Forchheim und seine Insel Mainau voller Natur

29.3.2021, 05:43 Uhr
Forchheim und seine Insel Mainau voller Natur

© Foto: Rotraud Krüger/Stadt Forchheim

Wenn in Forchheim Bauherren neue Häuser oder Unternehmen neue Büro-, Einkaufs- oder Produktionsgebäude bauen, entsteht im gleichen Atemzug auch ein neues Zuhause für Tiere und Natur.

Der Zusammenhang: Wer baut, verbraucht Land. Wo die grüne Wiese unter Beton verschwindet, muss Fläche andernorts für Natur und Umwelt erhalten werden. Kompensation nennt sich das im Fachjargon und betrifft uns alle. Doch im Fokus der Öffentlichkeit steht das Thema selten. Meist dann, wenn die Kritik am Vorgehen im Mittelpunkt steht.

Flächen werden knapper, die Suche schwieriger

Dabei passiert im Hintergrund viel. Ohne Ausgleichsflächen kann eine Stadt wie Forchheim weder ein Bau- noch ein Gewerbegebiet ausweisen. Weil Flächen endlich sind und immer knapper werden, wird die Suche immer schwieriger.

Für das geplante Baugebiet "Oberer Schulweg" im Stadtteil Reuth könnten beispielsweise in Kirchehrenbach und Leutenbach neue Streuobstwiesen entstehen. Von Privat werden die Flächen der Stadt angeboten. Auch der Wald in Willersdorf steht auf der Angebotsliste.

Mitreden darf überall eine übergeordnete Institution

Mitreden darf bei all dem bei allen Gemeinden im Landkreis eine übergeordnete Institution in puncto Natur- und Umweltschutz: die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt. Sie nimmt die Ausgleichsflächen am Ende ab. Verankert ist der Ausgleich im Naturschutzgesetz von Bund und Bayern. Und im Baugesetzbuch. So viel zum bürokratischen Hintergrund.

Forchheim und seine Insel Mainau voller Natur

© Foto: Rotraud Krüger/Stadt Forchheim

Ein Eingriff in die Natur kompensiert die Stadt mit einer Aufwertung der Natur an anderer Stelle. Weshalb das auch für negative Schlagzeilen und Kritik sorgt? Mancher bezweifelt den Sinn für Flora und Fauna, wenn eine in der Stadt versiegelte Fläche in Mittelfranken oder andernorts ausgeglichen wird.

Rund 450.000 Quadratmeter Ausgleichsflächen sind im Stadtgebiet zwischenzeitlich ausgewiesen. Das entspricht exakt der Fläche der Insel Mainau am Bodensee. Weitere 107.500 Quadratmeter kommen im mittelfränkischen Raum hinzu. Macht insgesamt 55,6 Hektar.

Eidechsen fühlen sich pudelwohl

Verantwortlich für das Thema in der Stadt ist Rotraud Krüger. Seit 1987 ist die Biologin für die Biotop-Kartierung zuständig. Sie hat den Stadträtinnen und Stadträten in der jüngsten Umweltausschusssitzung einen umfangreichen Einblick in ihre jahrzehntelange Arbeit gegeben.

Den Eingriff in die Natur durch Menschenhand gleicht die Stadt hauptsächlich mit Sandmagerrasen aus. Das entspricht 39 Prozent der Ausgleichsflächen. Auch der Stadtwald in Burk profitiert (23 Prozent). Ansonsten entstehen Hecken und extensives Grünland (19 Prozent) oder neue Streuobstwiesen (14 Prozent), beispielsweise in Kersbach als Ausgleich für den Logistikbau der Firma Simon Hegele oder in Bammersdorf für das Baugebiet "Pfandlohe". Auch die an das Stadtgebiet angrenzenden Wässerwiesen im Wiesenttal profitieren von Ausgleichsmaßnahmen. "Wir haben sie für die Wiesentbrüter optimiert", sagt Krüger.

Johannes Mohr leitet im Landratsamt Forchheim den Fachbereich der ökologischen Kreisentwicklung und ist gleichzeitig Leiter des Wässerwiesen-Projektes. Zwischen Reuth und Forchheim stellt er eines der historischen Wehre für das Bewässerungssystem im Wiesenttal vor. Auch das Wiesenttal profitiert von der rege Bautätigkeit der Stadt Forchheim.

Johannes Mohr leitet im Landratsamt Forchheim den Fachbereich der ökologischen Kreisentwicklung und ist gleichzeitig Leiter des Wässerwiesen-Projektes. Zwischen Reuth und Forchheim stellt er eines der historischen Wehre für das Bewässerungssystem im Wiesenttal vor. Auch das Wiesenttal profitiert von der rege Bautätigkeit der Stadt Forchheim. © Stefan Braun

In Vorbereitung auf den Bau von Parkhäusern von Siemens im Süden hat die Stadt einst 300 Zauneidechsen eingesammelt, sie im Wald in Richtung Wimmelbach wieder ausgesetzt und ihnen mit Totholz einen neuen Rückzugsort gegeben. Die Eidechsen fühlten sich pudelwohl und entwickelten sich prächtig, so Krüger. Gleiches gelte für die Artenvielfalt im Burker Stadtwald. Der sei im Gegenzug für vier größere Bebauungspläne aufgewertet worden. "Rund um den Weiherbereich haben sich wieder Arten angesiedelt."

Ein Wäldchen für den Profi-Markt

Kommunen sind seit 2001 gesetzlich verpflichtet, Ausgleichsflächen zu schaffen. Seitdem hat die Stadt das für 26 Bebauungspläne getan. "In Forchheim haben wir aber freiwillig ausgeglichen, lange bevor es verpflichtend war", so Rotraud Krüger.

1988 sei die Stadt für den Baywa-Standort An der Lände aktiv geworden, 1989 beim Bau der C&A-Lagerhalle oder 1995, als für den Profi-Markt "ein ganzes Wäldchen mit alten Bäumen gefällt worden ist". Für den Baumarkt-Ausgleich sei beispielsweise eine Sandfläche im Wiesenttal entstanden. Ein großer Einschnitt in die Natur war die Globus-Ansiedlung 1999. Der Ausgleich sei mit Geld erfolgt. Seit 2001 hat die Stadt einen Fachplan für Ausgleichsflächen. In diesem ist für jedes Bau- und Gewerbegebiet die dazugehörige Ausgleichsfläche im Stadtgebiet ersichtlich. In einem Landschaftsplan sind wertvolle Gebiete für den Naturschutz hinterlegt. Alles ist online einsehbar.

Teurer Pflegeaufwand

Nicht nur die Suche nach Flächen, sondern auch ihre Pflege ist aufwändig. "Sie werden jedes Jahr von Mitarbeitern des Stadtbauamts überprüft, entwickelt und gepflegt", erklärt Krüger. Je mehr es im Zeitverlauf werden, desto größer der Aufwand. Auch in finanzieller Hinsicht. Auch um diese Arbeit auszugliedern, lässt die Stadt einen Teil der Flächen über eine Agentur und im mittelfränkischen Naturraum abwickeln und zahlt dafür. Das lohne sich finanziell.

Weil Forchheim stark wächst, ist der Bedarf nach Flächen auch größer geworden. Bisher ist es nicht gelungen, Gebiete auf Dauer in einer Art Ökokonto für einen Ausgleich festzuschreiben. Ein solches hat die Forchheimer Grüne Liste nun beantragt. Rotraud Krüger sieht darin Vorteile. Mit einem Guthaben hätte die Stadt Planungssicherheit bei künftigen Bauvorhaben und Flächen könnten mit vorausschauender Planung zusammenhängend für Natur und Umwelt in Wert gesetzt werden. Davon profitiere die Tierwelt.

Für ein Ökokonto eignet sich besonders der Stadtwald

Besonders Flächen im Stadtwald eigneten sich für den Aufbau eines Ökokontos. Zusammenhängende Flächen könnten dort einfacher geschaffen werden. Für dieses Ziel arbeiten in ihrem Gebiet mehrere mittelfränkische Gemeinden und Städte zusammen. Die Grünen wollen dieser Idee folgen und schlagen analog dem Beispiel eine Zusammenarbeit mit Forchheims Nachbargemeinden vor.

Die Stadt will nun das Ökokonto vorantreiben, den Stadtwald dabei berücksichtigen und auf das Konto einbezahlte Areale nicht einfach wieder umplanen. Sich also mehr Selbstverpflichtung geben.

Nach dem Vortrag von Krüger waren die Stadträte nahezu sprachlos und voll des Lobes für die jahrelange (Pionier-)Arbeit von Rotraud Krüger. Nahezu alle Forderungen, die die Grünen mit Anträgen gefordert hatten, erfüllt die Stadt schon längst, war das Fazit.

Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD): "Es ist nichts zu entwickeln, es ist alles da."

1 Kommentar