Forchheimer Polizeichef im Interview: "Ich bin eher ein Süßer"

7.1.2021, 07:57 Uhr
Seit 2017 leitet Jochen Prinzkosky die Forchheimer Polizeidienststelle. Im Interview verrät er, warum er die Annafestzeit mag, obwohl er kein Bier trinkt.

© Martin Regner Seit 2017 leitet Jochen Prinzkosky die Forchheimer Polizeidienststelle. Im Interview verrät er, warum er die Annafestzeit mag, obwohl er kein Bier trinkt.

Sie wohnen in Ipsheim in Mittelfranken und arbeiten in Forchheim. Sie geben sich also jeden Tag rund 60 Kilometer einfache Strecke zur Arbeit?

Jochen Prinzkosky: Ja. Das ist zwar nicht schön, aber jammern hilft nichts. Ich bin in Ipsheim aufgewachsen und groß geworden und bin quasi mein ganzes Leben lang schon Ipsheimer. Bislang war es für mich nie eine Option, aus beruflichen Gründen umzuziehen. Nachdem Forchheim in einer knappen Stunde zu erreichen ist, hat sich die Frage auch nicht gestellt, als ich als Dienststellenleiter hier angefangen habe. Außerdem hatten wir in Ipsheim ein Haus gebaut und das dritte Kind war unterwegs. Meine Eltern und meine Schwiegereltern wohnen alle im Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim und mein Lebensplan ist, meiner Heimatgemeinde treu zu bleiben. Aber ich bin ehrlich: Die ersten zwei Wochen war die Fahrerei schon hart. Da denkst du dir, du bist im falschen Film. Und die B 470 ist jetzt auch keine Strecke, die sich schön fahren lässt. Aber es gibt hunderttausende Pendler, die auch jeden Tag eine Stunde zur Arbeit fahren.

Ihre beiden Vorgänger als Polizeichef in Forchheim sind ja nicht so lange hier geblieben. Wie lange beehren Sie uns denn noch?

Jochen Prinzkosky: Diese Frage wird mir oft gestellt (lacht). Mein unmittelbarer Vorgänger war tatsächlich nur rund zwei Jahre da, den habe ich jetzt schon überholt. Aber mir gefällt es hier im Landkreis Forchheim und die Tätigkeit macht mir Spaß. Von daher ist es nicht so, dass ich hier schnell wieder weg will. Hier in der Forchheimer Inspektion und auch im Polizeipräsidium Oberfranken ist mancher schon überrascht, dass ich immer noch hier bin. Und es gibt schon ein paar Dienststellen, die von der Fahrtstrecke her eine Verbesserung darstellen würden. Zu denen müsste ich nur 40 Minuten fahren – statt einer Stunde. Von daher sage ich ganz offen: Wenn dort mal eine entsprechende Stelle frei werden sollte, dann werde ich meinen Hut in den Ring werfen. Aber das ist im Moment nicht der Fall und deswegen darf Forchheim noch eine Weile mit mir rechnen.

Erfahrung ist in Ihrem Beruf nicht zu unterschätzen. Seine Klientel kennt man ja erst nach ein paar Jahren so richtig.

Jochen Prinzkosky: Ja, so etwa ein Jahr braucht man schon, bis man wirklich alle Abläufe kennt. Mit unserer Klientel habe ich als Dienststellenleiter allerdings nicht so viel zu tun. Ich bekomme davon zwar viel mit, aber der direkte Kontakt mit unseren "speziellen Kunden" läuft über die Zwischenvorgesetzten und mein Team.

Vermissen Sie da was?

Jochen Prinzkosky: Der Umgang mit der Bevölkerung ist mir schon wichtig. Man ist ja mal zur Polizei gegangen, weil man Polizist sein will. Also auf Streife fahren, Leuten helfen, Straftaten aufklären – was halt so zum Berufsbild eines Polizeibeamten gehört. Das findet bei mir allerdings kaum noch statt: Ich fahre in der Regel nicht mehr mit auf Streife, sondern bin mehr der, der über allem drüber steht. Aber wenn zum Beispiel Annafestzeit ist, dann bin ich als Einsatzleiter mit draußen und diese wenigen Tage im Jahr sind eine willkommene Abwechslung für mich. Da kann ich wieder die "klassische Polizeiluft" schnuppern.

Wie sieht die Polizeiarbeit jetztin Corona-Zeiten aus? Sie können die Leute ja nicht mit zwei Metern Abstand festnehmen.

Jochen Prinzkosky: Ja, das ist momentan alles sehr schwierig. Aber wir haben die Situation gut im Griff. Wir sind auch auf der Dienststelle von Corona-Fällen bis jetzt verschont geblieben – abgesehen von einem einzigen Kollegen, der die Infektion aber zum Glück gut überstanden hat. Unser Grundsatz in der Pandemie ist der gleiche, wie überall: Abstand halten, Maske tragen, Personenansammlungen vermeiden.

Aber es ist ja gerade die Polizei, die jetzt Personenansammlungen auflösen muss.

Jochen Prinzkosky: Wenn wir da ran müssen, dann tragen die Kollegen FFP2-Masken und ziehen Handschuhe an. Wir haben alle Beamten gebrieft, dass sie bei den Menschen, mit denen sie in Kontakt kommen, auf Signale wie Husten und glasige Augen achten sollen. Es gibt auch Leute, die behaupten uns gegenüber, sie hätten Corona, obwohl sie es gar nicht haben. Andere wissen, dass sie eine Infektion haben, sagen uns aber absichtlich nichts davon, weil sie sich denken: "Die Polizei darf‘s ruhig erwischen." Wenn wir jemanden festnehmen, der randaliert oder der bei einem Ladendiebstahl erwischt worden ist, bleibt den Kollegen nichts anderes übrig, als dienstlich bedingt den Mindestabstand zu unterschreiten. Aber wir haben die Schutzausstattung, um das Ansteckungsrisiko für unsere Leute zu minimieren.


Um 3 Uhr nachts: Unbekannte sprengen Geldautomat in Hiltpoltstein.


Erst vor Kurzem hatten wir nachts gegen 3 Uhr eine Geldautomatensprengung in Hiltpoltstein. Wenn Sie da von Forchheim aus hinfahren, haben die Verbrecher viel Zeit. Reichen zwei Polizeistationen, die noch dazu nah beieinander liegen, für den Flächenlandkreis Forchheim aus?

Jochen Prinzkosky: Ich persönlich denke schon, dass wir für den Landkreis mit den Standorten Ebermannstadt und Forchheim gut aufgestellt sind. Mehr Personal wünscht sich jeder Dienststellenleiter. Das zu bekommen, hängt aber von Entscheidungen des Präsidiums Oberfranken und der Politik im Innenministerium ab.

Aber natürlich haben Sie Recht: Es gibt ein paar Flecken im Landkreis, da ist jede Dienststelle eine halbe Stunde weg. Das fangen wir über unsere Streifenkonzepte und mit Präsenz wieder auf. Andererseits ist es aus meiner Sicht fraglich, ob man jede Geldautomatensprengung nachts um 3 mit mehr Personal und mehr Dienststellen überhaupt verhindern könnte. Mehr Präsenz schreckt natürlich Täter ab. Aber wir können nicht immer überall sein.


Gerichtsverhandlung gibt Einblick in Forchheims Drogen-Szene.


In der NN-Redaktion landen viele Berichte über Drogenhandel oder Autofahren unter Drogeneinfluss. Haben wir ein Drogenproblem in Forchheim?

Jochen Prinzkosky: Nein, das würde ich nicht sagen. Drogen und ihre Verfügbarkeit spielen zwar schon eine Rolle bei unserer Tätigkeit. Das ist aber in der heutigen Zeit leider ein Phänomen, das jede kleine bis mittelgroße Stadt trifft. Wir sind auch immer dahinter her, die Weitergaben sauber zu ermitteln. Wir erwischen oft die "Kleinen" und müssen dann versuchen, nach oben durchzudringen zu den "dicken Fischen". Dabei arbeiten wir eng mit der Kriminalpolizei in Bamberg zusammen. Wenn wir uns den Durchschnitt der Drogendelikte der letzten Jahre anschauen, dann bewegen wir uns in Forchheim auf einem ziemlich gleichmäßigen Niveau. Wir werden auch alles dafür tun, dass sich aus der Stadt auch in Zukunft kein Hotspot für Drogenhandel entwickelt.

Sie bekommen andererseits nur mit, was angezeigt wird oder offensichtlich ist wie eine zertrümmerte Parkbank. Es gibt aber viele Dinge, die man nicht so leicht sieht, wie die Veruntreuung von Geld oder Kindesmisshandlung in der Familie. Wie gehen Sie damit um, dass Sie viel von der Kriminalität, die genau jetzt passiert, gar nicht mitbekommen?

Jochen Prinzkosky: Das Dunkelfeld ist schonetwas, was die Polizei interessiert. Gedanken darüber macht man sich aber mehr auf Ebene des Innenministeriums, des Polizeipräsidiums Oberfranken oder in der kriminologischen Forschung, wo regelmäßig Dunkelfeldstudien erstellt werden. Wir als mittelgroße Inspektion befassen uns damit weniger. Wir sind mit dem, was jeden Tag auf uns einprasselt, schon gut beschäftigt. Im Jahr bearbeiten wir im Durchschnitt rund 14.000 Vorgänge mit polizeilichem Aktenzeichen vom einfachen Vermerk bis zur Anzeige wegen einer Massenschlägerei. Bei der Aufklärungsquote liegen wir in Forchheim sehr gut, die lag in den letzten Jahren immer über 70 Prozent. Das ist schon eine Hausnummer und im bayernweiten Vergleich überdurchschnittlich gut.

Letzte Frage: Trinken Sie nach Dienstschluss lieber ein Seidla aus Forchheim oder einen Schoppen aus Ipsheim?

Jochen Prinzkosky: Ich muss gestehen,ich bin kein Biertrinker. War ich auch noch nie. Ich trinke im Sommer gerne mal ein Radler, aber Bier ist mir oft zu herb. Deswegen tendiere ich mehr zum Frankenwein. Was ich mag sind halbtrockene bis liebliche Sorten wie Bacchus – da bin ich eher ein Süßer.


Jochen Prinzkosky ist 44 Jahre alt und leitet seit Oktober 2017 die Polizeidienststelle in Forchheim im Dienstrang des Polizeioberrats. Prinzkosky wohnt in Mittelfranken, hat drei Kinder und arbeitet seit 1996 bei der Polizei. Er war unter anderem bereits in Holzkirchen, Bad Windsheim, Ochsenfurt und Erlangen im Einsatz.


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