Holpriger Start in Distanzunterricht im Landkreis Forchheim

11.1.2021, 17:58 Uhr
Holpriger Start in Distanzunterricht im Landkreis Forchheim

© Foto: Jana Schneeberg

  Eggolsheim, 7.45 Uhr: Tobias M. (Name geändert) ist Zehntklässler an der Realschule Ebermannstadt und soll sich – wie alle seine Mitschüler – um diese Uhrzeit im Schulmanager, der von der Schule genutzten Online-Plattform, anmelden. Doch das geht nicht. Also fragt seine Mutter in der Schule nach. Das System sei überlastet, sagt man ihr und rät: Einfach immer weiter probieren. Kurz vor Mittag klappt endlich der Login. Doch als Tobias eine Datei hochladen will, hängt das System wieder fest.

Seine Mutter ist sauer. Wie kann das sein, wo die Verantwortlichen doch gewusst haben müssen, dass beim flächendeckenden Homeschooling die Kapazitäten maximal erhöht werden müssen: "Dass das passieren kann, wusste man doch seit Monaten. Und da muss man doch auch wissen, wie viele Nutzer man hat und die entsprechende Infrastruktur schaffen ", kritisiert die 58-Jährige, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

"Ja", sagt der Ebermannstädter Realschul-Rektor Harald Pitter, "der Start verlief suboptimal", weil das System an seine technischen Kapazitätsgrenzen gekommen ist. "Das war nicht nur bei uns und mit unserem System der Fall, sondern querbeet." Nun hofft er – wie auch seine Schüler und deren Eltern –, dass es sich hierbei nur um Startschwierigkeiten gehandelt hat und dass sich jetzt, unter Echtzeitbedingungen, die Experten an die tatsächlichen Belastungsgrenzen herantasten.


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Doch Serverkapazitäten und Durchlassgeschwindigkeiten sind nur das eine Problem. Das andere sei der Anschluss ans Glasfasernetz, die Ausstattung mit schnellem W-Lan sowie mit der nötigen Hardware – sprich Laptops oder Tablets für Schüler und Lehrer. Bei all dem ist die Schule ebenfalls auf andere angewiesen: auf den Freistaat und auf den Landkreis.

Diese Abhängigkeit macht auch Karlheinz Schoofs, Direktor des Forchheimer Ehrenbürg-Gymnasiums, als Teil des Problems aus: "Wir haben Lehrer, die den Distanzunterricht noch immer mit ihrer eigenen Technik bestreiten", erklärt er. Eigentlich sollten alle nach Ankündigung des Kultusministeriums mit Tablets ausgestattet werden. Doch das Programm sei gestoppt, kritisiert Schoofs. Dabei könnte allein seine Schule weitere 50 Tablets sofort gebrauchen. Wenigstens bei den Leihgeräten für Schüler sehe es inzwischen besser aus. "Wir sollen im Laufe der Woche die Geräte bekommen, die uns noch fehlen", kündigt er an.

Doch das löst nicht die technischen Probleme, von denen auch das EGF am Montagmorgen betroffen war. Hier heißt die Schulsoftware Homeworker, ebenfalls eine Plattform, die von mehreren Schulen in ganz Bayern genutzt wird. Und auch hier konnten sich die Schüler nicht zum gemeinsamen Begrüßungschat anmelden. Schulleiter Schoofs war darüber gar nicht so überrascht. "Wenn alle Schulen in Bayern am Montagmorgen in den Distanzunterricht starten, war es fast absehbar, dass es Probleme gibt." Aber die beauftragte Firma arbeite dran, hat er erfahren und hofft, "dass wir am Dienstag besser aufgestellt sind".

Interessanterweise sei Mebis diesmal weniger betroffen gewesen. Schoofs: "Zum Glück ist unser Digitalkonzept auf mehrere Säulen aufgebaut." Für Videokonferenzen zum Beispiel nutzt die Schule Microsoft Teams. Das hat funktioniert. Auch wenn das Bild beim ein oder anderen Schüler aufgrund von Netzproblemen beim Hausanschluss manchmal etwas geruckelt habe.

"Meetzi" für Grundschüler

Da Bayern die MS Teams Lizenzen aber nur für die weiterführenden Schulen angeschafft hat, arbeitete der Landkreis für seine Grund- und Mittelschulen inzwischen an eigenen Ressourcen. Meetzi heißt die Plattform, die über das Medienzentrum des Landkreises bereitgestellt wird. Auch hier hat ein Zugang zum angebotenen Online-Unterricht nicht überall geklappt. Doch sind das wohl nur Einzelfälle gewesen.

"Wir haben die Schulen gebeten, sich an uns zu wenden, wenn es Probleme gibt", sagt Cordula Haderlein vom Schulamt. Bis zum Mittag hat sich keine Schule gemeldet, aber ein Vater, dessen Kind dem virtuellen Klassenraum nicht beitreten konnte. An zwei Dingen könnte das gelegen haben, meint die Schulrätin: Entweder sei er über den falschen Browser gegangen: "Mit Firefox zum Beispiel funktioniert es nicht." Oder die Schule habe die neuen Zugangsdaten noch nicht weitergegeben.


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Hintergrund: Nach der Ankündigung des Distanzunterrichts in der vergangenen Woche habe der Landkreis kurzfristig Serverkapazitäten aufgestockt und den Schulen neue Zugangsdaten geschickt. Somit mussten die örtlichen Systeme über das Wochenende aktualisiert werden. Vielleicht habe das nicht überall geklappt, mutmaßt Haderlein.

Zusätzlich rät sie, dass vielleicht nicht alle Klassen aller Schulen zum Unterrichtsbeginn um 8 Uhr ihre digitalen Schulstunden starten. "Wenn 1000 Schüler auf einmal durch die Eingangstür der Schule wollen, funktioniert das ja auch nicht."

JANA SCHNEEBERG

 

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