bayerischen Städte- und Landkreistags. Der Jugendhilfeausschuss des Landkreises Forchheim schloss sich diesem Vorschlag an, die Amtsleitung war auch dafür. „In der Regel folgen die meisten Landratsämter diesen Empfehlungen“, erklärt Sprecher Holger Strehl die Entscheidung. „Ziel ist, dass es in Bayern einheitliche Regelungen gibt.“ Und: „Alles was über die Empfehlung des Landkreistags hinaus geht, ist eine freiwillige Leistung des Landratsamts und kommt auf den Prüfstand.

Auch der Landkreis Bayreuth hat die 20 Tage eingeführt.
Anders in Erlangen-Höchstadt: Dort arbeitet man in der Kindertagespflege weiter mit 30 Ausfalltagen, wie eine Sprecherin auf NN-Anfrage bestätigt. Der Grund: „Wir brauchen unsere Tagesmütter und wollen sie halten.“

 

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